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Fünfundzwanzig Jahre sind vergangen, seit die Vampirjäger um Professor Van Helsing den gefürchteten Dracula zur Strecke brachten. Doch der Friede ist trügerisch. In London geschehen grausame Morde. Irgendjemand scheint es auf diejenigen abgesehen zu haben, die damals an der Vernichtung des dunklen Grafen mitwirkten. Könnte es sein, dass der legendäre Dracula noch unter den Lebenden weilt? 

Die offizielle Fortsetzung des unsterblichen Klassikers vom Urgroßneffen von Bram Stoker!

 

Dracula Wiederkehr  Autor: Dacre Stoker, Ian Holt
Verlag: Egmont Lyx
Erschienen: 10/2009
ISBN: 978-3-8025-8220-2
Seitenzahl: 592 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Einst haben sie Dracula bis in die Kapaten gejagt, fünfundzwanzig Jahre später haben die ehemaligen „Streiter für das Licht“ jedoch Spuren und Narben davongetragen, keiner ist mehr, wie er einst war. Da wird Doktor Seward von einem mysteriösen Dritten auf eine Serie brutaler Morde aufmerksam gemacht – die Handschrift eines Vampirs? Ist es möglich, dass es ihnen damals doch nicht gelang, Dracula endgültig zu töten? Die Ereignisse nehmen ihren Lauf, die einstigen Streiter geraten ins Visier. Doch wer steckt tatsächlich hinter den Morden? Welches Geheimnis umgibt Minas Sohn Quincey? Und was hat es mit dem Schauspieler Barasrab auf sich?


Stil und Sprache
Mit einem Brief von Mina Harker an ihren Sohn Quincey erfolgt eine Einleitung und grobe Zusammenfassung der Ereignisse aus dem Jahre 1888, die in Bram Stokers „Dracula“ spielen. Direkt zu Beginn bauen die beiden Autoren Spannung und ein gewisses Tempo auf, das sich im Laufe des Buches bis hin zum fulminanten Ende gewaltig steigert und den Leser in der schnellen und dramatischen Abfolge der Ereignisse förmlich durch die Seiten fliegen lässt. Dies unterstützen auch die knackig-kurzen Kapitel. Abgesehen vom Prolog, unterscheidet sich der Stil und der Erzählrhythmus des Nachfolgeromans grundlegend vom ursprünglichen Klassiker, es wird aus der dritten Person von einem übergeordneten Erzähler berichtet und nicht mehr in Form von Briefen, Tagebucheinträgen etc. aus der subjektiven Sicht der ehemaligen Kameraden. So lassen die Schriftsteller nicht nur die „Streiter für das Licht“, sondern auch andere Charaktere zu Wort kommen, z.B. wird auf die Gedanken und Gefühle der Gräfin Báthory oder des Polizisten Cotford eingegangen.

