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Zum Vergnügen seiner Kinder schrieb und zeichnete J.R.R. Tolkien das kleine Bilderbuch vom Herrn Glück und seinen Abenteuern. Das Original wird hier zum ersten Mal faksimiliert – hübsch geschriebene und mit fein kolorierten Zeichnungen versehene Blätter voller überraschender und witziger Details. 

Es ist die Geschichte eines Exzentrikers: Herr Glück, berühmt wegen seiner Vorliebe für hohe Hüte und dem Giraffinchen, das in seinem Garten lebt, beschließt eines Tages, ein Automobil zu kaufen. Seine erste Fahrt soll dem Besuch von Freunden gelten, doch die Hindernisse, die sich ihm in den Weg stellen, erfordern alle Umsicht. 

 

Herr Glueck 

Originaltitel: Mr. Bliss
Autor: J.R.R. Tolkien
Übersetzer: Anja Hegemann
Verlag: Hobbit Presse / Klett-Cotta
Erschienen: 1983
ISBN: 978-3-608-95221-6
Seitenzahl: 106 Seiten

 

 

Die Grundidee der Handlung
In der Nähe eines Dorfes irgendwo im Nirgendwo wohnt Herr Glück mit dem Giraffinchen. Eines Tages beschließt er, sich ein Auto zu kaufen und auch gleich eine kleine Ausfahrt zu machen. Da bietet sich ein Besuch bei seinen Freunden, den Moppels, geradezu an. Gedacht, getan. Wo er das Autofahren gelernt hat, weiß man nicht, aber arg viel kann es nicht gewesen sein, das man ihm beigebracht hat, denn er fährt erst Herrn Knapp, dann Frau Ritter über den Haufen. Beide wollen nun unbedingt mitsamt ihrem Hab und Gut (Kohl, Bananen und einem Esel) an dem Ausflug teilnehmen - und wer nun gedacht hat, "Genug der Kalamitäten", der irrt sich, denn es geht genauso turbulent weiter. Im Wald warten schon die Bären auf die Gesellschaft und verlangen Wegezoll ... Wie es sich für eine gute Geschichte gehört, wendet sich dann alles zum Guten und zum Schluss wird sogar noch eine Hochzeit gefeiert.

Mit reichlich Slapstick und kuriosen Ideen bereitet Tolkien seine eigenen Erlebnisse als Fahranfänger für seine Kinder auf. Lachen garantiert. 


Stil und Sprache
Tolkien beginnt zunächst ganz gemütlich mit wenig Text und einfachen Sätzen. Er lässt hier noch mehr die Bilder sprechen (deren Zahl im Laufe der Geschichte immer mehr abnimmt). Im selben Maß wie die Komplexität der Erzählung zunimmt, schreitet auch der sprachliche Ausdruck voran; die Sätze werden länger und die Wortwahl vielfältiger, ohne die jungen Leser dabei zu überfordern.

Zur Lebendigkeit der Geschichte tragen auch die Dialoge bei. Die vom Autor teils verwendete Umgangssprache erhöht zum einen den Reiz der Erzählung, zum anderen schafft sie Authentizität – irgendwo da draußen lebt das Giraffinchen ganz bestimmt!

Der Sprachwitz des Originals (es ist der Übersetzung gegenüber gestellt) kommt leider nicht so ganz zum Tragen, weil einiges im Deutschen einfach nicht funktionieren kann. Man mag das bedauern, der Geschichte tut es keinen Abbruch. 


Figuren
Ganz klar ist Herr Glück, die Hauptfigur, exzentrisch, ein bisschen eigenbrötlerisch und nicht der mutigste. So richtig ausgearbeitet ist die Figur leider nicht und auch zur Identifikation taugt sie wenig. Die Nebenfiguren dagegen sind besser ausgearbeitet. Alle, einschließlich dem Giraffinchen, wirken so, als könnten sie einem an der nächsten Ecke begegnen. Vielleicht lässt sich dieser Umstand so erklären, dass es sich bei "Herrn Glück" um eine Kunstfigur handelt, während es für die anderen Beteiligten reale oder literarische Vorbilder gibt. Auf jeden Fall hat man das Gefühl, den einen oder anderen gut zu kennen. 


Aufmachung des Buches
Zunächst zu den Äußerlichkeiten: Das Hardcover im Querformat verfügt über einen Schutzumschlag, griffiges, festes Papier, das in einem ganz zarten Gelb gehalten ist und den Augen gut tut. Die gute Ausstattung durch den Verlag zeigt sich auch darin, dass das Buch fadengeheftet ist. Der Schutzumschlag und das Buch sind in ihrer Gestaltung identisch, so zeigt das Cover Herrn Glück in seinem Auto auf gelbem Grund, die Rückseite gibt eine Szene aus dem Buch wieder.

Durch das Querformat und die unorthodoxen Zeichnungen fällt es aus dem Rahmen der üblichen Publikationen und passt so wunderbar zur Geschichte, die ihrerseits einiges an Ungewöhnlichem zu bieten hat. Die Zeichnungen finden sich in reicher Zahl im Inneren des Buches und illustrieren den Inhalt. Sie stammen von Tolkien selbst und man sieht, dass sie ursprünglich nur für den Hausgebrauch gedacht waren. Die fehlende Kunstfertigkeit könnte man bemängeln, aber durch ihre Detailfreudigkeit und heitere Ausstrahlung macht es einfach Spaß, sie zu betrachten. Wer Tolkien als Künstler der späteren Jahre kennt, der wird hier erste Ansätze für seinen speziellen Stil erkennen können, so auf den Seiten 29 und 61.

Wie bereits erwähnt, ist dem deutschen Text der Englische gegenübergestellt. Da dieser Tolkiens handschriftlichen Originaltext wiedergibt, ist er zeitweise schwer lesbar. Aber auch das trägt zur Authentizität des Buches bei. Man sieht ihn förmlich vor sich, wie er rasch noch ein paar Zeilen aufs Papier wirft, damit es weitergehen kann bei der abendlichen Vorleserunde mit seinen Kindern. 


Fazit
Eine warmherzige Geschichte mit vielen witzigen Ideen und unerwarteten Wendungen, die nicht nur Kindern, sondern auch jung gebliebenen Erwachsenen Freude bereitet. Für Tolkienfans, für die der Autor mehr ist als der Erfinder des "Herrn der Ringe", ein Muss.

5 Sterne


Hinweise
Das Buch ist nur noch antiquarisch oder als Hörbuch erhältlich.

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