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Kategorie: Krimis

Auguste Point ist Maigret sympathisch. Er stammt aus ähnlichen Verhältnissen, hat eine ähnliche Frau, ganz ähnliche Auffassungen und er sieht ihm sogar ähnlich. Aber Point ist Minister und steht unter schwerem Korruptionsverdacht …
Maigrets Ausflug in die große Politik.


  Autor: Georges Simenon
Verlag: Diogenes
Erschienen: 2009
ISBN: 978-3-257-23846-4
Seitenzahl: 208 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Maigret wird spät abends zu Auguste Point gerufen. Der Minister hat ein Problem und möchte den Kommissar um Hilfe bitten. Vor einigen Wochen passierte in den Haute-Savoie, im Kindersanatorium von Clairfond, ein Unglück. Wasser unterspülte die Fundamente und Riss das halbe Gebäude mit sich. Dabei starben über 120 Kinder. Das ganze Land geriet in Aufruhr, vor allem, da ein Gutachten existieren soll, welches vor dem Bau des Sanatoriums gewarnt hatte. Und um dieses Gutachten, den Calame-Bericht, geht es dem Minister. Piquemal, ein Mitarbeiter der Hochschule für Straßen- und Brückenbau hatte ihm den Bericht zugetragen. Der Minister, der sich der Brisanz dieses Schriftstückes bewusst war, wollte das Ganze gleich am nächsten Tag an den Regierungschef übergeben und lies die Aktentasche in seiner Privatwohnung. Doch die Aktentasche samt dem Bericht war am nächsten Morgen nicht mehr aufzufinden. Maigret fand sich nun zwischen politischen Machtspielen wieder und musste sich schnell eingestehen, dass bei dem geringsten Fehler sein Kopf rollen würde. Er beschloss, unter größter Vorsicht und mit Hilfe seiner Inspektoren, allerdings ohne diese völlig einzuweihen, mit den Ermittlungen zu beginnen. Da bereits der Regierungschef informiert war, war er sich sicher, dass sie nicht allein ermitteln würden. Die Surete, eine Art Geheimpolizei, schien immer einen Schritt voraus zu sein.


Stil und Sprache
Georges Simenon, besser, Maigret, schafft es, mich mit jedem Band aufs Neue zu überraschen. Keine Geschichte gleicht der anderen, zumindest was den Inhalt angeht. Ansonsten fühlt man sich in Simenons Geschichten um den dicken Kommissar Maigret nach nur wenigen Bänden wie Zuhause. Maigret, seine Frau und auch seine Inspektoren wachsen einem direkt ans Herz. Und durch die detailreichen und liebevoll gestalteten Szenen fühlt man sich als wahrer Kenner von Paris. Dies alles schafft Simenon vor allem durch seinen Stil, die Geschichten zu erzählen. Er startet schön langsam mit der Vorbereitung des Lesers. Es werden die Umstände erläutert, die Szenen gemalt und die Figuren aufgestellt. Jedes mal wird einem der Kommissar ein bisschen vertrauter, man weiß schon vorher wann und wo er sich einen kleinen Aperitif gönnt, bevor er dann so richtig auf Tempo kommt. Sein Stil gleicht einer Achterbahnfahrt, am Anfang wird der Leser langsam nach Oben gezogen, um dann die rasante Fahrt zum Schluss anzutreten. Und wie in der Achterbahn kann und möchte man nicht mehr aussteigen. Das Lesen seiner Romane wird zur Sucht und die Bilder des sommerliche Paris, der Nebelschwaden um die Seine im Herbst, der Gerüche in den Gassen und der Geräusche auf den Strassen bleiben ein ständiger Begleiter. Faszinierenderweise gelingt Simenon das alles mit einfachen, leicht verständlichen Worten, ohne viel intellektuelles Geschnörksel.


Figuren
Nach nun fünf gelesenen Maigret-Bänden kommt mir Jules Maigret wie ein sehr guter Freund vor. Georges Simenon schafft es, dem Leser seinen Kommissar sehr Nahe zu bringen. Er umbaut und erweitert seine Figur Geschichte für Geschichte und ganz ehrlich, ich bin jetzt schon traurig, dass es nur 75 Folgen seiner Serie gibt. Wenn man einen Maigret liest, taucht man komplett in die Geschichte ein. Die Personen umgeben einen genauso wie die faszinierend gestalteten Szenen, und jedes mal entstehen aufgrund seiner detailreichen Beschreibungen farbige Bilder im Kopf des Lesers. Ob es nun wie in Band 46 die Sekretärin des Ministers ist, die leicht bieder ihren Chef vergöttert und alles für ihn tun würde, oder der kleine, durch Spielschulden korrupte Büroleiter, der am Ende zum Zünglein an der Waage wird. Alle Charaktere wirken authentisch und sind vielen Schattierungen gezeichnet. Schwarz-Weiß ist für Simenon kein Begriff.


Aufmachung des Buches
Wie nicht anders zu erwarten war, bleibt die Serie im typischen Diogenes-Stil. Komplett in weißem Einband, zeigt sich auf dem Cover im dünnen schwarzen Diogenes-Rahmen ein schwarz-weiß-Foto einer einsamen Parkszene mit Metallstuhl, blätterlosen Bäumen und Tauben. Darunter stehen Autor und Titel des Buches. Die Serie um Kommissar Maigret wird durch den edlen Einband, ein rotes Lesebändchen sowie farbigen Karten von Paris aufgewertet und zum Sammlerstück.


Fazit
Jede Geschichte um Maigret ist etwas Besonderes und auch wenn es diesmal keine Leiche gibt, ist die Spannung bis zum Schluss garantiert. Ein weiterer atmosphärischer Krimi aus der Hand des Meisters.


5 Sterne


Hinweise
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Backlist
Band 41: Maigret und der Mann auf der Bank
Band 42: Maigret hat Angst
Band 43: Hier irrt Maigret
Band 44: Maigret und die schrecklichen Kinder
Band 45: Maigret und die junge Tote