Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Zuerst einige persönliche Fragen: Was gibt es über Dich als Mensch zu sagen?
Hallo Alisha, das mache ich sehr gerne. Huch…ok... gleich zu Beginn eine der schwierigsten Fragen überhaupt, die ein gesundes Maß an Selbstreflexion erfordert, um sie vernünftig beantworten zu können.
Was mir auf die Frage als Antwort sofort in den Sinn kam, war „du bist ein Mensch, wie die meisten anderen Menschen auch. Du hast deine Schwächen, Eigenarten und ein paar Stärken“. Aber das wäre Dir wahrscheinlich zu wenig für ein Interview (grinst).
Vielleicht ist es am Einfachsten, wenn ich zuerst mein Umfeld, sozusagen die Rahmenbedingungen kurz beschreibe. Ich bin glücklich verheiratet und Vater von zwei Söhnen (5 und 2 Jahre alt). Ich liebe meine Familie. Wir leben zusammen in einem schönen Haus auf dem Land in der Nähe von Tübingen. Ich habe einen soliden, akademischen Hintergrund und bin beruflich sehr stark eingebunden. Darunter leidet dann die „Work Life Balance“ – ein schreckliches Modewort, ich weiß – mitunter erheblich. Freunde und Bekannte sagen über mich, ich sei offen und ehrlich, werde aber oft – insbesondere bei Menschen, die mich nicht näher kennen - als eher zurückhaltender, ernster und nachdenklicher Mensch wahrgenommen, der etwas Zeit braucht, um in Gesprächen aufzutauen und dann etwas Persönliches von sich zu geben. Angeblich strahle ich auf andere eine gewisse Ruhe und Gelassenheit aus. Ansonsten gelte ich als tolerant, zuverlässig, freundlich und hilfsbereit. Über mich selbst würde ich sagen, dass ich – trotz meiner Affinität zur Fantasy - fest mit beiden Beinen im Leben und der Realität stehe, mich als selbstkritisch betrachte, was zuweilen zu einer gewissen Verunsicherung führen kann, wenn die Selbstzweifel an der Arbeit mal wieder überhand nehmen sollten. Ich sage, was ich denke und ich stehe zu dem, was ich sage. Meine Mitmenschen wissen daher, was sie von mir zu erwarten haben und wo sie jeweils stehen. Durch ein doch sehr ausgeprägtes Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein, mache ich mir das Leben manchmal leider selbst etwas schwer. Im Übrigen bevorzuge ich ein harmonisches Umfeld, streite mich also nicht so gerne.
Aber zurück zum Anfangsgedanken, ich bin ein Mensch und als solcher zutiefst menschlich und keineswegs perfekt.
Was zeichnet Dich in Deinen Augen aus?
Oh je, gleich die nächste Frage, die sich nicht leicht beantworten lässt.
Was soll ich dazu sagen? Gut, ich will es versuchen, weil ich anderen Menschen dieselbe Frage auch schon gestellt habe.
Auch wenn man es mir äußerlich nicht unbedingt ansieht, halte ich mich für einen kreativen Menschen, der viel und oft in Bildern denkt. Ich besitze eine rege Phantasie und konnte mich schon seit meiner frühesten Jugend für Sprache und Formulierungen in jeder Form begeistern, d.h. sowohl für das gesprochene wie auch das geschriebene Wort. Insoweit hat sich diese Begeisterung zum Glück in einem sprachlichen „Talent“ niedergeschlagen, das mir in vielen Lebenslagen hilfreich zur Seite steht. Eine gute Beobachtungsgabe, aktives Zuhören und eine daraus im Laufe der Jahre entwickelte, tiefere Menschenkenntnis vervollständigen dieses Bild.
Darüber hinaus denke ich, dass ich mich insbesondere durch ein hohes Maß an Selbstdisziplin auszeichnen dürfte. Das hört sich jetzt vielleicht etwas eigenartig an, ist aber tatsächlich in mancherlei Hinsicht eine ganz nützliche Eigenschaft. Und es trifft meiner Meinung nach den Kern meiner Erziehung und zeigt sich heute vor allen Dingen an einer pragmatischen und ergebnisorientierten Herangehensweise in vielen Projekten, sei es nun im beruflichen, schriftstellerischen oder privaten Umfeld. Was ich einmal angefangen habe, führe ich in aller Regel auch beharrlich und konsequent zu Ende. Eine gewisse Hartnäckigkeit und Leidensfähigkeit in der Durchsetzung von Zielen gehört sicherlich auch mit dazu.
