Smaller Default Larger

ZU UDO LINDENBERGS 70. GEBURTSTAG
ÜBER 40 JAHRE AUF DER BÜHNE
ÜBER 30 STUDIOALBEN

Rocklegende der ersten Stunde, Sprachpionier, politischer Geist und Maler: Udo Lindenberg ist einer der bekanntesten deutschen Künstler, seine Songs gehören zum Soundtrack unserer Geschichte. Er spielte vor Millionen von Fans in Ost und West und hat sich während den letzten vier Jahrzehnten auf der Bühne immer wieder neu erfunden. Dieses Buch versammelt alles Wissenswerte zur Karriere des ersten Rockstars deutscher Prägung: Schlüsselsongs, prägende Alben, Auszeichnungen, Interviews mit Weggefährten, seine wichtigsten Auftritte und Engagements.

 

Panik aus Prinzip

Autor: Matthias Naef (Herausgeber)
Verlag: Atlantik Verlag
Erschienen: 16. April 2016
ISBN: 978-3455750164
Seitenzahl: 208 Seiten


Inhalt, Stil und Sprache
Das Buch versammelt neben Artikeln von Matthias Naef noch Beiträge von mehreren Autoren, ebenso wie Interviews mit z.B. Jan Delay. Aus diesem Grund gibt es keinen einheitlichen Stil und die Inhalte sind von unterschiedlicher Qualität, mal mehr, mal weniger informativ, viel zu oft kratzt der jeweilige Autor nur an der Oberfläche. Zur Auflockerung zwischen die diversen Texte gestreut findet man z.B. die Diskografie der Studioalben oder, nicht ganz ernst gemeint, eine Auflistung von Getränken, die in Lindenbergs Leben eine Rolle gespielt haben sollen.

Der Klappentext behauptet: "Dieses Buch versammelt alles Wissenswerte zur Karriere des ersten Rockstars deutscher Prägung" und nimmt damit den Mund reichlich voll. Mit dem Ausgelassenen könnte man fast nochmal ein Buch füllen. Es werden zwar Lindenbergs Verdienste um die deutsche Sprache in der Rock- und Popmusik erwähnt, aber nicht näher ausgeleuchtet. Es werden keine Lyrics abgedruckt, die verdeutlichen würden welch neue Wege Lindenberg, über die deutsch gesungenen Rocksongs hinaus, tatsächlich ging. Unter "Freunde, Weggefährten und prägende Figuren" sucht man Eric Burdon vergebens, immerhin waren beide 1979 gemeinsam auf Deutschlandtournee. Lindenbergs politisches und gesellschaftliches Engagement wird deutlich auf die deutsch-deutsche Geschichte verengt. Sein langjähriges Aufstehen gegen Rechts (Rock gegen rechte Gewalt) fehlt völlig. Wieso eigentlich?

Was steht denn nun eigentlich drin? Ein bisschen Biographisches, das man sich zusammensuchen muss, da es sich hier mehr um eine Collage, als um eine Chronik handelt. Eingangs wird die "Marke Lindenberg" ausführlich geschildert und von Marcus Knill (Medienrhetoriker) eingeordnet. Sehr viel Raum nehmen Lindenbergs Song "Sonderzug nach Pankow" (1983) und sein Auftritt im "Palast der Republik" (Okt. 1983) ein, ebenso das Musical "Hinterm Horizont" (2011-2016). Die unterschiedliche Rezeption seiner Lieder und seiner Auftritte in Ost und West der 1980ziger Jahre wird nur gestreift.  Seine musikalische Verbindung mit einigen Vertretern des Hip-Hop ist ein zentrales Thema gleich mehrerer Artikel: Dallach und Bortot sind der Ansicht, dass das "Comeback" von 2008 ausschließlich auf die Stützenhilfe von Hip-Hoppern zurück zu führen sei. Darüber hinaus wird er als "Hip-Hopper im Geiste" (Seite 155) vereinnahmt und mehrheitlich als Popstar, denn Rockstar bezeichnet. Seine Karriere als Maler der "Likörelle" ist Naef immerhin 2 ½ Seiten wert. Die Beschreibung seines sozialen Engagements muss sich mit noch weniger Seiten begnügen.

Es fällt darüber hinaus auf, dass der Künstler Lindenberg mit Samthandschuhen angefasst wird; ein kritischer Blick auf das "Lebenswerk" und kritische Analysen z.B. der Marke Lindenberg unterbleiben. Er ist ein verehrtes Idol und so soll es bleiben, dumm nur, dass er selbst seinen hohen Alkoholkonsum nicht verheimlicht, ja, ihn sogar zu einem Teil seiner Marke gemacht hat, so dass er von den Autoren nicht verschwiegen werden kann. Man bemüht sich dann sehr um eine Banalisierung dieses Umstandes, indem man Lindenbergs Alkoholkonsum mit Helmut Schmidts Zigarettenqualmerei auf eine Stufe stellt, und ihn so ganz nebenbei als Narr, der alles darf, überhöht, dabei völlig außer Acht lassend, dass Schmidt und Lindenberg zu Zeiten des Nato-Doppelbeschlusses auf unterschiedlichen Seiten standen. Ein Schelm, der Arges dabei denkt.

Ich möchte hier die These des Comebacks nicht diskutieren, nur die Frage stellen: War Lindenberg jemals weg? Und wer da nun wem aufs Pferd zurückgeholfen hat – Lindenberg den Hip-Hoppern oder umgekehrt – das zu entscheiden bleibt letztlich dem einzelnen Fan überlassen. Die Autoren wollen niemandem weh tun – schon gar nicht den Fans aus der Ex-DDR und den ganz Jungen der letzten Jahre und vielleicht auch sich selbst nicht. Ob sie sich und Lindenberg damit etwas Gutes tun? 


Aufmachung des Buches
Ganz klar kann nur ein Foto von Lindenberg das Cover des Taschenbuchs zieren; als Marke auch sofort an Pose, Hut und Sonnenbrille zu erkennen. Das Wort "Panik" in Weiß springt einen förmlich an. So auffällig das Außen, so unauffällig das Innere. Das Layout ist eigentlich keines. Lediglich einige Schwarz-Weiß-Fotos  lockern den Text auf. Ein kurz gehaltener Anhang listet u.a. Quellen und weiterführende Links auf. 


Fazit
Ein Wohlfühlbuch für Lindenberg-Fans, das sich Kritik an ihrem Idol konsequent verweigert.


2 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de oder deinem Buchhändler vor Ort

Umfassende Dokumente der "Staatssicherheit der DDR" zu Lindenbergs Auftritt im "Palast der Republik"

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo