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Nach Jahren im Dienst des Terranischen Imperiums kehrt Jeff Kerwin auf den Planeten Darkover zurück, um nach seinen Wurzeln zu suchen und das Geheimnis seiner Herkunft zu entschlüsseln. Was er noch nicht ahnen kann: Er ist weit mehr als der Sohn eines terranischen Raumfahrers und einer Darkovanerin – er ist die Schlüsselfigur in einem seit langer Zeit tobenden Kampf zwischen denen, die um jeden Preis an den alten Werten festhalten wollen, und jenen, die Darkover in eine neue Ära führen wollen ...

 

  Autor: Marion Zimmer Bradley
Verlag: Droemer / Knaur
Erschienen: 2000
ISBN: 3-426-60953-3
Seitenzahl: 438 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Wie im Darkover-Zyklus üblich, kann die Geschichte auch für sich alleine stehen, als Leser braucht man keine Vorkenntnisse mitzubringen. In “Die blutige Sonne” gibt es eigentlich zwei Hauptpersonen, obwohl die Ereignisse aus Sicht von Jeff Kerwin, dem Terraner, geschildert werden. Es zieht ihn, den Waisen, zurück auf seinen Heimatplaneten Darkover. Was zunächst einfach erscheint, nämlich seine Herkunft zu klären, gestaltet sich erstaunlich schwierig. Ein blauer Stein, Erbstück seiner Mutter, ist immer wieder Gegenstand des Interesses und führt ihn schließlich, und das kann man fast wörtlich nehmen, zum Turm von Arilinn. Dort erfährt er, dass ihn seine roten Haare als Mitglied der Comyn, der Telepathenkaste, ausweisen, und er, obwohl zur Hälfte Terraner, über Laran verfügt. Die Comyn kämpfen um ihr Überleben und sie brauchen Kerwins Hilfe in diesem Kampf.
Die zweite Hauptperson ist Elorie, die Bewahrerin von Arilinn, die eine schwierige Entscheidung treffen muss. Über sie möchte ich aber nicht mehr berichten, denn dann könnte ich ja gleich den Schluss verraten.

In diesem Band findet man noch die  Kurzgeschichte “Um den Eid zu wahren”: Die Schwertfrau Kindra erledigt einen Auftrag für die Gilde und muss in einem Dorf übernachten, das von Söldnern bewacht wird, da man den Überfall einer Räuberbande erwartet. Den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben, scheint zunächst keine gute Idee zu sein. Als der Überfall dann tatsächlich stattfindet, wird auch Kindra hineingezogen und steht ihre Frau ...
Mit dieser Geschichte wird eine kleine Lücke in der Chronologie des Darkover-Zyklus' geschlossen, ein inhaltlicher Zusammenhang mit dem Roman besteht nicht.


Stil und Sprache
Das Buch beginnt mit einem Prolog, der uns einen kleinen Einblick  in 40 Jahre zurückliegende Geschehnisse gewährt. Darauf folgt Jeff Kerwins bitterer Überblick über sein bisheriges Leben, geschrieben in einem eigenwilligen inneren Monolog. Erst danach beginnt die eigentliche Handlung in dem von Zimmer Bradley gewohnten flüssig lesbaren, ansprechenden Stil.
Da man nie mehr weiß als Kerwin selbst, bleibt seine Suche interessant und die Spannung erhalten, obwohl die Ausbildung seiner telepathischen Fähigkeiten genau geschildert wird. Da gibt es viele fachbezogene Ausdrücke oder Beschreibungen der telepathischen Techniken, die notwendig sind, um Laran zu beherrschen, um nicht selbst davon beherrscht zu werden. Ebenso ausführlich erzählt die Autorin von den zwischenmenschlichen Beziehungen im Kreis der Telepathen, die für den Terraner doch sehr gewöhnungsbedürftig sind. Immer wieder tritt er ins sprichwörtliche Fettnäpfchen. Die Spannung wird auch dadurch gehalten, dass viele Fragen einfach offen bleiben und erst ganz zum Schluss in einem Rückblick geklärt werden, dann allerdings überhastet und mit einem fragwürdigen Happyend.
Für die Kurzgeschichte gilt das fast gleiche was ich bereits zu Stil, Sprache und Spannungsaufbau bei Zimmer Bradley gesagt habe: Gut lesbar, kurzweilig, in sich stimmig und dramaturgisch einwandfrei. Die Dialoge sind aussagekräftig und die Gedanken Kindras sind der besseren Lesbarkeit halber kursiv gedruckt. Die Autorin ist eindeutig eine Meisterin der „kleinen Form“. Roman und Kurzgeschichte haben eines gemeinsam:  Wem ist der Mensch mehr verpflichtet – einem einmal geschworenen Eid oder dem eigenen Gewissen?