Was magst Du, und was nicht?
Ich mag sehr Vieles und es gibt wohl deutlich Weniger, was ich überhaupt nicht mag.
Intoleranz und Ungerechtigkeiten gehören zu den Dingen, die ich überhaupt nicht leiden kann und die mich regelrecht auf die Palme bringen können.
Ich mag Gewitter und Stürme. Nicht so sehr die Folgen, wenn es mal schlimmer wird. Aber die Stimmung während eines richtigen Gewitters mit ordentlich Blitz und Donner hat schon was.
Ich mag schwere, klassische Musik. Außerdem stehe ich auf diesen Harry Connick Jr. Bigband Orchester - Combosound. Diverse Pop- und Rockmusik ist natürlich je nach Tagesform auch immer drin. „Queen“ und „Genesis“ gehören nach wie vor zu meinen Lieblingsgruppen. Mit Volksmusik und Schlagern kannst du mich hingegen verjagen und fluchtartig einen Raum verlassen sehen.
Ich mag schöne Dinge wie zum Beispiel schön und edel aufgemachte Bücher.
Das Meer liebe ich. Außerdem schwimme, schnorchle und tauche ich sehr gerne. Es ist eine ganz andere, stille Welt dort unten, die einen magisch anzieht, wenn sie einen erstmal gepackt hat. Es hat zugleich Faszinierendes und Mystisches, aber auch Unheimliches für mich. Die Berge (Hochgebirge) beeindrucken und inspirieren mich. Ohnehin finde ich die eher schrofferen, oft mit Felsen durchzogenen Landschaften sehr schön.
Katzen finde ich toll und geheimnisvoll. Spinnen bräuchte ich nicht unbedingt, auch wenn sie harmlos und eigentlich ganz nützlich sind. Zumindest will ich sie nicht in der Wohnung haben.
Welche Hobbies hast Du?
Du meinst außer meinen beiden Jungs, die prima und mit Begeisterung dafür herhalten, meine Leidenschaft für Spielwaren aller Art und die kindliche Freude ausgiebiger Besuche in diversen Spielwarengeschäften zu verstecken (lacht). Meine Frau kann ein Lied davon singen, wenn ich mal wieder für die Buben was Tolles mit nach Hause bringe. Wer freut sich darüber am Meisten?
Kino und Filme zählen sicherlich seit meiner Jugend – also seit mittlerweile fünfundzwanzig Jahren - zu meinen größten Hobbys. Ich besitze eine sehr große Filmsammlung über alle Genres hinweg. Allerdings gibt es auch einige Schwerpunkte in der Sammlung, die sich auf Vampir- und Science-Fiction-Filme sowie Western (insbesondere Italo- und Kavalleriewestern) und asiatische Filme konzentrieren. Ich glaube, ich habe inzwischen so ziemlich jeden Blutsaugerstreifen gesehen, den es irgendwann mal gab und viele davon stehen im Regal. China zaubert nach wie vor einzigartige, magische Bilder auf die Leinwände. Das chinesische Kino hat noch das, was Hollywood längst verloren hat. Träume, Phantasie und Visionen. Natürlich gibt es zu der Filmsammlung auch jede Menge Hintergrundmaterial und Literatur, was in einer solchen Sammlung natürlich nicht fehlen darf. Daneben lese ich natürlich von jeher leidenschaftlich gerne. Die Fantasyliteratur hat es mir dabei besonders angetan.
Der amerikanische Bürgerkrieg ist ein weiteres, historisch geprägtes Hobby.
Tauchen und Skifahren runden meine Hobbies dann in sportlicher Hinsicht ab.
Wolltest Du immer schon Schriftsteller werden oder war es eher eine Folge Deiner persönlichen Entwicklung?
Nein, dieser Prozess kam eher schleichend und nahm erst in den letzten Jahren etwas konkretere Züge an. Wahrscheinlich musste die Vorstellung mit zunehmender Lebenserfahrung erst langsam reifen. Durch die ersten Veröffentlichungen hat sich dann doch allmählich der Gedanke eingeschlichen, dass das Autorendasein eines Tages eine echte, zusätzliche Option sein könnte.
