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Janet Clark 2Janet Clark ist eine erfolgreiche Thriller-Autorin und hat mit "Finstermoos" nun ihre erste Reihe geschrieben, die sich vor allem an jüngere Leser (ab 12 Jahren) richtet, aber auch über diese Altersklasse hinaus begeistert. Auf der Leipziger Buchmesse hat sie uns die Münchenerin viele Fragen beantwortet und interessante Einblicke ermöglicht.


Hallo Janet! Ich freue mich, dich nach zwei Leserunden in unserem Forum persönlich kennen zu lernen! Fangen wir doch direkt mit einer Frage an, die uns in unserer Leserunde zu "Finstermoos - Aller Frevel Anfang" beschäftigt hat: Woher kommt dein Name? Immerhin bist du eine deutsche Autorin, auch wenn "Janet Clark" eine andere Vermutung zulässt.

Ich bin in München geboren, also Deutsche. Meine Eltern haben mich nach einer englischen Freundin benannt. Leider konnten damals in Bayern die wenigsten Janet aussprechen (ausgesprochen: Tschanett, das war ein absolutes Kindheitstrauma. [lacht] Irgendwann bin ich nach England gezogen, wo jeder meinen Namen aussprechen konnte, und habe dort geheiratet, wodurch ein englischer Nachname dazu kam.

Es wurde mir einmal von einem Verlag angetragen, ich solle mir ein deutsches Pseudonym zulegen, aber das wollte ich nicht. Seit über 20 Jahren heiße ich Janet Clark und ich kann mir nicht vorstellen wie es ist, mit einem Pseudonym zu arbeiten. Bin ich dann Cornelia Müller oder Janet Clark


Da du gerade deine Kindheit angesprochen hast: Bereits mit elf Jahren hast du deinen ersten (zwölfseitigen) Roman geschrieben. Stand für dich schon damals fest, dass du Autorin werden möchtest?

Lustigerweise nein. Nachdem ich diesen „Roman“ über eine Entwicklungshelferin geschrieben habe, wollte ich unbedingt selbst eine werden. Allerdings habe ich stattdessen ganz banal Wirtschaft studiert, weil man davon ganz gut leben kann.


Inzwischen bist du dennoch erfolgreiche Autorin. Was fasziniert dich am Schreiben?

Dass ich in verschiedene Charaktere eintauchen kann. Ich fange mit einem Thema an und darum spinnt sich eine Geschichte. Am Anfang erfinde ich die Geschichte , doch irgendwann bestimmt die Geschichte mit wie ich sie zu erzählen habe. Plötzlich sind Figuren da, die sterben sollten und sich weigern, oder sich in einen ganz Anderen verlieben. Und ich denke mir "Leute, was macht ihr da?"

Bei "Finstermoos" hat sich z.B. eine Figur eingeschlichen, die gar nicht geplant war. In Band 3 ist mir dann aufgefallen, dass eben diese Figur enorm wichtig ist. Wenn ich also plötzlich irgendetwas schreibe und nicht weiß, wo das herkommt - weil ja alles genau durchstrukturiert und geplottet ist -, lasse ich das immer stehen und schaue, wo es mich hinführt. Ganz oft ist es so, dass ich 50 Seiten weiter plötzlich bemerke, dass ich mir intuitiv eine Steilvorlage für etwas anderes geliefert habe. Und das ist der Moment, in dem die Geschichte mitbestimmt, wie sie erzählt werden will.


Du wirst also durchaus von deiner eigenen Geschichte bzw. deinen Figuren überrascht?

Ja. Die entwickeln sich. Sie müssen etwas lernen und zum Leben erwachen. "Finstermoos" ist meine erste Serie, und die ersten 100 bis 150 Seiten von Band 1 habe ich ungefähr viermal geschrieben, bis der Anfang endlich lebendig war. Anfangs waren die Figuren sehr hölzern, doch nach und nach haben sie Konturen bekommen und mir verraten, wer sie eigentlich sein wollen.


Kannst du verraten, welche Figur gar nicht geplant war und in Band 3 wichtig wird?

Nein, dann verrate ich zu viel ...