Der Text beschreibt die Begebenheiten im Jahre 1912 glaubhaft und schafft mit seiner gut recherchierten Basis den Flair längst vergangener Zeiten, verlangt dem Leser der Moderne aber durchaus auch mal ein Schmunzeln ab, wenn dort z.B. zu lesen ist: „Jonathan trat aufs Gas, nahm den Fuß von der Bremse und jagte mit 10 Meilen/Stunde davon“. Zudem findet sich immer wieder eine gute Portion Selbstironie, so werden u.a. Kinos ohne Ton (als aufkommende Konkurrenz zum klassischen Theater) und andere technische Entwicklungen, die in unserer Zeit zu Selbstverständlichkeiten geworden sind, aufs Korn genommen. Der Roman ist flüssig zu lesen und in einer gut verständlichen Sprache gehalten. Werden Sätze in Französisch eingeflochten, folgt direkt eine entsprechende Übersetzung. Die Beschreibungen in diesem Buch sind allerdings – den Ereignissen entsprechend – recht brutal und stellenweise blutrünstig, weshalb sich dieses Buch nicht für Kinder eignet, sondern eher auf Jugendliche und Erwachsene abzielt.
Ein Geniestreich ist den beiden Autoren gelungen, indem sie nicht nur Bram Stoker als eigene Figur, sondern auch dessen Roman mit in dieses Buch aufnehmen. Hierdurch wird der Urspungsroman einerseits noch stärker mystifiziert, wird der Inhalt der ursprünglichen Vorlage in der Wirklichkeit des vorliegenden Werks zur Realität, andererseits können sie sich so gezielt mit den Hintergründen und geschichtlichen Begebenheiten der Hauptfigur auseinandersetzen und – indem sie mit manchen Regeln und Grundsätzen des Vampirismus aus dem 19. Jahrhundert brechen, z.B. dass Kreuze und Knoblauch keinen Schutz darstellen müssen – die ursprünglichen, von Bram Stoker geschaffene Mythologie vorsichtig modernisieren und an die heutigen Vorstellungen von Vampiren ein Stück weit anpassen. Ob der Leser das nun gut findet, muss jeder für sich selbst entscheiden. Durch die aktive Auseinandersetzung mit dem ursprünglichen Inhalt können aber manche „Fehler“ klar gestellt werden, so war Dracula kein Graf, sondern ein Prinz, was zum Erscheinen von Bram Stokers „Dracula“ fast keinem mehr bekannt war. Zudem bietet sich so die Möglichkeit, mehr vom Charakter und vom Leben Bram Stokers mit einfließen zu lasen, auch wenn hier die Grenzen zum Fantastischen teilweise fließend sind, z.B. den Grund für seinen Schlaganfall oder den Brand im Lyceum.

Aber auch sonst hat der Nachfolger einiges zu bieten. Immer wieder spielt Dacre Stoker mit seinen Lesern, da in manchen Szenen zunächst nicht klar ist, ob es sich um die Realität oder um von Vampiren hervorgerufene Illusionen handelt. Die Vergleiche sind gut gewählt, u.a.: „Mina versuchte sich auf diese Erinnerungen zu konzentrieren, doch die Bilder verblassten wie Dampf auf einem Spiegel.“
Es ist auch zu schön, Inspektor Cotfords bei seinen Mutmaßungen über Verbrechen und Morde in London und Paris zu begleiten, die sehr gut nachvollziehbar dargestellt sind – aber oft falsch gedeutet werden. Es ist herrlich anzuschauen, wie sich die Polizei bei dem Versuch verrennt, die Morde zu erklären.

Alles in allem ist den beiden Autoren Stoker und Holt ein würdiger Nachfolger gelungen, der nicht nur die Fans des ursprünglichen Romans begeistern wird. Das es bei diesem Buch jedoch nicht nur um den reinen Wunsch geht, unbedingt einen Nachfolger aus dem Boden zu stampfen, ergibt sich eindeutig aus den Anhängen.


Figuren
Gelungen sind auch die Beschreibungen der Charaktere, denen sich Stoker und Holt umfassend gewidmet haben. An keinem der „Streiter für das Licht“, die den Kampf gegen Dracula 1888 überlebt haben, sind die Ereignisse spurlos vorüber gegangen. Jonathan Harker ist ein Säufer geworden, zudem hat die Ehe mit Mina nie zu überwinden gewusst, dass sie sich einst auf Dracula eingelassen hat. Professor Abraham Van Helsing wurde die Approbation entzogen, er ist verbittert, da ihm im Alter die Kraft fehlt, am Kampf gegen den oder die Vampire noch aktiv teilzunehmen. Doktor Seward, einst Leiter der psychiatrischen Anstalt, ist bei der Vergabe von Morphium selbst zum besten Kunden geworden und Arthur Holmwood hat zwar eine andere Frau geheiratet, die verstorbene Lucy aber nie überwinden können. Indem so alle Figuren auch ihre Macken und Fehler haben, statt als strahlende Helden dazustehen, werden sie menschlich, glaubhaft und realistisch.