Im Moment wäre mir das aber noch viel zu unsicher. Obwohl der Wunsch, ausschließlich als Schriftsteller arbeiten und davon leben zu können, tatsächlich stärker geworden ist, würde ich den Schritt zum reinen Schriftstellerdasein derzeit nicht wagen wollen. Ich denke auch, dass ich in meinem derzeitigen Beruf so stark verwurzelt bin, dass ich die Verantwortung nicht so einfach abgeben könnte. Ich bin realistisch genug, um mir diesbezüglich keine Illusionen zu machen. Bis zu einem Leben als Schriftsteller wäre es noch ein langer und steiniger Weg. Ich stehe ganz am Anfang.
Im Grunde hatte ich nicht den Berufswunsch eines Schriftstellers. Das war irgendwie nicht vorstellbar und lag daher immer fern. Das hat sich natürlich geändert.
Früher – noch zu Schulzeiten - wollte ich unbedingt Journalist werden, wobei ich aber mehr in Richtung Hörfunkjournalismus tendierte. Anfangs war alles darauf ausgerichtet. Aber das hat sich im Laufe der Zeit dann auch wieder geändert. Ich wählte die mir damals sicherer erscheinende Variante mit Rechtswissenschaften und Betriebswirtschaft. Hm… vielleicht war ich einfach zu feige für so einen Schritt in Richtung Kreativberuf. Wer weiß?
Wie gesagt, man wird mit den Jahren älter und reifer. Ich habe inzwischen viel erlebt und dazu gelernt. Der Lernprozess im Leben hört meiner Meinung nach nie auf. Von daher würde ich sagen, dass es bis heute eindeutig eine Folge meiner persönlichen Entwicklung war, die vor allen Dingen darauf zurückzuführen war, dass ich einen kreativen Ausgleich zur täglichen Arbeit gesucht habe. Und jetzt kann ich mir vorstellen, was ich nicht für möglich gehalten hätte.
Wann hast Du zu schreiben begonnen? Und womit?
Zu meiner Schulzeit. Im Gymnasium hatte ich grausige und vor allen Dingen reißerische Geschichten für meine Schulkameraden geschrieben, in der jeder meiner Freunde eine Rolle bekam. Die Heftchen machten die Runde unter der Schulbank, bis unser Deutschlehrer dahinter kam und sie zum Unterrichtsstoff gemacht hatte. Das war mir anfangs peinlich. Dann fand ich es gut und war auch ein klein wenig stolz darauf. Danach habe ich Kurzgeschichten und eigenwillige Gedichte geschrieben. Schrecklich... wenn ich mir das heute ansehen, habe ich das Gefühl, ich hatte schon immer diesen Hang zu düsteren Texten... vielleicht ein kleines Beispiel aus meinen damaligen, handschriftlichen Aufzeichnungen? Ich habe alles aufgehoben. Damals war ich sechzehn Jahre alt, als ich in dieses kleine Buch folgende und ähnliche Notizen machte:
„Geschöpfe der Nacht“ – „Ein Kratzen an der Tür. Ein erstickter Schrei. Ein irres Lachen vor dem Fenster. Eiskalt kroch es über meinen Rücken. Da... da waren sie wieder... die Geschöpfe der Nacht. Sie feierten vor meinem Fenster. Nacht für Nacht. Sie tanzten, lachten, tranken, aßen und trieben ein böses Spiel. Die Geschöpfe der Nacht. Ein Pochen an der Tür. Ein verzweifelter Hilferuf. Ein wahnsinniges Gurgeln. Zitternd tastete ich mich zur Tür. Da waren sie wieder. Die Geschöpfe der Nacht. Sie störten meinen Schlaf. Nacht für Nacht. Ich öffnete meine Tür. Ein Bild des Grauens bot sich meinen Augen. Sie kamen herein. Sie tanzten, lachten, soffen, fraßen und trieben ein grausames Spiel. Die Geschöpfe der Nacht. Lärm in meinem Zimmer. Ich tanze, lache, saufe, fresse und treibe ein schreckliches Spiel. Ich bin ein Geschöpf der Nacht. Ein erstickter Schrei dringt an dein Ohr. Ein irres Lachen vor deinem Fenster. Eiskalt kriecht es über deinen Rücken. Da sind wir wieder. Die Geschöpfe der Nacht. Nacht für Nacht feiern wir vor deinem Fenster“.