Dann üben wir uns in Geduld.
Wir haben es wohl deinem Mann zu verdanken, dass wir deine Geschichten lesen können, denn 2008 wolltest du zu Gunsten von Beruf und Familie das Schreiben an den Nagel hängen, doch er hat dich ermutigt, weiterzumachen. Inzwischen hast du das Schreiben sogar zu deinem Hauptberuf machen können! Was ist das für ein Gefühl?

Das ist auf der einen Seite ein wahnsinnig tolles Gefühl, weil ich in den letzten Jahren unglaublich viel geschafft habe. Vor allem, wenn man bedenkt, dass nur 5% der Autoren vom Schreiben leben können. Es ist aber auch ein Beruf, der sehr instabil ist, wenn man nicht zu den Top-Spiegel-Bestseller-Autor gehört.


Der Druck ist also enorm hoch?

Der Druck ist wahnsinnig hoch und wird immer höher, je kürzer der Verkaufszykluses eines Buches wird. Es gibt immer mehr Autoren, inzwischen auch viele Selfpublisher. "Finstermoos" kostet 9,95 Euro und ich trete gegen Bücher an, die 99 Cent kosten - und das in einer Zielgruppe, die ihr Buch vielleicht vom Taschengeld kauft und daher vielleicht eher zu günstigeren Büchern greift. Das ist ein großer Konkurrenzdruck.


Lass uns nochmal auf "Finstermoos" eingehen. Konntest du den Loewe-Verlag schnell von deinem neuen Projekt überzeugen?

Ja, der Verlag war gleich begeistert davon.


Stand von vornherein fest, dass es vier Bände werden oder hat sich das während der Zusammenarbeit mit dem Verlag ergeben?

Der Verlag wollte auch Leser erreichen, die vor dicken Büchern zurückschrecken, daher hatte ich eine Vorgabe von 200 Seiten je Band. Ansonsten hätte man die Geschichte eventuell auch anders schneiden können, beispielsweise zweimal 400 Seiten – allerdings zu einem entsprechend höheren Preis.


Der Cut ... Du bist ja nicht nur unheimlich gemein zu deinen Figuren - die müssen ganz schön viel über sich ergehen lassen -, sondern auch zu deinen Lesern. Die einzelnen Bände enden immer an dermaßen spannenden Stellen! Macht dir das Spaß?

Klar. [lacht] Auf der einen Seite freut es mich, weil ich den Leser in eine gewisse Spannung versetzen will. Ich weiß natürlich auch, dass manche Leser mich deswegen hassen und sagen: "Die kann doch nicht da aufhören! Ist die irre?" Aber ich habe mich dabei an den typischen Serien-Cuts orientiert.


Wir müssen zum Glück kein Jahr warten, bis wir weiterlesen können, sondern nur drei Monate. Sind alle Bände bereits fertig geschrieben oder wie schaffst du es, diese kurze Erscheinungsfolge zu bewältigen?

Ich hatte Vorlauf, denn ich kann natürlich nicht im 3-Monats-Takt Bücher schreiben. Ich bin gerade in der Überarbeitung von Band 4 und gebe diesen nächste Woche ab. Anschließend warte ich auf die Rückmeldung der Lektorin und dann geht es im Ping-Pong-System hin und her, bis dieser ganz fertig ist. Dabei kann ich aber schon an meinem nächsten Projekt arbeiten. Insgesamt sind es ca. 18 bis 20 Monate Arbeit, die in "Finstermoos" stecken.


In jedem einzelnen Band werden sehr, sehr viele Fragen aufgeworfen. Werden mit dem vierten Band alle beantwortet oder lässt du das eine oder andere offen?

Es bleibt eine Sache offen, die ich dem Leser überlasse, ansonsten wird alles beantwortet. Viele Antworten gibt es schon in Band 3 - vor allem, wie verschiedene Dinge zusammenhängen - und in Band 4 wird dann der Rest gelöst. Eigentlich müsste ich vor dem Erscheinen eine Testleserunde machen, um zu erfahren, ob ich doch irgendwas vergessen habe. [lacht]


Ich greife nochmal kurz die Leserunden auf. Was macht für dich den Reiz aus, diese zu begleiten?

