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Gerhard Trabert, Mediziner, Krisenarzt, Sozialarbeiter und Professor, ist bundesweit bekannt als „Arzt der Armen“. Seit mehr als 20 Jahren behandelt er kostenlos Wohnungs- und Mittellose. Seine besondere Gabe ist die respektvolle Begegnung auf Augenhöhe, mit der er den Menschen ein Stück Würde zurückgibt. Hier erzählt er seine berührendsten Erlebnisse auf der Straße und schafft ein Bewusstsein dafür stehenzubleiben, genauer hinzusehen und selbst zu handeln.
EIN LEIDENSCHAFTLICHES BUCH FÜR MEHR MENSCHLICHKEIT.

 

Der Strassen Doc 

Autor: Gerhard Trabert
Verlag: Güterlsloher Verlagshaus
Erschienen: 28. Oktober 2019
ISBN: 978-3-579-01483-8
Seitenzahl: 240 Seiten

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Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Beschimpfungen und Vorurteile gegenüber obdachlosen und armen Menschen sind nicht die Ausnahme, sondern meistens die Regel, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich und vielen anderen so "zivilisierten" Ländern. „Bettlerpack“, „Selber schuld“ oder „Sie sollen sich halt eine Arbeit suchen“ sind oft getätigte Aussagen, wenn jene, die sich Wohnung und Essen, Kleider und Urlaube leisten können, mit den Ärmsten zusammentreffen. Berührungsängste und Ausgrenzung bis hin zu brutalen körperlichen Angriffen und Misshandlungen der oft hilf- und wehrlosen Menschen sind nicht selten. Dass ein solches Schicksal durch gewisse Umstände aber jeden Menschen treffen könnte, kommt den meisten nicht in den Sinn.

In seinem Buch nimmt Gerhard Trabert seine Leser in eine Welt mit, vor der die meisten Menschen gerne die Augen verschließen und weder damit konfrontiert werden noch einen Gedanken daran verschwenden wollen. Obdachlos, ignoriert, verspottet, misshandelt und sogar getötet - die Erzählungen des „Straßen–Doc“ berühren, rütteln auf und richten die Aufmerksamkeit der Leser auf die Lebensgeschichten der Ärmsten. Er erzählt von Leid und Schmerz, aber auch von Zusammenhalt und Fürsorge, von Resignation und kleinen Inseln der Menschlichkeit.

Mitfühlend und wertschätzend berichtet er von seinen Einsätzen als Arzt für die Ärmsten, von dem Bemühen zu helfen und zu unterstützen, ohne zu urteilen. Er schildert aber auch die fast unüberwindbaren Hindernisse, die diesen Menschen vom Staat in den Weg gelegt werden, wenn es um lebenswichtige Medikamente oder absolut notwendige Untersuchungen geht. Als ob es arme Menschen nicht wert wären, menschenwürdig behandelt zu werden. Verfolgt man die Schilderungen des Autors, dann würde der verwirrende Berg aus Vorschriften, Anträgen & Co wohl jeden von uns vor schier unüberwindliche Herausforderungen stellen - der auf Hochglanz polierte Amtsschimmel lässt grüßen.

Durch viele Gespräche mit den unterschiedlichsten Menschen auf der untersten Stufe unserer Gesellschaft erfährt er oft schier unfassbare Dinge aus deren Leben und schockierende Einzelheiten zu ihrem Weg in die Obdachlosigkeit. Und plötzlich entpuppen sich die „Penner“ als lebenserfahrene und sensible Menschen, die oft durch schwere seelische Erschütterungen von einem "normalen" Leben in die Wohnungslosigkeit und Armut rutschen.

Gerhard Trabert erzählt, wie traumatische Erlebnisse, beginnend bei schweren Misshandlungen in jungen Jahren, dem plötzlichen Verlust von geliebten Menschen und der Arbeitsstelle, bis hin zu posttraumatischen Störungen uvm., diese Menschen brutal aus einem geregelten Leben reißen und sie völlig aus der Bahn werfen. Er erzählt von Altersarmut, von jungen Ausreißern, die das unsichere Leben auf der Straße der Hölle zu Hause vorziehen und von Kindern, die in bitterer Armut aufwachsen und die oftmals Hunger leiden – unfassbar und beschämend in einem so „modernen“ und "zivilisierten" Europa. In seinen Berichten haben die Betroffenen Namen und Schicksale, er erzählt von Begebenheiten mitten aus dem Geschehen, hadert mit dem Ohnmachtsgefühl der Helfer, wenn sie nicht helfen können und/oder wenn die Behördenwege einem endlosen Kampf gegen Windmühlen gleichen.

Direkt vor Ort und aufrüttelnd, ohne etwas zu beschönigen ruft Gerhard Trabert seine Leser dazu auf, hinzusehen und tiefer zu blicken um die Menschen und ihre Schicksale hinter der Fassade "Obdachlos" zu wahrzunehmen, ihnen zuzuhören und selbst etwas zu tun, um sie zu unterstützen. Denn niemand wacht plötzlich auf und wünscht sich mit einem Mal, zukünftig ein entbehrungsreiches Leben auf der Straße zu führen...


Aufmachung des Buches
Selten wirkt eine Covergestaltung so eindringlich auf den Leser. Das Bild auf dem Schutzumschlag des Hardcoverbuches berührt und sagt nicht nur etwas über den Autor selbst aus, sondern macht gleichzeitig den Kern des Buches gut sichtbar. Der Rückseitentext gibt zusätzlich einen guten Einblick in das 239 Seiten starke Sachbuch. Während auf der vorderen Innenklappe des Schutzumschlages der deutsche Liedertext von Anita Zimmermann und Gerhart Trabert - der von Phil Collins Lied „Another Day in Paradise“ inspiriert wurde - zu lesen ist, findet man auf der rückwärtigen Innenklappe die bebilderter Kurzvita des Autors. Nach dem übersichtlich gegliederten Inhaltsverzeichnis folgt mit „Warum ich dieses Buch schreibe“ ein besseres Kennenlernen des Autors und ein Einblick in seine Beweggründe, dieses Buch zu schreiben.

Dem Prolog folgen elf große Kapitel, die in unterschiedlich langen Unterkapiteln jeweils einen anderen Aspekt der Obdachlosigkeit und/oder extremer Armut zeigen. Jedes der Hauptkapitel zeigt andere Schicksale, verbunden mit den ganz persönlichen Erlebnissen des Autors mit den Menschen, die er als "Straßend-Doc" versorgt und besucht. Ein Epilog beschließt das Buch.


Fazit
Eindringlich, nachdenklich machend und aufrüttelnd! Das Buch zeigt die Schattenseiten unseres gewohnten, geschäftigen Umfeldes, dort wo Ausgrenzung, Armut und Leid herrscht und nur wenig Platz für Hoffnung bleibt und die gerade deswegen ins Licht gerückt und beachtet werden sollten. Gerade in Ländern, die ganz locker mit Milliarden-Beträgen jonglieren, ist es beschämend, dass es dort Kinder, Jugendliche und Erwachsene gibt, die in bitterer Armut leben müssen. Ohne Unterkunft, ohne die Grundbedürfnisse stillen zu können und oft genug auch ohne ausreichend medizinische und andere Hilfe. Der Autor fordert dazu auf, hinzusehen, wahrzunehmen, anzusprechen und selbst etwas zu tun. Unbedingt lesenswert!


5 Sterne


Hinweise
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