Noch ein weiteres sehr kurzes Beispiel?
„Das Ende“ - „Ich betrete das Kinderzimmer meines kleinen Sohnes, um ihm eine gute Nacht zu wünschen. Er steht mit meinem Revolver in beiden Händen da und blickt mir in die Augen. Seine Augen blitzen gefährlich. Mit hoher, scharfer Stimme sagt er: „Scheißkerl!“
Dann drückt er ab...
Mit solchen Texten, das Heft ist voll davon, hat es angefangen. Vielleicht mache ich mir irgendwann mal die Mühe und schreibe die einfach ab und schicke sie Dir, damit du etwas zum Lachen hast (lacht).
Hast Du eine fest strukturierte Methode, wie Du ein Projekt „angehst“?
Nein, ich gehöre eher zu den intuitiven Schreibern, denen die Ideen und die weitere Entwicklung der Geschichten überwiegend während des Schreibens kommen. Ein „Brainstorming“ geht allerdings jedem meiner Projekte voraus. Danach ordne ich die wirren Gedanke und versuche einen halbwegs roten Faden zu finden. Normalerweise habe ich aber nach dieser Phase wenigstens eine grobe Vorstellung des Anfangs und des Endes meiner Geschichten. Meist überlege ich mir einige Höhepunkte und einzelne Szenen, die ich mir dann sehr bildlich vorstelle und teils gedanklich schon mit Charakteren besetze und mit Dialogen ausmale. Die Charaktere entwickeln sich aber erst während des Schreibens richtig. Dadurch sind sie frei und es gibt durchaus Überraschungen in ihrer weiteren Entwicklung. Mit einem festen Plot arbeite ich normalerweise nicht. Für ein groß angelegtes Epos wie „Kryson“ skizziere ich allerdings inzwischen die grobe Handlung und Kapitel in Stichworten für die Folgebände vor. Aufgrund des Umfangs, der Vielzahl an Charakteren und Nebenhandlungen mit einer teils enormen Detailtiefe geht das nicht mehr anders. Immerhin werden wir am Ende ca. viertausend Buchseiten für dieses Werk haben.
Schreibst Du gerne zu einer bestimmten Zeit? Lieber tagsüber, lieber abends/nachts? Wie sieht Dein Tagesablauf aus?
Ich schreibe lieber spät abends und nachts, weil ich dann Ruhe zum Schreiben habe. Mein Tagesablauf sieht meist so aus, dass ich morgens aufstehe, mit Frau und Kindern frühstücke, zur Arbeit fahre, arbeite, dann abends wieder nach Hause fahre und nach den Kindern sehe, die entweder schon lange schlafen oder eben noch für eine Geschichte und etwas musikalische Unterhaltung auf mich gewartet haben. Danach verbringe ich Zeit mit meiner Frau. Hat sie sich dann schlafen gelegt, fängt bei mir die Schreibarbeit an. In der Regel sind das dann noch zwei bis drei Stunden bis spät in die Nacht.
Bevorzugst Du eine bestimmte Atmosphäre oder benötigst Du besondere Ruhe wenn Du schreibst?
Für das Schreiben habe ich meinen eigenen Bereich in unserem Haus. Dort fühle ich mich wohl, ungestört und kann am besten arbeiten. Eigentlich bin ich nicht so sehr auf die Atmosphäre angewiesen. Ich brauche und betreibe auch keine Schreibrituale. In dieser Hinsicht bin ich wirklich sehr unkompliziert und genügsam. Gib mir einen PC oder ein Notebook und ein funktionierendes Schreibprogramm, dann klappt das schon irgendwie. Allerdings lasse ich mir beim Schreiben nicht gerne über die Schulter blicken, insbesondere weil ich unfertige Texte oder Teile daraus nicht gerne vorab zeige.
Schreibst Du an mehreren Projekten gleichzeitig oder trennst Du das strikt?
Im Moment schreibe ich nur an einem Projekt. Das liegt aber daran, dass ich berufsbedingt und dadurch jetzt zeitlich Gefahr laufe, mit den Abgabeterminen in Verzug zu kommen. Ich hoffe, dass es nicht allzu zu eng wird, weil ich – schon um die persönliche Belastung nicht zu hoch werden zu lassen – lieber pünktlich vorlege.