Es ist für mich wahnsinnig spannend zu beobachten, wo ihr Fragen stellt, wo ihr drüber stolpert, wo ihr was ganz anders interpretiert als ich.

Wenn ich schreibe, sind die Romanfiguren meine Freunde, die ich eineinhalb bis zwei Jahre überallhin mitnehme. Immer! Ich habe also so ein anderes, tieferes Verständnis, wie die Figuren ticken und so weiter und so fort,. Dazu kommt, dass ich natürlich trillionen Versionen von so einem Band schreibe - das heißt, wenn ich beim Kürzen etwas gestrichen habe, ist es in meinem Kopf noch drin. Daher ist es für mich wichtig zu sehen, wo ihr drüber stolpert, wo eine Diskrepanz ist zwischen dem, was ich glaube erzählt zu und dem, was bei euch ankommt. Diese Diskrepanz versuche ich immer kleiner werden zu lassen, indem ich genau aufpasse, wo ihr aus der Geschichte fallt. Wann wird euch eine Person unsympathisch? Wann könnt ihr nicht mehr nachvollziehen, wie eine Person tickt? Es gibt zum Beispiel Dinge, bei denen  viele Leser sagen, dass es das nicht mehr gebraucht hätte. Daraus ziehe ich für mich, dass ich übertrieben habe und es beim nächsten Mal etwas einfacher halten sollte.

Euch zuzuschauen, wenn ihr das Buch das allererste Mal lest, eure erste Reaktion, finde ich extrem spannend. Und wenn ich mich weiterentwickeln will - und das will ich, denn ich möchte immer bessere Bücher schreiben -, dann muss und möchte ich daraus lernen.


Du nimmst dir die Kritik deiner Leser also richtig zu Herzen?

Absolut! Ich muss natürlich differenzieren: der eine Leser mag dies gerne, der andere das. Ein typisches Beispiel ist mein Debütroman, denn der hat einen relativ schwierigen Einstieg, weil er eher literarisch gehalten ist und viele Personen eingeführt werden, und ein Knall-Fall-Ende im Sinne eines Hollywood-Showdowns. Nun gab es die Gruppe, die den Einstieg super fand und das Ende scheußlich, und die Gruppe, die den Einstieg schwierig fand und das Ende toll. Ich habe also zwei verschiedene Lesergruppen in einen Topf geworfen, was mir damals nicht bewusst war.

Bei "Finstermoos" gibt es Leser, die sagen, dass sie sich wunderbar mit den Figuren identifizieren können, weil diese toll ausgearbeitet sind, und einige wenige sagen, dass die Figuren platt und verwechselbar sind. Bei so etwas höre ich weg, weil es schlicht unterschiedlicher Lesergeschmack ist. Wenn aber ganz viele einen bestimmten Punkt kritisieren, sehe ich mir das ganz genau an und lerne daraus.


Du hast gerade gesagt, dass du deine Figuren so gut wie niemand sonst kennst. Ich habe aus unseren Leserunden mitgenommen, dass die meisten Basti im ersten Band eher unsympathisch fanden. Der kommt jedoch auch nicht zu Wort, sodass man ihn lediglich aus Sicht der anderen Figuren erlebt. Das ändert sich in dem sogenannten eShort, in dem man seine Sichtweise erlebt und ihn verstehen lernt. War das Sinn und Zweck der Kurzgeschichte?

Das war ein Problem im ersten Band: Ich habe relativ viele Personen, eine sehr komplexe Handlung und nur 200 Seiten. Ursprünglich hat man viel mehr über Basti und Luzie erfahren, aber dafür plätscherte die Geschichte vor sich hin. Ich bin ja im Thriller, also musste ich ganz, ganz, ganz viel rausnehmen, bis der endlich Zug hatte. Und der eShort mit Basti und Luzie gab mir eine Gelegenheit, mich nur auf diese beiden Personen zu konzentrieren. Bisher hatte Basti keine Stimme, doch nun konnte ich zeigen, dass er Luzie wirklich liebt, und ihm ein paar Sympathiewerte bringen.