Neben Mina spielt eine der weiteren Hauptrollen ihr Sohn Quincey, der von den Eltern verzweifelt vor dem Bösen - das ihm aber nie erklärt wurde - zu schützen gesucht wird. So versucht Jonathan auf ihn Druck auszuüben, sich eher dem Anwaltsberuf zu widmen, statt sich der Schauspielerei hinzugeben. Quincey verehrt den so freundlich anmutenden wie undurchsichtigen Berufsschauspieler Basarab, doch beide umgibt ein Geheimnis, dass sich erst nach und nach lüftet – im Fall des Charakters von Barasab jedoch nicht ganz so gekonnt wie im Fall von Quincey, denn der Leser hat schon früh den Verdacht, was für ein Mysterium den Schauspieler wohl umgibt. Auch Quincey hat menschliche Untugenden, machen ihn sein Zorn und sein Hass stellenweise blind und uneinsichtig.

Eine facettenreiche und hervorragend ausgearbeitete Antagonistin ist den beiden Autoren mit der Figur der ungarischen Gräfin Elrzébet Báthory, die ebenfalls – wie auch Dracula – eine historische Persönlichkeit ist und dafür berüchtigt war, im Blut ermordeter Jungfrauen gebadet zu haben. Nicht zuletzt wegen der Verwandtschaft zur Person des historischen Draculas eignet sie sich als ausgezeichnete Basis für einen vom Hass zerfressenen und brutal agierenden Vampir, der in Frankreich und England sein Unwesen treibt. Sie ist außerordentlich stark und verfügt über viele wichtige Fähigkeiten, die sie zu dem machen, was sie ist. Auch bei ihr haben Stoker und Holt auf Schwarzweißmalerei verzichtet, sowohl der Charakter als auch ihre Herkunft und Vergangenheit sind vielschichtig aufgebaut.


Aufmachung des Buches
„Dracula – Die Wiederkehr“ ist derzeit nur als gebundenes Buch erhältlich. Sowohl bei der Gestaltung, als auch der Ausstattung des Buches hat sich der Verlag viel Mühe gegeben. Der Schutzumschlag in einem hellen Cremeton wurde geprägt und erinnert beim Befühlen an die Oberfläche von Papyrus. Auf Vorder und Hinterseite sowie dem Buchrücken sind mehrere Blutkleckse mit Spotlack hervorgehoben. Nimmt man den Schutzumschlag ab, findet sich auch auf der Vorderseite des in schwarz gehaltenen Buches ein Blutklecks.
Jedes Kapitel ist in der Überschrift mit einem alten Symbol versehen, dass an Vampire gemahnt. Im Anschluss an die Geschichte finden sich als Nachbemerkungen zunächst Dacres und Ians Geschichte, dann eine Abhandlung von Dacre und Ian zur Entstehung des Romans und zu ihren Beweggründen und Motivationen. Weiter geht es mit einem Nachwort von Elisabeth Miller, einer international anerkannten Dracula-Expertin, einem Foto von Bram Stoker, einem Abbild von Vlad Tepes, drei Kopien von Bram Stokers Originalnotizen und zum Abschluss umfangreiche Danksagungen der beiden Autoren. Diese Anhänge machen insgesamt 44 Seiten aus. Ob man sie nun liest (sie sind wirklich interessant) oder die Geschichte selbst erstmal auf sich wirken lässt, sollte jeder für sich selbst entscheiden.
Die Abrundung des „Pakets“ bildet ein Lesebändchen.


Fazit
Dacre Stoker und Ian Holt haben mit „Dracula – Die Wiederkehr“ einen würdigen Nachfolger geschaffen, der sich spannend, schnell und vor allem dramatisch gibt. Man merkt beim Lesen sofort, dass die beiden Autoren gründlich recherchiert haben und viel Mühe und Liebe in dieses Werk steckten, denn es ist kein Nachfolger nur um der Nachfolge willen, sondern vielmehr eine Hommage an Bram Stoker und sein Ursprungswerk. Eine klare Empfehlung an jeden Fan klassischer und moderner Vampirliteratur, ein Muss für Stoker-Fans. Denn Dacre steht Bram in nichts nach.


5 Sterne


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