Ansonsten kann ich mir schon vorstellen, parallel an mehreren Projekten zu arbeiten. Das habe ich auch schon gemacht und finde das sogar ganz gut, weil es Abwechslung in den Schreiballtag bringt und aus meiner Sicht den einzelnen Geschichten hilft. Manchmal steckt man an einer Stelle fest und weiß einfach nicht weiter, da ist es unter Umständen hilfreich, zwischendurch an einem anderen Projekt weiter zu arbeiten, um den Kopf frei zu bekommen und sich nicht zu sehr in das Problem zu verbeißen. Dann kommt einem wie von selbst plötzlich der rettende Einfall und die Schwierigkeiten haben sich in Luft aufgelöst.
Welchen Genre ordnest Du Dich zu? Und welches reizt Dich am meisten?
Ganz klar High und Dark Fantasy, meist mit epischen Zügen in einem mittelalterlichen Setting mit archaischen Zügen. Harte, sperrige Typen (grinst).
Was ich mir ebenfalls vorstellen kann, ist Urban Fantasy mit zeitgenössischen, realen Bezügen und natürlich die ein oder andere Gruselgeschichte mit Vampiren, Werwölfen oder irgendwelchen ekligen Krankheiten / Epidemien. Science-Fiction würde mich zwar ebenfalls reizen, ist mir aber oft zu technisch geprägt. Nicht gerade eine meiner Stärken. Wirklich gerne würde ich eines Tages einen richtig spannenden Thriller schreiben. Aber trotzdem werde ich der Fantasy wohl immer treu bleiben.
Hast Du ein Vorbild?
Nein. War die Antwort jetzt zu kurz?
Ich habe tatsächlich kein Vorbild, dem ich nacheifere. Es gibt Autoren, deren Stil und Art der Geschichtenerzählung ich sehr schätze und die ich sicherlich immer wieder gerne lese. Aber ein Vorbild ist nicht darunter. Zu einem Vorbild gehört für mich auch viel mehr als nur die Bücher gut zu finden. In der Regel beschäftige ich mich gar nicht so sehr mit den Autoren selbst, wenn ich mir ein Buch kaufe. Ich lese sie. Ich kann ihren Stil und die Sprache toll finden. Aber um ein Vorbild zu werden, müssten sie mich in ihrem ganzen Leben und Wirken faszinieren. Die Bücher reichen dafür nicht aus.
Schreibst Du lieber alleine oder würdest Du auch mit einem Co-Autor arbeiten? Wenn ja, wer würde Dich da reizen?
Ich bin im Grunde der klassische Einzelkämpfer, weil mir das die meisten Freiheiten im Kreativprozess lässt. Natürlich könnte ich mir auch vorstellen mit einem Co-Autor zu arbeiten, wenn die Rahmenbedingungen einer Zusammenarbeit vorher klar festgelegt werden und genügend Spielräume für mich selbst übrig bleiben. Was mich irgendwann einmal reizen würde, ist ein Roman, bei dem zum Beispiel feste Kapitel oder Charaktere zugewiesen werden, aufeinander aufbauen müssen und am Ende gemeinsam zusammengebaut werden. Das wäre sicherlich schon eine Herausforderung. Hm… mit wem könnte ich mir eine solche Zusammenarbeit vorstellen. Das ist verdammt schwer, weil wir sicherlich ähnlich strukturiert sein müssten. Ich kenne leider nur wenige Autoren gut genug, um sagen zu können, ob ich mit ihnen gut zusammenarbeiten könnte.
Klar würde mich eine Zusammenarbeit mit Patrick Rothfuss reizen, in der Hoffnung, seine Deutsch- und meine Englischkenntnisse wären für eine hinreichende Verständigung über die notwendigen Inhalte ausreichend. Ich fand dessen Roman „Der Name des Windes“ sehr gut. Unter den deutschen Autoren würden mich Tobias O. Meissner und Markolf Hoffmann stilistisch und inhaltlich sehr ansprechen, weil sie in meinen Augen wirklich anspruchsvoll schreiben. Ansonsten natürlich Markus Heitz, da könnte ich mir dann beinahe sicher sein, auf der Bestsellerwelle mit zu schwimmen (lacht). Aber ich glaube nicht, dass ihn eine Zusammenarbeit mit mir interessieren würde. Warum auch? Ich bin ein Newbie. Das Verhältnis wäre doch etwas ungleich.