Janet Clark 3Glücklicherweise muss man das eShort nicht gelesen haben, um Basti zu mögen, denn im zweiten Band bekommt er dann auch seine Stimme, man lernt ihn und seine Beweggründe besser kennen. Doch nochmal zurück zu "Finstermoos" an sich: Wie bist du auf die Idee gekommen, deine Thriller-Reihe in einem Dorf anzusiedeln, in dem jeder jeden kennt und man am liebsten für sich bleibt? Sprichst du da vielleicht aus Erfahrung?

Die Leute aus Berlin sagen zwar, dass München ein Dorf ist ... Es war aber so, dass der Verlag eine Geschichte in einer abgeschiedenen Gemeinde habe wollte. Ob diese nun in den Bergen oder auf einer Insel liegt, war mir frei. Es sollte eine klaustrophobische Atmosphäre sein. Aufgrund dieser Vorgabe bin ich auf das Dorf in den Bergen gekommen, denn bei Bergdörfern habe ich auch noch die Einkesselung durch die Berge. Zudem weiß jeder alles von jedem, und das zusammen ist eine spannende Ausgangssituation.


Erst recht wenn man merkt, dass die Einwohner ihre Probleme selber und auf ganz andere Weise, als beispielsweise in München, regeln. Polizei etc. bleiben außen vor, was die ganz besondere Atmosphäre noch unterstreicht.

Und was typisch ist für so eine Dorfstruktur.


Die Hintergrundgeschichte ist, wie du selbst gesagt hast, sehr komplex. Wie behältst du da den Überblick?

Das ist eine meiner Spezialitäten. Viele meiner Bücher sind relativ komplex, denn alles ist miteinander verwoben. Ich behalte den Überblick, weil ich ganz klar und strukturiert plotte, indem ich verschiedene 3-Akt-Modelle ausarbeite. Normalerweise hat eine Geschichte ein 3-Akt-Modell, doch bei dieser Reihe habe ich für die Gesamtgeschichte, für jeden einzelnen Band und für jede Hauptfigur in jedem Band ein 3-Akt-Modell konzipiert. Das war nötig, damit ich weiß, wie sich was überkreuzt, um die beste Spannung zu erzeugen. Durch diese ganzen 3-Akt-Modelle, konnte ich immer alles genau nachschauen.


Das heißt also, du planst deine Romane erst bis ins kleinste Detail, bevor du mit dem Schreiben beginnst?

Ja und nein. Ich habe Band 1 und 2 minutiös durchgeplant, Band 3 und 4 nicht mehr. Bei den ersten beiden Bänden brauchte ich das noch, aber dann - wie ich vorhin gesagt habe - übernehmen die Figuren irgendwann und man fängt an abzuweichen.


Wo wir gerade bei der Schreibarbeit sind: Wie sieht dein Arbeitstag aus? Hast du bestimmte Rituale, die du beim Schreiben einhältst, beispielsweise eine feste Schreibzeit oder eine festgelegte Seitenzahl pro Tag?

Ich habe ein Schreibritual, wenn ich Prosa schreibe. Wenn man ein Buch schreibt, hat man verschiedene Phasen, beginnend mit der Plot-Phase. Da habe ich natürlich kein Schreibritual, sondern laufe rum und denke, mache mir Notizen und kleine Karteikärtchen, mit denen ich mir die Plots auf dem Fußboden auslege. Wo ist welcher Strang? Wie gehören die zusammen? usw. Und ich male mir meine 3-Akt-Modelle auf.
Wenn diese Phase vorbei ist und ich ins Prosa schreiben komme, schreibe ich den ersten Rohentwurf sehr schnell (zumindest versuche ich es) und viel Schrott. Das ist okay, das nennt sich "Warmschreiben". Erst mal alles raus. Es ist wirklich so: man „kotzt“ eine Geschichte aus. Das klingt scheußlich, aber manchmal fühle ich mich abends genau so. Wenn ich mir den Text danach durchlese, sitze ich oft da und denke "Oh Gott, ist das schlecht!" [lacht] Immer die gleichen Eingangssätze, immer kommt gerade jemand oder fährt oder parkt. Also sehr einfallslos, einfacher Satzbau – das ist nur das Gerüst für die Geschichte.

