Drucken
Kategorie: 1800 – 1900 Romantik, Biedermeier, Gründerzeit usw

Verstoßen und verleugnet – das Leben der Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld war kurz und skandalreich. Lebenslustig und frei aufgewachsen, zerbrach sie an den höfischen Zwängen ihrer Zeit und einer lieblosen Ehe. Sie wurde des Ehebruchs bezichtigt und vom Hof verstoßen. Ihr Sohn Albert jedoch heiratete die mächtige Queen Victoria.

 

Die Schand Luise 

 
Autor: Ulrike Grunewald
Verlag: wbg. Theiss 
Erschienen: 11. Februar 2019 
ISBN: 978-3806238891 
Seitenzahl: 288 Seiten

Hier geht's zur Leseprobe


Inhalt, Stil und Sprache
Herzogin Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld, geb. Prinzessin von Sachsen-Coburg-Altenburg (1800-1831) dürfte nur wenigen – selbst historisch interessierten – Lesern bekannt sein. Und doch erscheint sie in vielen Ahnentafeln des europäischen Hochadels, denn sie war die Mutter des Prinzen Albert von Sachsen-Coburg-Gotha und damit die Schwiegermutter der Queen Victoria. Deren 9 Kinder und 40 Enkel trugen ihr den Beinamen „Großmutter Europas“ ein und demzufolge wäre also Herzogin Luise die „Urgroßmutter Europas“. Aber wer war diese Frau und warum weiß man kaum etwas über sie? Dieser Frage geht Ulrike Grunewald – Redakteurin und Regisseurin in der ZDF-Redaktion „Zeitgeschehen“ – in ihrem Buch nach.

Queen Victoria hat ihre Schwiegermutter nie kennen gelernt, denn sie starb bereits mit 31 Jahren und hatte Albert – und seinen ein Jahr älteren Bruder Ernst – seit 1824 nicht mehr wiedersehen dürfen. Sie war ein Opfer ihrer Zeit, in der Männern fast alles erlaubt war und Ehefrauen still zu dulden und die Eskapaden ihrer Gatten zu ignorieren hatten, vor allem, wenn sie den „besseren“ oder gar höchsten Kreisen angehörten. Allerdings war Prinzessin Luise ihrer ganzen Erziehung nach nicht dazu bereit. Ihre Mutter starb wenige Tage nach ihrer Geburt und ihr Vater heiratete zwar kurz darauf wieder, aber er war ein Freigeist, der seiner Tochter keine Grenzen setzte, wie es damals – gerade für Mädchen – üblich war und so wuchs sie völlig unbeschwert und ohne Zwänge auf.

Bevor Ulrike Grunewald sich aber ihrer Kindheit und Jugend im Elternhaus widmet, nimmt sie den Leser zunächst auf die Suche nach dem Grab der Herzogin mit, denn sie beginnt deren Geschichte vom Ende her, 1846 in der kleinen Kirche von Pfeffelbach, wo Luise nach ihrem frühen Tod in Paris im Jahr 1831 beigesetzt wurde. Nun, nach dem Ableben ihres ersten Gatten – des Herzogs Ernst von Sachsen-Coburg-Saalfeld, später Gotha, nachdem er seinen Schwiegervater beerbt hatte – wagen es ihre Söhne Ernst und Albert, sich um eine würdigere Grabstätte für ihre Mutter zu kümmern. Bei ihrer Verbannung waren sie erst 6 bzw. 5 Jahre alt und hatten keine Ahnung, warum sie so plötzlich verschwand. Prinz Albert soll zeitlebens sehr darunter gelitten haben, weil er nie erfuhr, was die tatsächlichen Gründe dafür waren und ihn die  Gerüchte und Verleumdungen über die „Schand-Luise“ beschämten. Dabei hatte die 16jährige Prinzessin bei ihrer Hochzeit wirklich geglaubt, eine Liebesheirat einzugehen. Sie wusste nicht, dass Herzog Ernst nur auf der Suche nach einer reichen, ebenbürtigen Frau war und dass eben diese höchsten Kreise sich – auf Grund seines liederlichen Lebenswandels – hüteten, ihn in ihrer Familie zu akzeptieren. Luises Vater und ihre Stiefmutter mochten den Bewerber zwar nicht besonders, aber da sie ihrer Tochter jeden Wunsch erfüllten, gaben sie ihr Einverständnis zur Heirat und damit begann ihr Unglück.