Obwohl wir durch die Kombination Johannes Steck als Sprecher, Lutz Schäfer als Regisseur und Corvus Corax mit ihrer Musik bei der Vertonung unserer Geschichten im Hörbuchbereich zumindest eine Gemeinsamkeit haben. Die Welt ist klein und schon lustig manchmal.
Nun ja… die Verkaufszahlen unserer Produktionen dürften sich doch noch etwas – sagen wir ehrlicherweise nicht ganz unerheblich – unterscheiden.
Du bist der aktueller „Wolfgang Hohlbein Preis“-Träger, der vom Ueberreuter Verlag vergeben wird. Was bedeutet Dir dieser Preis?
Der Preis bedeutet mir sehr viel. Er hat ein Stück wirklich harter Arbeit belohnt und das ist das eigentlich Schöne daran. Es handelt sich um einen sehr renommierten und allgemein anerkannten Literaturpreis für Fantasyliteratur. Vielleicht den einzig wirklich bekannten und traditionellen Preis für dieses Genre im deutschsprachigen Raum. Von daher war ich natürlich sehr glücklich und stolz, als ich diesen Preis für „Kryson“ erhielt. Darauf lässt sich aufbauen und ich werde bis zum Ende meines Lebens immer ganz offiziell sagen dürfen, dass ich mal einen wichtigen Literaturpreis gewonnen habe. Das alleine ist doch schon ein tolles Gefühl und mehr als ich je erwarten durfte. Ich sehe den „Wolfgang-Hohlbein-Preis“ daher als echte Chance und Herausforderung für mich, der mir einen guten Einstieg als Fantasyautor ermöglicht und hoffentlich weitere Optionen eröffnet. Natürlich verpflichtet er mich auch, weiterhin aktiv an mir und den Geschichten zu arbeiten. Zu lernen und besser zu werden. Aber das ist auch gut so. Insoweit ist der Preis ein Ansporn und wird mich noch lange motivieren.
Ist Wolfgang Hohlbein, der ja in den 80zigern die Fantasy in Deutschland salonfähig gemacht hat, und dem viele junge Autoren, die heute recht schnell eine Chance bei Verlagen erhalten demzufolge viel zu verdanken haben, für Dich im übertragenen Sinne eine Art Lehrmeister?
Nein, so würde ich Wolfgang nicht gerade bezeichnen. Für mich ist er in erster Linie ein sehr erfolgreicher Autor, von dem ich bislang erst ein Buch - nämlich „Märchenmond“ - gelesen habe. Natürlich kann ich von ihm lernen. Er hat offensichtlich Vieles in seiner Karriere als Autor richtig gemacht. Andererseits denke ich nicht, dass ich mich unbedingt an ihm oder an anderen Autoren orientieren sollte. Hohlbein ist Hohlbein. Und als Hohlbein sicherlich unverwechselbar. Gleiches gilt für einen Markus Heitz oder jeden anderen Autor. Ich bin wer ich bin und muss meinen eigenen Weg gehen, meine eigenen Fehler machen und meinen Stil finden und durchsetzen. Ich mag zwar ein Newcomer als Autor sein, aber für einen echten Lehrmeister wäre ich gewiss schon zu alt, zu stur und so gefestigt, dass ein solches Verhältnis nicht funktionieren würde. Das hört sich jetzt vielleicht seltsam an, aber ich sehe in ihm und natürlich auch in unserem Verleger Fritz Panzer für mich mehr die Förderer. Sie haben mich entdeckt und den Stein ins Rollen gebracht. So bin ich eben. Undankbarer Schüler. Aber dennoch schätze ich ihn und seine Arbeit sehr hoch ein.
Jedenfalls haben die deutsche Fantasy und somit auch ich als Autor Wolfgang Hohlbein sehr viel zu verdanken. Da stimme ich Dir voll und ganz zu. Ohne ihn hätten es viele erfolgreiche Autoren dieses Genres in Deutschland viel schwerer. Von daher kann ich nur meinen Hut – so ich denn einen auf hätte – voller Respekt und Anerkennung vor ihm ziehen.
