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Die Zerstörung der indianischen Welt – umfassend und neu erzählt

Aram Mattioli erzählt die Geschichte Nordamerikas zwischen 1700 und 1900 aus der Sicht der First Peoples. Eingehend ergründet er die Motive aller Seiten im erbarmungslosen Kampf um den Kontinent, der zur Vernichtung der Lebensformen und der Kultur der Indianer führte.

 

Verlorene Welten 

Autor: Aram Mattioli
Verlag: Klett-Cotta
Erschienen: April 2017
ISBN: 978-3-608-94914-8
Seitenzahl: 464 Seiten

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Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
In diesem umfassenden Werk beleuchtet der Autor Aram Mattioli sehr eindrücklich die Ereignisse der First People in Amerika zwischen 1700 und 1900 im großen Ganzen und im Einzelnen aus Sicht vieler Indianerstämme. Er bezieht dabei nicht direkt Partei, schreibt geradezu nüchtern und ohne Verurteilung, was der Erzählung noch viel mehr Gewicht verleiht. Was zu Beginn eher als eine Anreihung von Fakten daherkommt, entwickelt bald beim Leser ein Eigenleben, lässt die Schrecken auferstehen und hat bei mir teilweise regelrecht zu Entsetzen geführt.

Durch einen Artikel mit dem Titel „Sie hatten keine Chance“ in unserer Zeitung bin ich auf das Buch aufmerksam geworden, dessen Titel treffender nicht sein kann. Die verschiedenen indianischen Völker verfolgten ganz unterschiedliche, im Buch beschriebene Strategien, die trotzdem alle ins Verderben führten. Der Druck der Siedler, die grausame Politik der Unterdrückung und das Ziel der völligen Auslöschung wurde auf so vielfältige Weise über Jahrhunderte verfolgt. Es gibt belegte Fälle von gezielten Auslöschungen durch die Pocken, denen die First People beinahe nichts entgegenzusetzen hatten und mit 90 % Sterblichkeit die Bevölkerung ganzer Dörfer und Landstriche auslöschten. Oder es wurde ihnen das Land systematisch gestohlen, die überlebenden Familien auseinandergerissen und die Felder und Vorräte vernichtet. Mit dem Abschlachten ganzer Bisonherden war letztendlich die Grundlage für ihr Überleben in der Freiheit gänzlich zerstört.

Eindrücklich zeigt der Autor auf, wie es über die Zeit auch keine Rolle spielte, ob die verschiedenen Völker für die Spanier, Franzosen, Engländer oder die Amerikaner Partei ergriffen, an deren Seite gekämpft oder sich dem Diktat der Invasoren fast von Beginn weg gefügt hatten. Ihnen wurden immer wieder Verträge aufgedrängt oder unter falschen Versprechungen erschlichen, um dann einer nach dem anderen geändert, ersetzt oder einfach missachtet zu werden.

Aram Mattioli beleuchtet auch die Betrachtungsweise der Siedler und mit der Unabhängigkeit Amerikas die Seite der letzten Eroberer. Mitunter kann man ihre Haltung unter dem Aspekt der ständigen Propaganda, dass die indigenen Völker auf der untersten Stufe der Zivilisation angesiedelt sind, beinahe verstehen, nur um einige Seiten später wieder inne zu halten mit dem Gedanken: Das kann doch einfach nicht wahr sein!


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch ist mit einem passenden Schutzumschlag versehen, der auf einem grauen, leicht verschwommenen Hintergrund eines Flusses einen einzelnen Indianer zeigt. Die Rückseite des Umschlages mit der kurzen Inhaltsangabe ist gänzlich weiß. Der feste Einband ist braun und ihm wurde nur auf dem Rücken die Schriftzüge eingeprägt. Im Inneren befindet sich zuerst eine Karte des indianischen Nordamerika um 1700, bevor ein ausführliches Inhaltsverzeichnis abgedruckt ist. Auch in den Kapiteln gibt es immer wieder Karten, auf denen man die Veränderungen der Machtverhältnisse sowie Gebietszuteilungen entnehmen kann. Am Ende sind ausführliche Bemerkungen, Namensregister und eine Zeittafel eingefügt. Eine letzte Karte mit den indianischen Gebietsverlusten von 1860 bis 1890 und den Reservaten beschließt den Band.


Fazit
Sie hatten keine Chance. Sehr eindrücklich und ohne Partei zu ergreifen beschreibt Aram Mattioli die Geschichte der Indianer und die Eroberung ihrer Existenzgrundlagen durch die Siedler. Der nüchterne Schreibstil lässt viel Raum für eigene Emotionen und die Handlung wirkt dadurch noch viel packender und erschreckender. „Verlorene Welten“ hat mich fasziniert und wird mich noch länger nicht loslassen.


4 5 Sterne


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