Nachdem die Geburt zweier Söhne die Nachfolge sichert, wendet Herzog Ernst sich immer mehr von seiner Frau ab, lässt sie viel allein und geht zunehmend eigene Wege. In ihrer Einsamkeit versucht sie, ihn durch Eifersucht zurück zu gewinnen und lässt sich von einigen jungen Herren den Hof machen. Damit gibt sie ihrem Gemahl eine Waffe in die Hand, um sie loszuwerden. Er beschuldigt Luise des Ehebruchs, was bei der Gattin eines regierenden Fürsten dem Hochverrat gleichkommt. Sie wird vom Hof verstoßen und von ihren Kindern getrennt, während er ihr Vermögen selbstverständlich behält. In der kleinen Coburger Enklave Lichtenberg lebt sie zurückgezogen mit ihrem zweiten Gatten – den sie mit ausdrücklicher Erlaubnis des ersten heiraten durfte – und stirbt mit nur 31 Jahren während einer Krebsbehandlung in Paris.

Neben der traurigen Geschichte der herzoglichen Ehe spielen auch weitere Mitglieder des Hauses Sachsen-Coburg eine Rolle und werden von Ulrike Grunewald sehr authentisch geschildert. Es handelt sich um die Geschwister des Herzogs, mit denen sich Luise anfangs recht gut versteht. Besonders Herzog Leopold unterstützt sie zunächst, ehe er doch für seinen Bruder Partei ergreift. Durch seine Heirat mit der englischen Thronfolgerin Charlotte – die aber nach nur 18 Monaten mit ihrem Sohn im Kindbett stirbt – knüpft er die Verbindung seiner Schwester Victoire mit dem Herzog von Kent, aus der die spätere Queen Victoria stammt, die wiederum Luises Sohn Albert – Leopolds Neffen – heiraten und damit zum weiteren Aufstieg des Hauses Sachsen-Coburg-Gotha beitragen wird.


Aufmachung des Buches
Das dunkelrote, gebundene Buch trägt auf dem Rücken den Titel und den Namen der Autorin. Zwischen Vorwort und Epilog liegen 11 Kapitel, deren Titel man dem Inhaltsverzeichnis am Anfang entnehmen kann. Dem Nachwort „Über dieses Buch“ folgt ein Anhang mit Erklärungen zu den Anmerkungsziffern, sowie ein Literatur- und Bildnachweis der verwendeten Quellen und der 12 Abbildungen, die das Buch enthält.

Der Schutzumschlag zeigt Prinzessin Luise von Sachsen-Coburg-Altenburg im Alter von 13 Jahren auf einem Gemälde von Ludwig Döll.


Fazit
Die Autorin hat sich seit mehreren Jahren mit Herzogin Luises Schicksal beschäftigt und auch 2013 mit einer Arbeit über sie promoviert. Sie zeigt dem Leser das Bild einer mutigen jungen Frau, die um ihre Freiheit und ihr persönliches Glück kämpft - aber an den gesellschaftlichen Konventionen zu Beginn des 19. Jahrhunderts scheitert – und die es verdient hat, den ihr zustehenden Platz in der Geschichte einzunehmen.


4 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de oder deinem Buchhändler vor Ort

Anlässlich der diesjährigen 200. Geburtstage von Queen Victoria und Prinz Albert dreht die Autorin Ulrike Grunewald z.Zt. eine Doku-Reihe für das ZDF, die sich den deutschen Wurzeln von Queen Elizabeth II. widmet und im Herbst ausgestrahlt werden soll.