Oder geht Deine Orientierung in eine andere Richtung? Wo siehst Du Dich? Vom Stil, von den Plots her?
Wie gesagt, ich kann keinen wirklich guten Vergleich mit Wolfgangs Werken für mich selbst ziehen, weil ich bislang zu wenig von ihm gelesen habe. Er schreibt Fantasy. Darunter befinden sich auch sehr viele Jugendbücher, was eher nicht so sehr mein Thema sein dürfte. Inwieweit wir uns in Plot und Stil bei den Romanen für eine erwachsene Leserschaft ähneln, vermag ich überhaupt nicht zu sagen. Ich orientiere mich letztlich an dem, was mir selbst gefällt. Wobei ich behaupte, einen vor allen Dingen in der sprachlichen Ausarbeitung durchaus sehr eigenen Stil zu pflegen. Bei den Settings würde ich sagen, dass diese eher klassisch in gänzlich eigenen Welten orientiert sind. Keine Orks, keine Zwerge, keine Elben und keine Trolle. Vielleicht liegt meine Richtung und Orientierung eher an den Werken amerikanischer Autoren der 80er Jahre mit aus heutiger Sicht etwas moderneren Plots. Gene Wolfe, Michael Moorcock, Stephen R. Donaldson und Karl E. Wagner wären da zu nennen. Und natürlich würde ich mich freuen, wenn es mir gelänge ein Werk wie George R. R. Martin oder Tad Williams für die Fantasy zu schaffen. Aber das ist so verdammt schwer, wenn nicht sogar beinahe unmöglich.
Im Ueberreuter Verlag erscheinen jetzt im Herbst/Winter gleich drei Bände von Dir, bitte sei doch so nett und schildere uns, worauf sich die Leser da freuen dürfen!
Hm… die Leser können sich auf die ersten drei Teile eines etwas anderen, epischen Fantasyromans in wirklich sehr edler Aufmachung freuen. Der Verlag hat keine Mühen und Kosten gescheut. Die wunderschönen Covers der Romane wurden von Thomas von Kummant beigesteuert. Darüber habe ich mich besonders gefreut. Im ersten Teil geht es darum, die Welt von „Kryson“ und die Charaktere näher kennen zu lernen. Besonderen Wert habe ich auf die Charakterzeichnungen und die Detailtiefe gelegt.
Der Plot des ersten Bandes steuert auf eine sehr große, in Worten deutlich visualisierte und fulminante Entscheidungsschlacht zu, die zugleich den Höhepunkt darstellt. Hier werden die Wurzeln für die weitere Geschichte verankert. Es erwartet den Leser eine detailreich gezeichnete Welt von scheinbar klar abgegrenzten Gegensätzen, die sich im Laufe der Zeit verwischen. Es geht um Liebe, schwere Entscheidungen, Freundschaft, Verrat, Kampf, Krieg, Tod und Verderben. Eine Vielzahl neuer Völker und Kreaturen mit ihren Eigenarten gilt es komplett neu zu entdecken.
Im zweiten Band wird ein neues Volk vorgestellt und die eigentliche Handlung um die magischen Völker vorangetrieben. Ein wesentlicher Handlungsstrang dreht sich um die „Diener des dunklen Hirten“ und ein weiterer um den Helden und dessen große Liebe aus dem ersten Band. Das ist, denke ich, insgesamt sehr spannend geworden. Die verheerenden Folgen des Krieges aus dem ersten Band, Intrigen und Verrat prägen ansonsten die Handlung dieses zweiten Bandes. Im dritten Band schließlich kommen wir zu einem ersten Abschluss des ersten Teils von „Kryson“. Die Lage spitzt sich weiter zu und es kommt zu entscheidenden und wegweisenden Auseinandersetzungen miteinander verfeindeter Protagonisten. Wiederum lernt der Leser ein neues, magisches Volk kennen, das ich besonders gerne mag. Die Felsgeborenen.
Liest Du regelmäßig? Wenn ja, was bevorzugt?
