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Gefangen im tiefsten aller Wälder. Gefangen in der eigenen Seele.

Ronja und Jannik führen ein Leben ohne Zukunft, seit sie als Kinder von einem gewissenlosen Entführer tief in den Wald verschleppt wurden. Eines Tages gerät die Situation außer Kontrolle, und die langersehnte Freiheit ist zum Greifen nahe. Doch was so lange ein Wunschtraum war, erscheint ihnen plötzlich fremd und beängstigend. Und die Jagd auf sie hat bereits begonnen…

 

So dunkel der Wald 

Autor: Michaela Kastel
Verlag: emons
Erschienen: 03/2018
ISBN: 978-3740802936
Seitenzahl: 304 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Ronja ist eine Gefangene: Vor zehn Jahren wurde sie als Kind von „Paps“ entführt und in dessen Hütte im Wald verschleppt. Jannik teilt ihr Schicksal, er lebt schon ein paar Jahre länger bei dem grausamen Entführer, der immer wieder „Nachschub“ an Kindern anschleppt, sie missbraucht und furchtbar bestraft, wenn sie nicht gehorchen. Ronja und Jannik sind inzwischen den Misshandlungen entwachsen und kümmern sich um die Kinder – selbst immer auf der Hut vor „Paps“, der völlig unberechenbar bestraft, tötet und zu fast jeder Grausamkeit fähig zu sein scheint. Als Ronja zu fliehen versucht, passiert etwas, das zunächst wie eine Befreiung erscheint, sich dann aber ins Gegenteil verkehrt…

Ich bin immer etwas vorsichtig, wenn Bücher schon vorab als „Ausnahme-Thriller“ bezeichnet werden, vor allem, wenn es sich um junge Autoren mit bisher nur wenigen Veröffentlichungen handelt. In diesem Fall aber behält die vollmundige Ankündigung recht, dieser Thriller überrascht und fasziniert von der ersten bis zur letzten Seite.


Stil und Sprache
Ronja erzählt ihre Geschichte in der Ich-Form und nimmt kein Blatt vor den Mund. Schonungslos zieht sie den Leser hinein in ihre Welt: Eine Welt voller Schrecken und Grausamkeit, mitten im Wald und ohne Ausweg. In einigen wenigen Kapitel begleiten wir außerdem Sarah Wiesinger, eine junge Polizistin, die an einem aktuellen Fall arbeitet: Ein kleines Mädchen ist spurlos verschwunden. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf Ronja und Jannik, deren Empfindungen und Träumen, die einander ähnlich und doch so unterschiedlich sind. Beide wünschen sich nichts mehr als Freiheit, wenn auch auf sehr verschiedene Weise.

Michaela Kastel hat eine unglaubliche Fähigkeit, mit wenigen Worten Atmosphäre zu schaffen, die klaustrophobische Enge und Dunkelheit im „Sonnenloch“ greifbar zu machen und auch die Beziehung zwischen Jannik und Ronja in knappe Sätze zu fassen: „Unsere Blicke krachen aneinander.“ (S. 259). Das und die Geschichte an sich sorgen für eine unglaubliche Dichte und trotz aller (zum Teil nur angedeuteten) Grausamkeiten kann man dieses Buch einfach nicht zur Seite legen.

Und wer glaubt, dass die Flucht aus dem Wald die eigentliche Geschichte ist, der irrt ganz gewaltig. Vielmehr geht es um das Danach, den Umgang mit plötzlicher Freiheit und was man daraus macht oder eben nicht. Meint man, der Eskalationspunkt sei mit dem Aufstöbern der Flüchtigen bereits erreicht, so sollte man dringend weiterlesen, denn das war noch lange nicht alles.


Figuren
Ronja kennt kaum ein anderes Leben als das im Wald, als „Haushälterin“ bei dem Mann, der sie vor zehn Jahren entführte. Nicht nur physische Gewalt wurde ihr angetan, auch psychisch wurde sie gebrochen, ihr eingebläut, dass niemand sie mehr will und sie überall außerhalb der kleinen Welt, in der sie lebt, nicht willkommen ist. Und doch hat sie einen Funken Überlebenswillen bewahrt, der sie trotz aller Qualen an Flucht denken lässt. Sie ist die wahrhaft starke Persönlichkeit dieses Romans, auch wenn es anders aussieht. Jannik dagegen bleibt lange undurchschaubar, zwar will er ebenso wie Ronja frei sein, aber seine Art von Freiheit stellt sich als eine ganz andere heraus…

“Paps“ tritt nur im ersten Teil des Romans auf und man bekommt nur einen vagen Eindruck, warum er so wurde wie er ist. Seine auch später noch starke Präsenz in den Gedanken der Entführten lässt einen sogar auf dem sicheren Sofa noch schaudern, so ausgeprägt ist sie. Auch Sarah Wiesinger ist kaum eine Hauptfigur, zwar Polizistin, aber dennoch erstaunlich naiv und vertrauensselig, was ihr beinahe zum Verhängnis wird. An ihr zeigt sich Janniks wahres Empfinden, seine manipulative Art und Weise und sein absolut furchtbares Denken, das ihm als Kind antrainiert wurde.

Die Charakterisierung der Protagonisten ist das, was diesen Ausnahme-Thriller ausmacht. Die psychischen Grausamkeiten haben bei allen Spuren hinterlassen, vielfach gebrochene Menschen suchen ein winziges Stück Glück und Zufriedenheit und scheitern doch immer wieder an sich selbst und den Menschen, mit denen sie leben müssen.


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch zeigt auf dem Schutzumschlag einen ausgesprochen düsteren Wald, in dem eine Frauengestalt ins Licht zu gehen scheint. Der Titel ist in einem dunkel glänzenden Kupferton aufgebracht, der bei direktem Draufblick kaum zu lesen ist und erst in schrägem Licht seine wahre Farbe zeigt. Sehr passend und atmosphärisch! Innen gibt es 39 nummerierte Kapitel und ab und zu in kursiver Schrift gedruckte Tagebucheinträge.


Fazit
Die Autorin schreibt in ihrer Danksagung: „Es gibt Romane, die sind mehr als nur Worte und Gefühle und Handwerk.“ Dem habe ich  nichts hinzuzufügen.


5 Sterne


Hinweise
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