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Kategorie: Ratgeber

Über eine Million engagierte Menschen arbeiten bei ambulanten Pflegediensten oder in Pflegeheimen. Ein Drittel von ihnen gilt als Burnout-gefährdet, weil von der anfänglichen Motivation, anderen Menschen zu helfen, kaum noch etwas übrig ist. Die Hilfsbereitschaft wurde vom geldorientierten System zerrieben.
Über drei Millionen Menschen gelten als pflegebedürftig. Besonders Menschen mit Behinderung sind frustriert von einem System, das sie in Sachleistung und damit in der Fremdbestimmung hält. Sie wollen ein eigenverantwortliches Leben führen und über ihren Tagesablauf selbst bestimmen können. Diese Möglichkeit haben sie als Arbeitgeber mit dem Persönlichen Budget.
In Teil 1 des vorliegenden Buches stellen 16 Betroffene vor, wie sich ihr Leben dank des Persönlichen Budgets positiv veränderte. Im zweiten Teil erläutert der Autor die einzelnen Schritte, Schriftstücke und Gespräche, die zur Beantragung und zum Leben mit dem persönlichen Budget mit der neuen Gesetzgebung seit 2018 notwendig sind. Der Weg ist nicht einfach, denn oft gilt es noch, die Leistungsträger von der Sinnhaftigkeit des Persönlichen Budgets zu überzeugen.

 

So menschlich kann Pflege sein 

Autor: Ralf Monréal
Verlag: Proroba Verlag GmbH
Erschienen: 5. März 2018
ISBN: 978-3-96373-000-9
Seitenzahl: 160 Seiten


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Der Rückseitentext des Buches trifft den Inhalt des Buches sehr gut, denn ob Kind oder Erwachsener, ganz gleich ob es eine angeborene Beeinträchtigung ist, ein Unfall, Schlaganfall, vielleicht eine (übergangene) Krankheit, mit einem Mal ist nichts mehr so wie zuvor. Sei es als direkt betroffener Patient oder als nächster Angehöriger.

Wenn sich mit einem Mal die Lebensumstände um 180° verändern und die eigene Welt scheinbar plötzlich auf dem Kopf steht, braucht es viel Kraft und Unterstützung, um das neue Leben in Angriff zu nehmen. Bald stehen (Existenz)Ängste und viele Fragen wie: „Was nun?“, „Wie sollen wir das schaffen?“, „Wie geht es jetzt weiter?“  oder „Ist das Heim ein „Muss“ oder kann ich Pflege und Unterstützung bei mir zu Hause bekommen?“ im Raum. Wohlmeinenden Ratschlägen von „Hinz und Kunz“ ausgeliefert und vor der (oft großen) Schwierigkeit stehend, für die jeweilige Person sinnvolle, im besten Fall maßgeschneiderte Hilfe von den Leistungsträgern zu erhalten, fühlen sich viele Betroffenen mit ihren Sorgen und Nöten allein gelassen.    

Im ersten Teil seines Buches „So menschlich kann Pflege sein – Persönliches Budget kontra Fremdbestimmung“ stellt der Autor Ralf Monréal 16 Einzelschicksale von Betroffenen vor, erzählt von ihrer Beeinträchtigung und von ihrem Kampf um Selbstbestimmung. Er berichtet von den Hindernissen, mit denen die Menschen zu kämpfen hatten, von den Sonnen- und Schattenseiten und davon, wie sie es geschafft haben, ihr Wunschleben zu erkämpfen. Die Geschichten zeigen, wie schwer, aber gleichzeitig wie lohnend der Kampf für ein Leben ist, in dem die Betroffenen der Mittelpunkt sind. Plötzlich sind Fortschritte möglich, die in einem Heim kaum zu schaffen wären. Persönliche Assistenten, die alleine für „Ihren“ Patienten zuständig sind und daher auf jedes spezielle Bedürfnis des gehandicapten Menschen Rücksicht nehmen können. Denn mit Hilfe des „Persönlichen Budgets“, geben die "Klienten" als Arbeitgeber selbst die Richtung an. Sie alleine entscheiden, welche Art der Unterstützung für sie persönlich sinnvoll und notwendig ist, wie sie auszusehen hat und wie lange sie dauert.

Im zweiten Teil des Buches geht’s ans „Eingemachte“, denn hier wird der Weg zum Persönlichen Budget aufgezeigt. Es werden Anspruch und Geltungsbereich des PBs geklärt, Beispiele für den Klientenvertrag, eine Vollmacht oder das Anschreiben für einen Antrag besprochen und vorgestellt. Auch wie es weitergeht, von der Bedarfsfeststellung über die Zielvereinbarung bis hin zum Bewilligungsbescheid; in diesem Teil des Buches wird Klartext geredet. Am Schluss findet man noch einen Artikel der UN-Behindertenkonvention, das Grundgesetz Artikel 3 Absatz 3, einen relevanten Artikel des Bundesteilhabegesetzes und Auszüge aus den Sozialgesetzbüchern im Anhang. 

Eines wird bei der Lektüre des Buches schnell klar, der Weg zum Persönlichen Budget in Deutschland und Österreich ist zwar oft steinig, aber wenn man es geschafft hat, seinen Anspruch durchzusetzen, dann räumt es den Betroffenen die größtmögliche Entscheidungsfreiheit für ihr Leben ein. Für alle Betroffenen, ob selbst gehandicapt, Familienmitglied oder enge Freunde, ist dieses Buch Hoffnung und Ermunterung zugleich und wird mit Sicherheit wertvolle Hilfestellung beim Beantragen des Persönlichen Budgets leisten können.


Aufmachung des Buches
Das Coverbild des Klappbroschurbuches zeigt ein Stück bröckelnder Mauer vor einem von einem  Sonnenauf- oder Untergang gefärbten Himmel. Auf der vorderen Innenklappe findet man die bebilderte Kurzvita und eine kurze Stellungnahme zum Thema „Persönliches Budget“ des Autors. Auf der rückwärtigen Innenklappe stellt sich das Unternehmen „proroba“ kurz selbst vor und berichtet in wenigen Worten von seiner Arbeit im Bereich Budget-Assistenz und seiner Mitwirkung bei der Entstehung dieses informativen Ratgebers bzw. Erfahrungsberichtes.

Das Buch besteht aus zwei Teilen. Einer kurzen Widmung bzw. Danksagung folgen der Titel, das Impressum und ein übersichtliches gut gegliedertes Inhaltsverzeichnis. Nach einem Kommentar zum Persönlichen Budget von Nadine K. folgen ein Vorwort, der erste Teil des Buches mit 16 Erlebnisberichten von Betroffenen. Im zweiten Teil geht es weiter mit der detaillierten Beschreibung der einzelnen Schritte zur Beantragung des Persönlichen Budgets, Beispielanträgen, Beispielverträgen, Zielvereinbarungen und im Anhang mit den wichtigsten Paragrafen aus den Sozialgesetzbüchern.  


Fazit
Überaus wertvoll, sehr wichtig, besonders hilfreich und äußerst empfehlenswert! Für alle Menschen mit Behinderung, die ein selbst bestimmtes Leben führen möchten und für alle Personen, die für einen geliebten, gehandicapten Menschen die optimale Pflege in seinem eigenen Zuhause ermöglichen wollen. Der Autor Ralf Monréal zeigt anhand der Menschen hinter den schweren Schicksalen im Buch und der genauen Beschreibung der Vorgehensweisen auf dem Weg zum Persönlichen Budget, wie man den Wunsch nach Selbstbestimmung – trotz aller Hürden und Widerstände – möglich machen kann.


5 Sterne


Hinweise
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