Als erster westlicher Journalist lebte Stephan Kulle mehrere Wochen im Kloster des Dalai Lama
Der Journalist und Theologe Stephan Kulle gehört zu den profiliertesten Kennern des Papstes und des Vatikans. Für dieses Buch suchte er den anderen großen religiösen Führer unserer Zeit auf, den Dalai Lama. In dessen Kloster im nordindischen Exil gewährten ihm die Mönche 40 Tage lang einen ungewöhnlich offenen Zugang zum Innersten des tibetischen Buddhismus. Von der einzigartigen Atmosphäre des Klosters fasziniert, spürt er auch den Sehnsüchten vieler Pilger aus dem Westen nach, die zu diesem mystischen Ort voller Gegensätze reisen, um für sich Sinn und Orientierung zu finden. Dabei reflektiert er sein eigenes Leben, die westliche Gesellschaft und den christlichen Glauben. Ein packender und inspirierender Blick in eine andere spirituelle Welt.
Autor: Stephan Kulle Verlag: Scherz, ein Verlag der S. Fischer Verlag GmbH Erschienen: Juli 2009 ISBN: 978-3-502-15098-5 Seitenzahl: 396 Seiten |
Stil und Sprache
Das Buch ist durch die lebendige, herzlich-ehrliche Erzählweise des Autors faszinierend geschrieben. Der Autor schreibt in völlig unverkrampfter Art von seinem Aufenthalt in McLeodganj und bringt die Atmosphäre, die Stimmungen, ja auch die Gerüche so lebendig rüber, dass der Leser es kaum fertigbringen wird, dieses Buch wieder zur Seite zu legen.
Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Dem Autor gelingt es, seine Worte eindringlich zu vermitteln, sei es die Armut der Menschen in dem fernen Land, oder sei es die Ausstrahlung der Mönche auf ihn. Er schreibt mit klaren und deutlichen Sätzen, dass es eine Freude macht, ihm in diesen 40 Tagen zu folgen und seine Erlebnisse nachzuvollziehen. Es macht Freude, von seinen Erfahrungen zu lesen, von seinen Freundschaften mit den Mönchen, von dem ihm ein alter Mönch und ein kleiner Mönch, beide mit Namen Sangay, besonders am Herzen liegen. Die Passagen mit dem alten Mönch werden sehr einfühlsam erzählt, und am Ende, als er ihn zum letzten Mal auf dem Dach sieht und dem Leser erzählt, dass der alte Mann todkrank ist, wird man unvermeidlich mit ihm trauern und sich fragen, was denn nun aus dem alten Mann wird. Ein Leser, der sich für verschiedene Religionen interessiert, wird sich bei diesem Buch mit Sicherheit genauso festlesen wie jemand, der mehr über das Leben der Exil-Tibeter, die zusammen mit dem Dalai Lama im Norden Indiens ihr Zuhause haben, erfahren will. Es ist einerseits erschütternd, von den Lebensumständen zu lesen, die diese Menschen akzeptieren, nur damit sie dem Militärregime Chinas entkommen. Andererseits erfährt man von einer Herzlichkeit, von einer Freundlichkeit dieser Menschen, die die zwischenmenschliche Kälte in Europa nur wieder deutlich vor Augen bringt.
Aufmachung des Buches
Es ist ein gebundenes Buch mit Schutzumschlag. In angenehm kleine Kapitel unterteilt liest es sich flüssig. Mit Hilfe der Farbfotos, die in der Mitte des Buches zu finden sind, kann man sich in einzelnen Kapiteln ein besseres Bild von der Welt in dem Dorf des Dalai Lama machen. Das Cover zeigt den Autor vor einer roten Tür, die mit Stoffbändern verziert ist. Aus der offenen Tür schaut ein kleiner Mönch heraus.
Fazit
Das Buch hat mir sehr gut gefallen, ich fand es kurzweilig, informativ, anregend und spannend. Es ist ein Buch zum Nachdenken, zum Schmunzeln, zum Mitfühlen und zum Lernen. Leider ist der Titel ein wenig irreführend, denn der Autor hat letztendlich nur drei Tage im Kloster des Dalai Lama verbringen können. Weiterhin wird nicht näher auf die im Rückentext erwähnten Sehnsüchte der Pilger eingegangen - man hat das Gefühl, dass das Buch anders geplant war und der Rückentext nicht mehr hundertprozent passt. Dennoch tut es dem Lesevergnügen keinen Abbruch, ich kann das Buch nur empfehlen.
Hinweise
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