Dann kommt der zweite Schritt, der fast genauso lange dauert wie der erste, in dem ich Satz für Satz den Szenenbau, die Figuren und die Psychologie überprüfe. Da fliegt wahnsinnig viel raus, wird viel rein- und neugeschrieben. Beispielsweise Sachen wie "... sagte er entsetzt". Ich habe eine Schreiblehrerin, die würde das dick anstreichen. Also picke ich die meisten "er schaute überrascht", "sagte er entsetzt", "fassungslos starrte er" usw. raus, und denke mich in diese Figur ein und überlege, was diese gerade fühlt und sieht. Ich kann sagen: "Er drängte sich eilig durch die vollen Gänge der Leipziger Buchmesse" oder ich kann sagen: "Links rempelte ihn einer an, rechts bohrte sich eine harte Buchtüte in den Rücken. Er setzte zum Überholen an, stolperte. Verdammt! So würde er den Termin nie schaffen. Schon wieder stellte sich ihm jemand in den Weg. Der Mann wog mindestens 200 Kilo." Ich habe das gleiche gesagt, aber jetzt habe ich es mit Leben gefüllt.


Jetzt kriegt es Substanz.

Und das ist viel Arbeit! So in die Figuren einzutauchen, dass man sieht, was die gerade sehen. Hört sie gerade einen Vogel? Springt da ein Eichhörnchen aus dem Baum? Was macht die Mutter im Hintergrund? Diese Sachen machen ein Buch lebendig. Die Geschichte ist in beiden Fassungen die gleiche, aber beim zweiten Mal kommt mehr Leben rein.


Beobachtest du deine Mitmenschen sehr genau, um eben so lebendig schreiben zu können?

Ja, natürlich. Ein guter Trick ist aber auch, sich im Fernsehen ein Drama ohne Ton anzuschauen. Kein Dialog. Nur beobachten, wie der Mann beispielsweise sein Wasserglas nimmt. Trinkt er schnell und knallt es auf den Tisch oder nimmt er lediglich einen Schluck und stellt das Glas vorsichtig ab?

Gleichzeitig kann man beobachten, was jemand mit seinem Gesicht macht. Wir haben eine relativ begrenze Mimik. Wir lächeln, wir grinsen, wir kräuseln die Nase, wir runzeln die Stirn, wir ziehen die Augenbrauen hoch - und irgendwann ist Schluss. Deswegen muss man dann auf andere Details eingehen. Wie hält er seine Hände? Klickt er mit dem Kugelschreiber? Man muss sich immer wieder was Neues einfallen lassen, weil all das  so oft gebraucht wird. Und das finde ich sehr schwer.


Steht dir dabei dein Mann als Testleser zur Seite?

Mein Mann ist mein größter Bewunderer, liest aber selber sehr wenig. Meine Bücher liest er natürlich alle, und dann auch sehr, sehr, sehr genau. Er findet immer den einen Rechtschreibfehler, der übersehen wurde.


Du hast bereits einige Thriller veröffentlicht. Hast du schon mit dem Gedanken gespielt, das Genre zu wechseln oder bist du dem Thriller absolut erlegen?

Nein, das bin ich nicht. Es ist allerdings schwierig als Autorin, wenn man mit einem Genre einen gewissen Erfolg hat, dieses zu wechseln.

"Finstermoos" ist eine Kompromisslösung, es ist kein reiner Thriller, sondern tendiert mehr in Richtung einer Familiensaga - wenn auch sehr spannungsgeladen. Und das war eine ganz bewusste Entscheidung, damit ich aus der Schublade “Mädchenthriller“ hinausschlüpfe, bevor sie zu ist.


Ansonsten bliebe ja noch das deutsche Pseudonym.

Dankeschön. [lacht] Ich würde wirklich gerne darauf verzichten. Das kommt nur, wenn ich ein Kinderbuch schreiben würde, denn ich glaube, Thriller und Kinderbuch mit dem gleichen Namen passt nicht so gut.


Heute Abend liest du im Rahmen der Loewe Thrillernacht vor Publikum aus deinem Nicht-ganz-Thriller. Bist du vor solchen Veranstaltungen nervös oder ist das inzwischen Routine?

