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Als Ludovika 1808 am bayerischen Königshof zur Welt kommt, ist Europa fest in der Hand von Napoleon und München fängt gerade erst an, aus seiner Provinzialität herauszutreten. Über achtzig Jahre später neigt sich das Leben der bayerischen Prinzessin dem Ende zu. Inzwischen ist nicht nur die Stadt, sondern auch die Welt eine andere geworden: Statt der Kutsche reist man mit der Eisenbahn, im herzoglichen Palais klingelt das Telefon und Bayern ist Teil des Deutschen Kaiserreichs. Vor diesem Panoptikum des 19. Jahrhunderts entfaltet sich das Leben einer eigenwilligen Persönlichkeit und ihrer berühmten Familie. Obwohl die Herzogin durch die »Sissi«-Filme als Mutter der österreichischen Kaiserin durchaus eine gewisse Popularität genießt, wurde sie von der Forschung bisher nur wenig beachtet. Weit über 120 Jahre nach ihrem Tod begibt sich der Historiker Christian Sepp auf Spurensuche. Zahlreiche Briefe und weitere bislang unveröffentlichte Quellen dokumentieren eine historische Zeitenwende. Der Autor gibt Ludovika endlich eine Stimme und lässt sie aus dem Schatten ihrer berühmten Verwandtschaft treten. Dabei gelingt es ihm, das eindrucksvolle Bild einer Persönlichkeit zu formen, die durch Witz und Aufrichtigkeit besticht.


Ludovika 

Autor: Christian Sepp  
Verlag: August Dreesbach 
Erschienen: 8. März 2019 
ISBN: 978-3944334875 
Seitenzahl: 500 Seiten


Inhalt, Stil und Sprache
Ludovika von Bayern (1808-1892) – die sich selbst meistens „Louise“ oder „Luise“ nannte – wurde als Tochter des ersten bayerischen Königs Max Joseph und seiner zweiten Frau Karoline v. Baden geboren. Sie hatte das Glück, in einer liebevollen Familie aufzuwachsen, wo der Vater sich um seine Kinder kümmerte, mit ihnen spielte und stets präsent für sie war. Umso mehr hat sie später in einer lieblosen Ehe mit ihrem Cousin Herzog Max in Bayern - dem nicht nur seine Frau, sondern auch sein Nachwuchs nicht viel bedeutete und der nur selten zu Hause war – gelitten.
Dieses Buch räumt gründlich mit der Nostalgie der kitschig-süßlichen Darstellung des prominenten Ehepaares aus den „Sissi-Filmen“ der 50ger Jahre auf, wo das Schicksal ihrer noch bekannteren Tochter – Kaiserin Elisabeth von Österreich – ein Millionenpublikum zu Tränen rührte.
Die Wahrheit sah allerdings sehr viel anders aus und das schildert der Autor in der Lebensgeschichte von Ludovika und ihren Kindern spannend und mit großer historische Genauigkeit.
Der Untertitel des Buches lautet. „Sisis Mutter und ihr Jahrhundert“ und da die Herzogin 84 Jahre alt wurde, hat sie tatsächlich die gravierendsten Ereignisse und Umbrüche, Revolutionen und industriellen Fortschritte des 19. Jahrhunderts aus nächster Nähe miterlebt, da ihre weit verzweigte Familie in halb Europa an der Spitze der Staaten stand: Ihre Halbschwester Charlotte und ihre Tochter Elisabeth waren Kaiserinnen von Österreich, eine andere Halbschwester die Gattin von Napoleons Stiefsohn Eugéne de Beauharnais, drei ihrer leiblichen Schwestern waren Königinnen von Preußen und Sachsen, ihre Tochter Marie Königin von Neapel, König Ludwig I. v. Bayern war ihr Halbbruder, sein Sohn Otto König von Griechenland, sein Enkel Ludwig II. ihr Großneffe und kurze Zeit der Verlobte ihrer Tochter Sophie Charlotte. Im Vergleich dazu war Ludovika als Herzogin „in Bayern“ - das heißt, dass ihr Gatte Max kein regierender Fürst war – ihrem Rang nach eher unbedeutend und vielleicht gibt es daher auch nur wenig Quellenmaterial über sie, aber als nahe Verwandte der genannten Personen spielte sie eben doch eine gewisse Rolle.