Figuren
Mit Jeff Kerwin als Hauptfigur geht Zimmer Bradley ein Wagnis ein, denn als Frau sich in die Psyche eines männlichen Charakters einzufinden ist sicherlich schwer. Es ist ihr aber geglückt. Obwohl schon Mitte Zwanzig und auf mehreren Welten stationiert, ist er noch ziemlich grün hinter den Ohren und Spielball verschiedener konkurrierender Interessengruppen. Nach und nach findet er sich aber in Darkover zurecht und durchschaut zunehmend in was er da hineingeraten ist. Der Reifeprozess, den er durchmacht, ist gut durchdacht und psychologisch nachvollziehbar.
Auch  die anderen Bewohner von Arilinn sind interessante Persönlichkeiten, vor allem Kennard überzeugt mich. Die Frauen, mit Ausnahme der Bewahrerin Elorie, sind in sich stimmig dargestellt, allerdings kann ich mich mit keiner von ihnen so richtig anfreunden. Elories Wandlung vom blassen Püppchen zur starken emanzipierten Frau geschieht sehr plötzlich und ohne, dass der Leser zuvor etwas über ihre unterdrückten Sehnsüchte oder den inneren Zwiespalt, der sie schließlich handeln lässt, erfahren hätte. Alle Bewohner des Turms benehmen sich allerdings bei dem “erzwungenen” Happyend in einer Art und Weise, die ich als Nicht-Telepath nicht nachvollziehen kann.
Der Fokus des Romans liegt auf den Comyn in Arilinn, über die anderen Angehörigen dieser Kaste wird fast nichts mitgeteilt, ebenso wenig lernt man die Gegner persönlich kennen. Allenfalls ein paar Handlanger oder Außenseiter erscheinen kurz auf der Bildfläche. Diese Menschen vorzustellen macht sich Marion Zimmer Bradley nicht die Mühe. Da der gesellschaftliche Konflikt ohnehin nicht an Personen abgehandelt wird, sondern an der Arbeit der Telepathen und deren Ethos, ist dies auch durchaus legitim und schadet dem Roman nicht.

Nun noch kurz zur Kurzgeschichte:
Kindra ist eine Schwertfrau reinsten Wassers, die allerdings eine schwere innere Krise durchmacht, denn sie stellt ihren einmal geschworenen Eid, keine Frauen für die Gilde anwerben zu dürfen, in Frage. Sie ist eine sympathische Frau, deren Entscheidung der Leser verstehen und auch mittragen kann. Die anderen Figuren werden nur  skizziert, aber dies gekonnt und pointiert.
Bleibt Marco, der junge Söldner. Sein tragisches Schicksal böte Stoff für einen ganzen Roman, dass es Zimmer Bradley aber trotzdem gelingt ihn in so kurzer Zeit zu charakterisieren und den Leser mitleiden zu lassen, zeigt das große Können der Autorin.


Aufmachung des Buches
Das Cover erweckt in mir den Eindruck, dass es sich um einen Null-Acht-Fünfzehn-Fantasy-Schmöker handelt. Wieso? Weil das Cover so bunt ist; ein Mann und eine Frau, die sich gegenüberstehen, beide mit orangeroten Haaren, sie im hellblauen Kleid, er im dunkelblauen, eng anliegenden Raumanzug mit martialischen metallenen Armprotektoren, Gürtel und “Revolver”, sprich Laserwaffe, in Cowboymanier am Bein festgeschnallt. Im Hintergrund blaulila Berge, auf ihrer Seite alte Fachwerkbauten, auf seiner hypermodere, ja was? Gebäude, oder Untertassen? Ebenfalls in Blaulila gehalten. Alles überstrahlt von einem blutroten Himmel, mit noch roterer Sonne, die wie ein Heiligenschein um seinen Kopf liegt. Kitsch as Kitsch can. Auf jeden Fall wird diese Cover dem Inhalt nicht gerecht und schreckt möglicherweise potentielle Käufer ab.


Fazit
Ein gelungener Roman, der tiefe Einblicke in die Telepathenkaste von Darkover gewährt und eine spannende Geschichte obendrein, wenn auch mit kleinen Fehlern behaftet. Die Kurzgeschichte gefällt und macht Lust auf mehr Geschichten über die Schwertfrauen. Warum man sich von Verlagsseite dazu entschieden hat, sie hier nochmals abzudrucken, erschließt sich mir nicht, so interessant sie auch ist, sie bleibt ein Fremdkörper innerhalb des Buches.


Roman: 4 Sterne

Kurzgeschichte:  5 Sterne


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