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Frauenchiemsee 1003: Sophia, Schwester des Markgrafen Hezilo von Schweinfurt, lebt im Kloster Frauenwörth als Schützling von Äbtissin Tuta. Gerne würde sie Nonne werden. Als sie zur Ehe mit dem Grafen Adalbert gezwungen wird, fügt sie sich jedoch in ihr Schicksal, da dieser droht, ansonsten das Kloster zu zerstören. Trotzdem legt er Feuer. Sophia kann in der allgemeinen Verwirrung fliehen. Sie wird von Azo de Casale gerettet, jedoch von ihm nach Italien entführt. Auf der Reise kommt sie dem rauen Mann näher. Währenddessen hat auch Tuta mit ihren Gefühlen zu kämpfen. Sie muss sich mit Gerhard von Seeon auseinandersetzen, der auf Geheiß König Heinrichs II. das Grab der seligen Irmengard öffnen will …

 

Das Wunder von Frauenchiemsee 

Autor: Doris Strobl
Verlag: Rosenheimer Verlagshaus
Erschienen: 23. Februar 2015
ISBN: 978-3475544286
Seitenzahl: 356 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Chiemgau 1003: Das durch seine Insellage eigentlich geschützte Kloster Frauenwörth erlebt einen nächtlichen Überfall. Besonders niederträchtig: Der Angreifer ist ausgerechnet der Bruder der Äbtissin Tuta, der sich nun für deren vermeintliche Bevorzugung durch den Vater rächt und ausserdem Sophia von Schweinfurt - eine der Klosterschülerinnen - als Braut verlangt. Sophia gelingt zwar die Flucht, jedoch trifft sie dabei auf eine italienische Söldnertruppe, deren Anführer Azo von Casale bald seine eigenen Pläne mit ihr verfolgt. Die Nonnen entkommen wie durch ein Wunder dem Brand des Klosters, aber Tuta muss sich bald neuen Prüfungen – in Gestalt des Abtes Gerhard von Seeon, des Abgesandten König Heinrichs II. – stellen.

Doris Strobl macht die winzige Insel im Chiemsee und das bis auf den heutigen Tag bestehende Kloster - Grabstätte der seligen Irmengard - zum Schauplatz ihrer spannenden Erzählung und verbindet historische Fakten und Fiktion sehr authentisch zu einem stimmigen und nachvollziehbaren Ganzen.


Stil und Sprache
Der Leser erlebt die Handlung als Beobachter von außen und begleitet dabei hauptsächlich die beiden Hauptpersonen Tuta und Sophia, erfährt aber in mehreren Nebensträngen auch etwas über die tatsächlichen historischen Begebenheiten, wie z. B. den geplanten Aufstand gegen König Heinrich II. oder dessen Feldzug nach Italien. Durch die datierten Ortsangaben der einzelnen Kapitel kann man sich jederzeit orientieren und ein gutes Bild von den geschilderten Ereignissen machen.

Das Buch lässt sich leicht und flüssig lesen. Viele Dialoge machen es interessant und lassen keine Längen aufkommen. Die Beschreibung des täglichen Lebens, sowie die Sprache sind der damaligen Zeit angemessen. Besonders die Regeln des heiligen Benedikt, nach denen die Mönche und Nonnen seines Ordens sich zu richten hatten, sind sehr anschaulich und verständlich dargestellt. Dass Tuta sie manchmal etwas „eigenmächtig“ auslegt und daher Anstoß bei Abt Gerhard erregt, bringt ab und zu auch eine humorvolle Note in die Erzählung.


Figuren
Die selige Irmengard (831/33-866) - Tochter König Ludwigs des Deutschen und Urenkelin Karls des Großen - war Äbtissin des Klosters Frauenwörth. Schon früh wurde sie als Heilige verehrt, obwohl erst 1928 die offizielle Seligsprechung erfolgte. Die Öffnung ihres Grabes um das Jahr 1000 herum ist historisch verbürgt. Ein Bleitäfelchen, das bei einer erneuten Graböffnung 1631 gefunden wurde, nennt Tuta als zu der Zeit amtierende Äbtissin.
Bis auf diese spärlichen Informationen ist über Tuta nichts bekannt. Daher konnte Doris Strobl hier ihre Phantasie spielen lassen. Sie beschreibt sie als eine kluge und warmherzige Frau, die wie eine Mutter für ihre Mitschwestern und auch die Inselbewohner sorgt, indem sie sich ihre Vorgängerin Irmengard als Vorbild nimmt.

Das Frühmittelalter war eine Männerwelt. Auch Sophia muss das schmerzlich erfahren. Nach ihrer Flucht vor einer ungewollten Ehe muss sie sich in ihr weiteres Schicksal fügen, das nun von ihrem Entführer Azo bestimmt wird. Als sich ihr größter Wunsch letztendlich doch noch erfüllt, zahlt sie dafür einen hohen Preis.

Einige der handelnden Figuren sind historisch. Heinrich II. war zunächst Herzog von Bayern, ehe er deutscher König und später Kaiser wurde. Er ist der Gründer des Bistums Bamberg, in dessen Dom er und seine Frau Kunigunde begraben sind. Der Aufstand Heinrichs - „Hezilo“ - von Schweinfurt gegen ihn und seine Belagerung der Stadt Pavia sind verbürgt. Die Autorin verwebt diese tatsächlichen Ereignisse sehr geschickt mit ihrer fiktiven Geschichte und beschreibt alle ihre Figuren sehr treffend und glaubwürdig.


Aufmachung des Buches
Das naturfarbene Hardcover trägt auf dem Buchrücken den Titel und den Namen der Autorin. Die 18 Kapitel und der Epilog sind nummeriert und mit Ort und Datum versehen. In ihrem Nachwort geht Doris Strobel auf das Leben der seligen Irmengard sowie die historischen Ereignisse um die Wende zum 11. Jahrhundert ein. Ein Glossar enthält Erläuterungen zu historischen Personen und unbekannten Ausdrücken.
Für den Schutzumschlag wurde das zeitgenössische Portrait eines jungen Mädchens von Franz v. Defregger (1835-1921) verwendet, das keinen Bezug zur geschilderten Handlung hat.


Fazit
Ich habe die zauberhafte Insel Frauenchiemsee schon mehrmals besucht und war daher sehr gespannt auf dieses Buch. Beim Lesen hatte ich dann tatsächlich oft die Bilder „im Kopf“, z.B. von der mittelalterlichen Torhalle oder der Linde, die seit 1000 Jahren dort steht – ein faszinierender Gedanke, dass sie möglicherweise von König Heinrich gestiftet wurde, es könnte durchaus so gewesen sein. Ein wirklich schöner Roman, den ich gern weiter empfehle.


4 5 Sterne


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