Klar, regelmäßig und viel Lesen gehört für mich untrennbar zum Schreiben dazu. Bevorzugt lese ich … Fantasy. George R. R. Martin mit seinem umfangreichen Epos „Das Lied von Eis und Feuer“ und Tad Williams. Ansonsten findet sich bei mir im Schrank so ziemlich alles und jede Richtung in der Fantasy wieder. Gelegentlich rutscht mir ein Vampirroman oder ein Science-Fiction Buch dazwischen. Zuletzt war es „Vampyricon“ von Douglas Clegg, das ich sehr gut fand und weiter empfehlen kann. Von Markus Heitz habe ich zuletzt „Blutportale“ gelesen und davor „Der Name des Windes“ von Patrick Rothfuss.
Gibt es Menschen, die Dich bei Deinem schriftstellerischen Werdegang unterstützt haben? Freunde, Familie, Kollegen? In Deinen Anfängen und jetzt?
In den Anfängen einer meiner Deutschlehrer, der mich bestärkt hat, weiterhin Geschichten zu schreiben und meine – aus heutiger Sicht – schlechten Schülergeschichten in den offiziellen Schulunterricht am Gymnasium aufgenommen hat.
Und heute? Ja, natürlich. Meine Frau, die mir den Rücken frei hält, damit ich überhaupt schreiben kann.
Verfasst Du auch Kurzgeschichten? Wenn ja, wo sind diese zu finden, und wo kann man sich eventuell bald auf neue Kurzgeschichten von Dir freuen?
Ja, ich schreibe auch Kurzgeschichten.
Die meisten davon sind in diversen Anthologien z.B. des Arcanum Fantasy Verlages (Mystische Schriften 2 und 3) und bei Ueberreuter veröffentlicht worden.
„Die Linsenparty“ findet sich in der Vampirgeschichtenanthologie „Ganz schön bissig“ des Schreiblust-Verlages wieder.
„Der Drache des dunklen Wassers“ findet sich neben Geschichten von Wolfgang Hohlbein, Nina Blazon, Evelyne Okonnek, Christoph Hardebusch, Stephan R. Bellem, Brigitte Melzer, Christoph Marzi und anderen in der wunderschönen Anthologie „Fantastische Kreaturen“ des Ueberreuter Verlages wieder. Wolfgang Hohlbein tritt gleichzeitig als Herausgeber dieser Anthologie auf. Andere wiederum sind im Rahmen der phantastischen Hörbibliothek des Griot Verlages als Hörbuch erschienen. Unter anderem auch „Des Kriegers Herz“ und „Die eiserne Jungfrau“. Hier wird es demnächst eine neue, etwas längere Kurzgeschichte geben. „Die Unheiligen“ wird wiederum von Johannes Steck gesprochen. Den genauen Erscheinungstermin des Hörbuchs kenne ich leider noch nicht.
Und dann natürlich die Geschichten, die ihr auf LITERRA bereits veröffentlicht habt oder demnächst noch veröffentlichen wollt. „Das Wiegenlied der Wölfe“ und „Das Hexenglas“, beide bereits ebenfalls von Johannes Steck und Corvus Corax vertont, sind mit wirklich tollen Graphiken von Crossvalley Smith versehen worden. Die Veröffentlichung von „Der stille Tod“ müsste auf LITERRA noch anstehen. Die eine Gänsehaut verursachende Graphik hast Du mir ja freundlicherweise schon mal zukommen lassen (grinst).
Für die von Dir geplanten Anthologien habe ich ebenfalls Geschichten geschrieben oder arbeite noch daran. „Mein Name sei Antobaal“ beispielsweise und eine winterliche, eiskalte Vampirgeschichte, die ich noch fertig machen muss, und die Dir und den Lesern dann hoffentlich gefallen wird.
Was haben die Leser künftig zu erwarten? Woran arbeitest du gerade? Oder was würde Dich reizen als Nächstes umzusetzen?
Aktuell arbeite ich am vierten Band von „Kryson“. Danach folgen die Bände fünf und sechs.
Was dann kommt, werden wir sehen. Vielleicht ein moderner Vampirroman oder eine Mischung aus Dark Fantasy, Actionthriller und Krimi mit mystischen Einschlägen und diversen Verschwörungen oder die Umsetzung einer Kurzgeschichte in einen Roman mit einem aus meiner Sicht sehr interessanten und sperrigen Protagonisten.
Vielen Dank für das geduldige Beantworten der Fragen! Und viel Erfolg mit Deinen Projekten!
Ich danke Dir für die Fragen und wünsche allen Lesern viel Spaß und Spannung mit meinen Geschichten.