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Der Winter in den Wäldern von Maine ist kalt und einsam. Bisher hat das Julius Winsome nicht gestört, er lebt schon lange allein, und er hat einen treuen Gefährten, seinen Pitbullterrier Hobbes. Als sein Hund eines Nachmittags offenbar absichtlich erschossen wird, bricht Julius` Welt zusammen. Und er fasst einen unerhörten Entschluss …

 

  Autor: Gerard Donovan
Verlag: Luchterhand Verlag
Erschienen: 14. September 2009
ISBN: 978-3630872728
Seitenzahl: 208 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Die Sorge um den Hund, der nicht nach Hause kommt, der Schuss, der viel zu nah an seiner Hütte abgegeben wurde, schließlich der traurige Moment der Gewissheit über den Tod von Hobbes, seinem treuen Hund. Julius Winsome ist tief erschüttert, sucht nach Hinweisen, wer für die Ermordung verantwortlich ist. Die Bewohner des Dorfes nehmen seine Trauer und seinen Verlust nicht ernst, es sei doch schließlich nur ein Hund. So begibt er sich mit dem alten Gewehr seines Großvaters, welches er als Erinnerung an die Grausamkeiten des Ersten Weltkrieges mitgebracht hat, in den Tiefen der kalten Wälder auf die Suche nach dem Mörder. Julius weiß, einer der vielen Jäger, die in diesen Wäldern herumballern, sich nicht an Gesetze halten, Tiere einfach verrecken lassen, hat auch seinen Gefährten auf dem Gewissen. Einen nach den anderen streckt er nieder. Kalt, emotionslos, zielsicher. Er entwickelt sich zum Serienkiller, weil er nie sicher sein kann, den Mörder seines Hundes erwischt zu haben. Wir als Leser begleiten ihn auf seinem Weg durch den Schmerz, die Rache, stehen ihm zur Seite, damit er das nächste Mal den Richtigen trifft.
Als er schließlich Claire, seine große Liebe aus einem vergangenen Sommer, in der Stadt zufällig wiedertrifft, reißen alte Wunden auf und die Geschichte nimmt eine dramatische Wendung. Ihr Freund, ein Polizist, ahnt, Julius sei der Mörder. Wird es ihm gelingen, Julius zu überführen oder wird er selbst das nächste Opfer?


Stil und Sprache
„Winter in Maine“ ist der erste ins Deutsche übersetzte Roman von Gerard Donovan. Die Sprache passt sich wunderbar dem schroffen und einfachen, dennoch gefühlvollen Protagonisten an, melancholisch und poetisch, ehrlich und von scharfer Präzision. Klare Gedankengänge der Innenwelt Julius` zeigen die logische Konsequenz seines Handelns.

Der Ich-Erzähler nimmt uns mit in seine Welt, in der er allein, aber nicht einsam lebt. Der erste Mord, der ebenso unspektakulär wie nebenbei geschieht, lässt uns ahnen, wie Julius Winsome mit seinem Verlust, seiner Einsamkeit umgeht. Der Verlust des Hundes und der Verlust seiner Sommerliebe Claire gehen Hand in Hand. Claire, die er bis zum heutigen Tag liebt, auch wenn er sich dessen nicht immer bewusst ist, hat ihn damals zu einem Hund überredet und beide haben ihn im Tierheim ausgesucht. Hobbes verkörpert einen Teil von Claire und mit dem Tode des Pitbullterriers wird der Verlust Claires, die ihn schon Jahre zuvor verlassen hat, besonders tragisch.

Julius ist ein hingebungsvoller Mann, der Wert darauf legt, dass, bevor der harte Winter einbricht, die Blumen es warm und die Vögel genügend zu futtern haben. Wir riechen das Holz, das in seiner Blockhütte zu einem behaglichen Feuer verbrennt. Wir hören das Knacken der Äste, wenn Julius mit seinem geschätzten Shakespeare vor dem Kamin sitzt. Der Sog, dem man sich nicht entziehen kann, entsteht durch die Ambivalenz Julius Winsomes. Ein einfacher, beinahe ungebildeter Mensch, der gerne Shakespeare liest, sich der elisabethanischen Worte bemächtigt und seine Opfer damit verwirrt.
Der sanfte Beginn der Geschichte steigert sich auf emphatische Weise.


Figuren
Julius Winsome, ein friedlicher Einzelgänger, der in einer Blockhütte in den Wäldern von Maine lebt, lässt uns an seinen Gedanken seines Daseins teilhaben. Die Farbigkeit des Charakters und die konsequente Strukturierung der Gedankengänge nehmen den Leser sogleich mit in seine Welt. Die Selbstreflexion Winsomes, die Ehrlichkeit und die Authentizität sind aber auch dazu bestimmt über sich selbst nachzudenken.
Nach dem Tod seines Hundes zählt er uns aufgewühlt die Verluste seines Lebens auf: Der Großvater, in dessen Hütte er allein lebt, seine Mutter, die bei seiner Geburt gestorben ist, sein Vater, der ihm vor zwanzig Jahren 3282 Bücher, die er liebevoll als die Außenstelle Alexandrias bezeichnete, hinterlassen hat. Auch seine Liebe Claire, die nur einen Sommer blieb und die ihm zu einem Hund gegen die Einsamkeit geraten hat, vermisst er schmerzlich. Und nun Hobbes, sein letzter Verbündeter in seinem Leben. Gerard Donovan lässt die Nebenfiguren für kurze Momente in den Worten des Protagonisten aufblitzen. Man wird ihrer nicht habhaft, dennoch zeichnet Donovan ein klares Bild.
Obwohl Julius Winsome viel aus seinem Leben erzählt, fasst er dennoch sein Leben in einem einzigen Satz zusammen, der für ihn mehr als bezeichnend ist: Ich lebe seit einundfünfzig Jahren in einer Hütte.


Aufmachung des Buches
Der Luchterhand Verlag hat sich für einen schlichten schwarzweißen Einband entschieden, der die schneebedeckten Wälder, in dem Julius Winsome seine einsamen Tage verbringt, zeigt. Die 50 sehr kurzen Kapitel und die angenehme Schriftgröße lassen sich zügig lesen.


Fazit
Mit der Gedankenwelt eines introvertierten Serienmörders hat uns Gerard Donovan ein gelungenes und spannend erzähltes Meisterwerk vorgelegt. Unbedingte Leseempfehlung!


5 Sterne


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