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Von der Sehnsucht nach Freiheit

Der bereits mit dem National Book Award und zweimal mit dem PEN/Faulkner Award ausgezeichnete Autor Ha Jin erzählt in einem ergreifenden Entwicklungsroman vom Schicksal einer chinesischen Familie in den USA und von der Suche des Menschen nach Liebe, Freiheit und Selbstbestimmung.

 

  Autor: Ha Jin
Verlag: Ullstein
Erschienen: 2009
ISBN: 9783550087233
Seitenzahl: 637 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Nan Wu und seine Frau Pingping leben bereits seit mehreren Jahren in den USA, als ihr sechsjähriger Sohn Taotao nach dem Tiananmen-Massaker 1989 endlich nachkommt. Zu dritt versuchen die Wus ein möglichst angepasstes Leben in der neuen Heimat zu führen, was nicht immer gelingt. Nan und Pingping sind kein Liebespaar. Sie führen eine Vernunftehe - Nan kann seine Jugendfreundin Beina nicht vergessen. Der junge Chinese träumt eigentlich davon, Dichter zu werden, muss diesen Traum und auch den Traum von einer akademischen Laufbahn letztendlich begraben, um das Überleben seiner Familie zu sichern. Mit diversen Aushilfsjobs, wie z.B. Wachmann, Kellner und Küchenhilfe, schlägt er sich durch, bis die Wus mit dem sauer ersparten Geld ein eigenes China-Restaurant eröffnen können. Sie arbeiten Tag und Nacht, um ihrem Sohn eine Zukunft in den USA aufzubauen und um sich selbst abzulenken von der fernen Heimat China. 

Der Leser nimmt über 12 Jahre hinweg Anteil am Leben der Familie Wu. Man erfährt von den Schwierigkeiten, die Migranten in einem neuen Land haben, von den Verletzungen und Demütigungen, die Menschen aus einem anderen Land (und teilweise sogar aus dem gleichen Land - Nan hat auch unter den Chinesen große Probleme, sich zu etablieren, da er aus der Mandschurei stammt und kein Kantonesisch spricht) widerfahren. Zudem lernt man viel über China, über Ereignisse und Hintergründe (z.B die Tibet-Problematik u.ä.) und über die Menschen.  


Stil und Sprache
Ha Jin schreibt klar und unverblümt. Er schafft es, eine starke Geschichte zu schreiben und das Schicksal der Wus sensibel aufzugreifen. Einzelne kleine Episoden, in denen die harte Lebenswirklichkeit einer Migrantenfamilie geschildert wird, tragen dazu bei, dass das Buch sehr lebendig und auf beklemmende Weise authentisch wirkt. Ich denke da z.B. an einzelne Szenen, in denen die Unbedarftheit und Hilfslosigkeit der Wus offenbar wird, wenn sie mit sprachlichen Problemen hadern o.ä. Ha Jin (eigentlich Jin Xuefei) hat hier viele autobiografische Elemente eingebaut - und das merkt man. Ohne die eigenen Erlebnisse, hätte das Buch niemals diese Durchschlagskraft und Authentizität entwickeln können.

Im letzten Teil des Buches findet man übrigens noch Auszüge aus Nan Wus Lyriktagebuch sowie Gedichte von Nan Wu, die sich mit den gleichen großen Themen beschäftigen wie die Lebensgeschichte der Wus: Liebe, Freiheit und Selbstbestimmung. 


Figuren
Nan macht im Laufe der Geschichte eine Entwicklung durch, die er sich so eigentlich nicht erträumt hätte. Vom Elite-Studenten, der die Hoffnung auf eine akademische und möglichst auch eine künstlerische Laufbahn in sich trägt, zum tagein tagaus arbeitenden Familienvater und Restaurantbesitzer. Der Charakter ist durch und durch authentisch. Nan hört nie auf zu träumen, obwohl er genau weiß, dass seine Wunschträume nicht in Erfüllung gehen werden.
Pingping gibt sich keinen großen Träumereien hin. Sie ist pragmatisch und möchte ihre Familie versorgt wissen. Sie ist sich dessen bewusst, dass es nicht die große Liebe zwischen ihr und Nan ist.
Taotao, den der Leser beim Aufwachsen begleitet, entwickelt sich von einem aufgeweckten Jungen, der sich nach seinen Großeltern in der Heimat China sehnt, zu einem Jugendlichen, der sich für seine Eltern schämt, weil sie keine "perfekten" Amerikaner sind. Er lebt sein Leben zwischen Restaurant und Computer und kann der Ödnis des amerikanischen Alltags nicht viel entgegensetzen.
Die vielen Charaktere, die die amerikanische Gesellschaft repräsentieren, sind ebenfalls überzeugend gezeichnet und bilden den Hintergrund für diese Familiengeschichte.


Aufmachung des Buches
Das Buch ist fest gebunden und mit einem Schutzumschlag versehen. Besonders schön finde ich das edle rote Lesebändchen. Auf dem Cover sieht man fliegende Schwäne (?) von unten. Das Bild passt in meinen Augen sehr gut, weil es die Themen Sehnsucht und Freiheit aufgreift, die in diesem Buch eine wichtige Rolle spielen.


Fazit
"Ein freies Leben" ist ein ungeheuer kraftvolles Buch, das auf eindrucksvolle Weise vom Schicksal einer Migrantenfamilie erzählt. Ha Jin schafft es, den Leser für das Thema zu sensibilisieren und ihm viel über China und vor allem über Chinesen, die ihr Leben im Ausland führen (müssen) zu berichten. Eine große Familiengeschichte, die ich rundum empfehlen kann.



Hinweise
Rezension von Sigrid Grün


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