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Schwestern - beste Freundinnen oder größte Feindinnen

 

Im Rahmen der Arena Blogtour zu Kim Kestners neuem Jugendroman Anima, habe ich mir Gedanken zum Thema „Schwestern“ gemacht. Und das ist dabei herausgekommen:

 

Anima 

 
Du willst wissen, wer ich bin?
Ich bin das Gegenteil von Dir – in allem. Wo Du einfühlsam bist, bin ich hartherzig. Wo Du hilfsbereit bist, bin ich herzlos. Ich bin blond, Du bist dunkel. Ich hab blaue Augen, Du nicht. Ich hab Locken, Du keine. Bin kurvig, Du knochig – soll ich noch weiter machen? Nein! Denn auf Vergleiche mit Dir stehe ich nicht wirklich.
Denn Du bist alles, was ich nie sein werde.

Du willst wissen, wer ich bin?
Ich bin Diejenige, die Dich aus tiefster Seele hasst, weil Du all das bist, besitzt und hast, was ich nicht habe, aber gerne hätte – und das ganz ohne Anstrengung. Es ist Dir von Natur aus gegeben, dass die Menschen Dich lieben, Dir vertrauen und Dich unterstützen. Ich muss dafür hart kämpfen, Ehrgeiz einsetzen - wo Du mit müheloser Leichtigkeit die Dinge bekommst. Wenn ich das nur sehe, könnte ich schon ausrasten.

Du willst wissen, wer ich bin?
Dein schlimmster Albtraum, Deine grausamste Gegnerin, Deine größte Rivalin und doch … etwas haben wir gemeinsam:  Wir sind vom gleichen Blut.
Mein Vater ist auch Deiner. Meine Mutter auch die Deinige. Und trotzdem, wenn ich Dich nur erblicke, wenn ich Deine Gegenwart auch nur ansatzweise spüre, kocht mein Blut – das gleiche, das auch durch Deine Adern fließt.

Schwesterliebe? Fehlanzeige! Schwesterliche Verbundenheit? Was ist das?

Also was ist das mit uns Schwestern? Wir können nicht miteinander, bekämpfen uns bis aufs Blut, aber den letzten Schritt gehen, das können wir dann doch nicht. Du bist, auch wenn ich das nur ungern zugebe und niemals laut aussprechen würde, eine zarte Schönheit mit Herz. Im Gegensatz dazu bin ich die kalte, kurvige Schönheit, die alle um den Verstand bringt, aber nicht jeden haben kann.

Ich verfluche den Augenblick Deiner Geburt, denn er machte Dich von der ersten Sekunde Deines Lebens zu etwas Besonderem. Du hast vom ersten Moment an die Liebe unserer Eltern, besonders die unserer Mutter, in größerem Ausmaß genossen, als ich es je erfahren durfte. Ist es, weil Du das Nesthäkchen bist, vom ersten Atemzug Deines irdischen Daseins um Dein Leben kämpfen musstest? Weil es eine Zeit lang auf der Kippe stand? Warum können andere Schwestern alles gemeinsam machen, sich gegenseitig helfen, unterstützen, füreinander da sein - nur wir beide nicht?

Denn eines ist klar, so sehr ich Dich auch hasse, Dich am liebsten aus meinem Leben streichen würde – ich kann es nicht. Irgendein Band hält uns zusammen. Lässt es nicht zu, dass wir uns gegenseitig etwas antun, uns wirklich verletzen oder noch Schlimmeres schaffen. Mir bleiben nur die verbalen Waffen, die Dominanz meiner Kälte und Herzlosigkeit und mein Ehrgeiz, der alles überstrahlt. Das sind meine einzigen Waffen im täglichen Kampf des Bestehens neben Dir.

Manchmal, in meinen schwachen Momenten, frage ich mich, warum das so ist. Haben unsere familieneigenen Gene einmal etwas Neues ausprobieren wollen und Dir alles Gute und mir alles Schlechte gegeben? Zumindest im emotionalen Bereich. Denn an Schönheit mangelt es mir nun wahrhaftig nicht. Dir auch nicht, auch wenn Deine anders wirkt und aussieht.
Irgendwer, ich weiß den Namen nicht mehr, hat einmal gesagt, die Erstgeborenen Mädchen einer Familie sind oftmals die Versuchsobjekte der Natur, um zu sehen, was möglich ist und was noch optimiert werden könnte. Nun ja, wenn ich an einige andere Familien mit Mädchen denke, dann scheint bei uns die berühmte Regel zu greifen, dass Ausnahmen eben diese bestätigen. Also warum musste es bei uns anders sein, als bei anderen? Weil unsere Eltern nicht, wie andere sind? Weil Sie auf Dinge Wert legen, die andere nicht kümmern? Sich eine Lebensphilosophie geschaffen haben, die andere nicht im Geringsten interessiert?

Oder ist es, weil Du nicht sein kannst wie ich und umgekehrt? Weil ich eine Bestätigung brauche, die ich nur bekomme, wenn ich sie mir nehme? – Und selbst dann fühlt es sich nur für einen Augenblick gut an. Danach ist alles wieder wie vorher und das Spiel geht von vorne los. Was ist es, das harmonische Schwestern haben, die sich zwar auch streiten und zanken, aber wenn es drauf ankommt, füreinander einstehen ohne Wenn und Aber? Fehlt uns da ein Gen, eine besondere Ausprägung, eine Winzigkeit in der Erziehung, ein Hauch Anderssein unserer Eltern?

Vermutlich müssten wir uns hier in Bereiche begeben, die keine von uns wirklich kennenlernen will. Müssten uns mit Dingen auseinandersetzen, die unter Umständen schmerzhaft und schockierend sein könnten. Und das dann nur, um zu erfahren, was uns einerseits trennt, uns zu Gegnern macht (auch wenn Du es nie so sehen würdest, geschweige denn zugeben) und uns andererseits aber auch aneinander bindet. Dieses unsichtbare Band, dass uns unser ganzes Leben lang begleiten wird, egal wie weit wir voneinander entfernt leben, egal wie selten wir voneinander hören und auch ganz egal wie oft oder wenig wir aneinander denken oder uns sehen. Dieses Band ist da, fein wie Seide, aber stärker als der härteste Stahl. Unzerstörbar und es bindet uns aneinander – ob wir wollen oder nicht.

Du willst wissen, wer ich bin.
Ich bin Deine Schwester, von Deinem Blut, aus Deiner Familie – und doch komplett anders.

 

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Hier geht's weiter mit der Blogtour:

21.02.2016 www.buechersalat.de
22.02.2016 www.umblaettern.com
23.02.2016 www.marys-buecherwelten.blogspot.de
24.02.2016 www.rawrpunx.blogspot.co.at
25.02.2016 www.carobloggt.blogspot.de
26.02.2016 www.Eulengewisper.de
27.02.2016 www.katja-welt-book.blogspot.de

 

Und hier geht es zum Anima-Gewinnspiel, welches die Leser-Welt im Rahmen der Anima-Blogtour und in Kooperation mit dem Arena Verlag, für ihre Leser und Leserinnen veranstaltet.