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Die Kinderlandverschickung im zweiten Weltkrieg – eine Irrfahrt durch die Wirren des Nazi-Terrors

Das Ruhrgebiet im Sommer 1943. Die junge Lehrerin Barbara soll eine Gruppe Mädchen im Rahmen der sogenannten Kinderlandverschickung begleiten. Angst, aber auch gespannte Unruhe beherrschen die Gedanken der Kinder, denn sie wissen nicht, was sie erwartet. Das Heim, das ihr zeitweiliges Zuhause werden soll, erweist sich zunächst als angenehme Überraschung, doch dann muss dieses geräumt werden. Es beginnt eine Odyssee, die nicht nur die Kinder, sondern auch Barbara an ihre Grenzen führt, denn mehr und mehr wird sie, die sich bisher aus der Politik herauszuhalten versucht hat, mit den grausamen Methoden und Plänen der Nationalsozialisten konfrontiert – und mit Menschen, die für ihre Ideologie vor nichts zurückschrecken. Als schließlich ein Mädchen verschwindet und ein polnischer Zwangsarbeiter verdächtigt wird, kommt für die Lehrerin die Stunde der Entscheidung.

 

Der Kinderzug 

Autor: Michaela Küpper
Verlag: Droemer
Erschienen: 10/2019
ISBN: 978-3426282182
Seitenzahl: 352 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Der Rückentext schildert schon ganz gut die Idee hinter dieser Geschichte. Allerdings legt der letzte Satz nahe, dass es einen großen Wendepunkt innerhalb der Handlung gibt, was definitiv nicht der Fall ist. Das Verschwinden des Mädchens ist nur ein kleiner Abschnitt und keineswegs zentraler Punkt innerhalb der Geschichte. Im Wesentlichen geht es um eine Aufarbeitung der Autorin zum zweiten Weltkrieg, von dem ihr Vater gesagt hat, er habe davon nicht viel mitbekommen (wie sie es selbst im ausführlichen Nachwort schildert). Die Kinderlandverschickung wurde bisher kaum literarisch verarbeitet und daher stellt dieses Buch ein wichtiges Zeugnis zur deutschen Geschichte dar.


Stil und Sprache
Nach einem kurzen Kapitel, das sich im September 1945 ereignet, setzt die eigentliche Handlung rund zweieinhalb Jahre früher ein, als Barbara ihren Dienst aufnimmt, um ihre Schulklasse zur Kinderlandverschickung zu begleiten. Von da an wird die Geschichte nicht nur von ihr erzählt, sondern auch von einigen anderen Mädchen und einem jungen Mann, der ebenfalls in einem Lager lebt und sich nichts dringlicher wünscht, als endlich Soldat werden zu dürfen.

Durch die regelmäßigen Wechsel zwischen den Erzählern wird eine gute Dynamik erzeugt, die unterschiedlichen Wahrnehmungen derselben Situation zeichnen ein relativ umfassendes Bild dieser speziellen Szenerie innerhalb des Krieges, der zugleich ganz nah und doch weit weg zu sein scheint. Immer dann, wenn die Mädchen Nachrichten von zu Hause erhalten, rückt der Krieg nah heran an die scheinbare Idylle, in der sich das Lager befindet. Und wenn dann zum Ende hin die Verhältnisse immer unübersichtlicher werden, ist man immer ganz nah an den Mädchen und ihrer Lehrerin, die oft vollkommen überfordert ist von dem, was sie leisten muss.

Die Autorin nähert sich so behutsam dem riesigen Thema, dass man ganz langsam erst begreift, was da wirklich passiert ist, wie viele Tausende von Menschen auf unterschiedliche Weise unter diesem Krieg gelitten haben und welch ungeheure Maschinerie hinter allem steckte. Sprachlich passt ihr eher nüchterner Tonfall gut dazu und die immer wieder verwendeten „Fachbegriffe“ (Mädel, Lagermannschaftsführer) tun ein Übriges dazu, den Leser in diese furchtbare Zeit hineinzuversetzen.


Figuren
Barbara Salzmann trägt diese Geschichte, es ist ihr Schicksal, das hier erzählt wird. Wie es aber oft in Romanen ist, die zur Zeit des zweiten Weltkriegs spielen, hinterlässt sie einen (oft zu) pragmatischen Eindruck beim Leser, der glauben könnte, sie handele vollkommen emotionslos. So kommt man ihr nicht ganz so nahe, wie man es sich vielleicht wünscht, was der Geschichte ein kleines bisschen schadet.

Im Großen und Ganzen jedoch sind die Figuren sehr einfühlsam beschrieben, die unterschiedlichen Charaktere der Mädchen, Karls dringender Wunsch, in den Kampf zu ziehen und seine unglaublich große Angst, als es dann so weit ist, das ist ganz hervorragend gemacht und lässt einen verstehen, wie und warum es damals so weit gekommen ist.


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch zeigt auf dem Umschlag eine Szene, in der drei Kinder mit Gepäck hin zu einem Dorf laufen, offenbar auf der Flucht vor irgendetwas. Innen gibt es 69 nummerierte Kapitel, die außerdem mit dem Namen des jeweiligen Erzählers überschrieben sind.


Fazit
Ein wichtiges Kapitel der deutschen Geschichte steht hier im Mittelpunkt, wird spannend und einfühlsam erzählt und erklärt vielleicht sogar einiges. Für alle, die immer ein bisschen mehr wissen wollen.


4 Sterne


Hinweise
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