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Ortwin Ramadan klein


Ortwin Ramadan hat im Frühjahr 2015 mit „T.R.O.J.A. Komplott“ einen dystopischen Roman veröffentlicht, der so nah an der Realität ansetzt, dass man beim Lesen schnell vergisst, dass es sich um eine fiktive Geschichte und nicht um den neusten Geheimdienst-Skandal handelt. Umso spannender war es, ihm ein paar Fragen zu seiner Recherche, dem Realismus-Grad seines Romans und weiteren Projekten zu stellen.


Hallo Herr Ramadan, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen. Ihr dystopischer Roman „T.R.O.J.A. Komplott“ ist dieses Jahr im Coppenrath Verlag erschienen. Können Sie unseren Lesern kurz erzählen, worum es geht?

Der Roman spielt in einer Welt, in der jeder Bürger per Gesetz dazu verpflichtet ist, winzige Nanoroboter in seinem Körper zu tragen, die seinen Gesundheitszustand permanent überwachen. Auch für den jungen FBI-Agenten Nico sind die winzigen Maschinen in seinem Körper längst eine Selbstverständlichkeit. Das ändert sich erst, als er für ein ultrageheimes Projekt rekrutiert wird, das die neue Medizintechnik ohne Wissen der Öffentlichkeit zur Verfolgung von Kriminellen einsetzt. Zu Beginn ist Nico noch fasziniert von den Möglichkeiten der neuartigen Überwachungstechnologie, die sogar einen Blick durch fremde Augen ermöglicht. Doch dann wird er auf Beta, eine junge, flüchtige Terroristin angesetzt, und in ihm wachsen erste Zweifel. Als er schließlich die Wahrheit über das geheime T.R.O.J.A.- Programm herausfindet, muss er erkennen, dass er keineswegs auf der Seite der Guten steht, wie er in seinem naivem Idealismus geglaubt hat.


Mit Nico und Beta treffen zwei sehr unterschiedliche Charaktere in Ihrem Roman aufeinander. Wer von beiden fiel Ihnen leichter beim Schreiben? Und hat man als Autor Lieblingscharaktere in seinem Buch?

Auch wenn dem Autor im Laufe des Schreibprozesses alle Figuren ans Herz wachsen, gibt es natürlich Charaktere, die einem persönlich näher stehen. In diesem Fall war das sicher Beta, da die Nico-Figur zumindest zu Beginn der Geschichte gewissen Vorgaben unterworfen war. Um seinen Traum von einer FBI-Karriere und seine Wandlung zum „Whistleblower“ glaubhaft zu erzählen, musste er natürlich zuerst ein naiver Idealist und glühender Patriot sein. Kurz gesagt: Nur wer Teil des Systems ist, kann letztendlich auch aussteigen.


Auch wenn Nico die Hauptfigur Ihres Romans ist, wählen Sie doch vielfältige Erzählperspektiven und lassen den Leser so unter anderem auch an den Gedanken der Gegenspieler teilhaben. Wie haben Sie entschieden, aus welcher Perspektive welche Szene erzählt wird und gab es Unterschiede beim Schreiben aus den verschiedenen Blickwinkeln?

Die unterschiedlichen Erzählperspektiven dienen unter anderem dazu, den verschiedenen technischen, wirtschaftlichen und politischen Aspekten der entworfenen Zukunftsvision besser gerecht werden zu können. Der Wechsel zwischen den einzelnen Perspektiven wird wiederum durch den Fortgang der Handlung und den Spannungsbogen bestimmt; die Wahl der Szenen und der innere Rhythmus der Geschichte entspringen dem Bauchgefühl. Und natürlich erfordert jede Perspektive eine eigene „Sprache“. Nur so entsteht Authentizität.


Gerade im Hinblick auf die NSA Affäre war das Thema Überwachung in den letzten Jahren sehr präsent in den Medien. Waren diese Berichte für Sie eine Inspirationsquelle oder vielleicht sogar Teil der Recherche?

Die Idee zu dem Buch hatte ich lange vor der sogenannten NSA-Affäre, aber kein Verlag konnte etwas damit anfangen. Nach den Enthüllungen von Edward Snowden war das plötzlich anders.


Die Technologie, die Sie in „T.R.O.J.A. Komplott“ erfinden, klingt gar nicht so weit hergeholt. Gab es dafür schon ein vergleichbares Vorbild oder ist sie tatsächlich noch ferne Zukunftsmusik? Wie haben Sie für die technischen Hintergründe Ihres Romans recherchiert?

Der Einsatz von Nanotechnologie im Bereich der Medizin findet längst statt. Auch die Nanobots sind keineswegs Fiktion. Es existieren bereits erste Prototypen. Allerdings sind ihre Fähigkeiten noch sehr begrenzt. Bis sie so leistungsfähig sind, wie die winzigen Maschinen in Nicos Körper, wird sicher noch einige Zeit vergehen.


Auch wenn Ihr Roman sehr eindrucksvoll zeigt, wie schief moderne Technologie gehen kann, ist die verwendete Gesundheitsüberwachung ursprünglich mit einem positiven Hintergedanken entstanden. Wie stehen Sie persönlich dazu? Würden Sie die Nanotechnologie im Körper behalten?

Freiwillig sicher nicht.  Zumal die Erfahrung zeigt, dass neue Technologien, die sich zur Überwachung der Bevölkerung und zum Spionieren eignen, immer auch dafür genutzt werden. Das Internet bzw. sein Missbrauch ist nur das aktuellste Beispiel aus einer langen Reihe. Warum sollte es bei der Nanotechnologie anders sein?


Sie schicken Nico durch eine rasante Folge von Ereignissen mit vielen unvorhergesehenen Überraschungen. War das alles von vorneherein geplant oder entwickelte sich die Geschichte erst beim Schreiben?

Wenn ich mit dem Schreiben beginne, habe ich den roten Faden der Geschichte bereits im Kopf. Ich weiß also, wo ich in etwa landen will. Wie ich dorthin komme, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Das ist tägliche, mitunter harte Arbeit.


Ihre bisherigen Bücher spielten alle in Gegenwart bzw. Vergangenheit. Was hat Sie daran gereizt in diesem Roman einen Blick in die Zukunft zu werfen, zumal in eine so düstere?

Da jede „Zukunftsvision“ letztendlich nur ein Spiegel der Gegenwart ist, eignet sich dieses Genre besonders dazu, aktuelle Entwicklungen sichtbar zu machen, die man kaum wahrnimmt. So ist die im T.R.O.J.A. Komplott geschilderte staatliche Gesundheitsdiktatur beispielsweise gar nicht so weit entfernt, wie man annehmen könnte. Man denke nur an die vielen, populären „Gesundheitsapps“, die auch bei den Krankenkassen auf großes Interesse stoßen. Noch ist ihr Gebrauch freiwillig ...


Sie bleiben bisher dem Kinder- und Jugendbuch treu. Könnten Sie sich auch Romane für Erwachsene vorstellen?

Für den Erwachsenbereich schreibe ich gerade einen Politthriller mit aktuellem Hintergrund.


Haben Sie bereits ein neues Buchprojekt geplant und können uns vielleicht schon ein wenig neugierig machen?

2016 wird im Coppenrath Verlag ein weiteres Jugendbuch von mir erscheinen. Den Titel und den Inhalt möchte ich an dieser Stelle nicht nennen.


Die abschließende Frage nun noch an Sie als Leser: Welches Buch lesen Sie gerade?

Dmitry Glukhovsky: „Metro 2033“.

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