Grundsätzlich ist das Routine - ich habe inzwischen fast 100 Lesungen hinter mich gebracht … . Man möchte das natürlich gut machen, klar, und ich bin keine Schauspielerin, sondern Autorin.. Deshalb habe ich Schauspielunterricht genommen, um das Lesen auf einer Bühne zu erlernen. Trotzdem ist es tagesabhängig, ob ich nervös bin.


Eine letzte Frage habe ich noch: Welches Buch liegt derzeit bei dir auf dem Nachttisch?

"Kellerkind" von Nicole Neubauer. Das ist eine Debütautorin aus München, die wie ich bei den Mörderischen Schwestern ist.
Grundsätzlich lese ich alle Genres, überwiegend aber Thriller und Jugendbücher. Ich muss meinen Markt kennen. Das nächste Buch, das ich lesen werde, ist "Übergang" von Justin Cronin - das ist ein 1000-Seiten-Wälzer zur Einstimmung auf mein neues Projekt.


Janet ClarkJetzt muss ich doch noch eine Frage stellen (gerade, weil du es vorhin schon mal erwähnt hast): Du hast eine Schreiblehrerin? Was kann man sich darunter genau vorstellen?

Schreiben ist ein Handwerk und wenn man davon leben möchte, sollte man dieses auch erlernen. Ich habe viele Workshops und Seminare besucht und bei meinem Debüt hat mich meine Schreiblehrerin begleitet - Kapitel für Kapitel, Seite für Seite. Nicht im Sinne von "Mach das so und so", sondern "Denk an das, was du gelernt hast. Du kannst das besser." Sie begleitet nach wie vor meine Bücher, meist die ersten 20 Seiten. Sie kriegt die Rohfassung und dann watscht sie mich einmal ab. [lacht] Aber ich brauche diesen Push, damit ich aus diesem "schnell runter geschriebenen" anhand ihrer Kommentare wieder in das Atmosphärische komme.

Es gibt  in Deutschland leider keinen allgemein gültigen Creative Writing-Kurs Standards. Ich bin als Autorin komplett auf mich gestellt, mir einen guten Lehrmeister zu suchen. Plotten, Dramaturgie, Sprachrhythmus, Figurenentwicklung ... Es gibt viele Aspekte, die man lernen muss.


Da haben uns die Amerikaner etwas voraus.

Wahrscheinlich sind die Amerikaner, Engländer und Skandinavier deshalb so erfolgreich. Ich habe Fans, die mir schreiben, dass sie sich mein Buch nur gekauft haben, weil sie dachten, dass ich Engländerin wäre …Ich nehme Creative Writing sehr ernst. Als Genre-Autorin muss mich den Genre-Regeln beugen. Ich kann sie meinetwegen mal verdrehen, ich kann sie auch pervertieren, weiterentwickeln, aber ich muss mir erstmal bewusst machen, dass die Leser, die ich erreichen will, bestimmte Standards erwarten. Diese wurden von den englischen und amerikanischen Autoren die letzten 60 Jahre gesetzt, als Deutschland im Thrillerbereich fast ein reiner Lizenzmarkt war. Vor zehn Jahren hast du kaum deutsche Thriller gefunden - wüsste ich zumindest nicht. Krimis schon, aber deutsche Thriller ... Nee, das war unverkäuflich und ist daher auch nicht verlegt worden.

Derzeit lockert sich das ein wenig, immer mehr deutsche Thrillerautoren schaffen es in die großen Publikumsverlage. Geändert hat sich das unter anderem, weil deutsche Autoren anfangen, sich intensiv mit Creative Writing zu beschäftigen. Aber das ist noch ein weiter Weg …


Dann hoffen wir, dass sich das in den nächsten Jahren ändert und es auf Dauer auch hier in Deutschland die Möglichkeit gibt, Creative Writing beispielsweise als Studiengang zu belegen und der deutsche Autor auch im Ausland gesehen und anerkannt wird.

Das ist unser Ziel und daran müssen wir noch sehr viel arbeiten.


Ich danke dir ganz herzlich für diese interessanten Einblicke in dein Leben als Schriftstellerin, deine Arbeitsweise und das Autorendasein allgemein. Viel Erfolg heute Abend bei der Lesung!

Danke!

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