In seinem Vorwort beschreibt Christian Sepp die Schwierigkeiten, viele gesicherte Fakten über Ludovika zu finden. Manches ist nicht verwertbar, weil es noch nicht geordnet ist, anderes wurde von ihr vielleicht vernichtet – so gibt es z.B. Briefe an ihre Nichte Auguste, Gattin des Prinzen Luitpold, aber nicht deren Antworten an Ludovika - also hat er ihr Leben teilweise an Hand von Urkunden, Briefen und Berichten nachgezeichnet, die ihm über ihr familiäres Umfeld zugänglich waren. Dabei sagt er aber des Öfteren ganz klar, dass einige Situationen nicht genau belegt sind, sondern sich aus späteren Ereignissen heraus ergeben oder besondere Umstände darauf schließen lassen, wie es gewesen sein könnte. So wäre Ludovika bestimmt nicht in Trauerkleidung – da sie direkt von einem Kondolenzbesuch kamen – mit Helene und Elisabeth in Ischl zum Treffen mit Kaiser Franz Joseph angereist, wenn zu dem Zeitpunkt bereits eine Absprache mit ihrer Schwester Sophie – der Mutter des Kaisers - über seine Heirat mit einer der beiden Prinzessinen bestanden hätte. Dieses Argument erscheint mir durchaus schlüssig. Da die Herzogin bei der Erziehung ihrer acht überlebenden Kinder – der zweite Sohn starb bereits nach wenigen Monaten – von ihrem fast ständig abwesenden Gemahl kaum unterstützt wurde, war sie diejenige, die ihnen ein liebevolles Familienleben schuf. Dabei achtete sie zwar streng auf eine umfassende Bildung, Ordnung und Diziplin, aber auch darauf, dass Erholung und Unterhaltung nicht zu kurz kamen. Aufenthalt und Bewegung an der frischen Luft waren ihr sehr wichtig und sicher hat Kaiserin Elisabeth ihre Ausdauer bei stundenlangen Wanderungen von ihrer Mutter geerbt.
 
Obwohl eine Biografie, liest sich dieses Buch sehr angenehm und flüssig. Christian Sepp streut immer wieder kleine Anekdoten ein – zum Beispiel über die Beliebtheit und Leutseligkeit von Ludovikas Vater Max Joseph und ihre glückliche Kindheit – die das Lesen zu einer wirklichen Freude machen. Das beweist, dass sich historische Kompetenz und ein schöner, sprachlich anspruchsvoller und sehr interessanter Stil nicht ausschließen müssen.


Aufmachung des Buches
Das Hardcover zeigt auf der Vorderseite ein Gemälde der Herzogin Ludovika in Bayern von 1830. Das Buch selbst ist dunkelrot, mit einem Lesebändchen in gleicher Farbe und mit blauem Schnitt und Innendeckeln. Auf dem Vorsatztitel ist eine kurze Charakterisierung, mit der Herzogin Amelie in Bayern ihre Großmutter beschrieb, daran anschließend das Inhaltsverzeichnis, die Widmung und ein Gedicht, das Kaiserin Elisabeth von Österreich zum 80. Geburtstag (1888) ihrer Mutter verfasste.

Auf das Vorwort des Autors zur Entstehung des Buches folgen 3 Hauptteile mit 30 Kapiteln. Der umfangreiche Anhang enthält eine Danksagung, Anmerkungen zu den Quellen der einzelnen Kapitel, ausführliche Kurzbiografien zu den wichtigsten Personen, ein alphabetisches Personenregister, Quellen- und Literaturnachweise, einen Bildnachweis für die zahlreichen Abbildungen, sowie 6 Stammtafeln der engsten Familie  der Herzogin Ludovika in Bayern, geb. Prinzessin von Bayern.


Fazit
Dieses Buch hat mich fasziniert und wirklich begeistert. Herzogin Ludovika in Bayern war eine sehr bemerkens- und liebenswerte Frau, der Christian Sepp mit dieser wunderschönen Biografie – einer der besten, die ich bisher gelesen habe - ein würdiges Denkmal gesetzt hat.

 


5 Sterne


Hinweise
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