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Albert sammelt Abschiede. Tag für Tag fotografiert er am Bahnhof Tränen, Umarmungen und traurige Blicke. Denn Abschiede sind für ihn Momente, in denen das Leben wahrhaftiger ist als jemals sonst. Bis ihm eines Tages Kati begegnet. Sie sieht aus wie ein Engel, hat Hände wie ein Hooligan und interessiert sich brennend für eines seiner Fotos. Albert hält es für das Abbild eines perfekten Augenblicks. Für Kati aber ist es eine einzige Lüge. Zusammen machen sie sich auf die Suche nach der Wahrheit hinter dem Bild. Es wird eine Reise in die verborgene Welt des Bahnhofs. Voller Glück. Voller Verzweiflung. Und intensiver als jeder Abschied.

 

Echt 

Autor: Christoph Scheuring
Verlag: Magellan
Erschienen: September 2014
ISBN: 978-3734850011
Seitenzahl: 255 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Es ist nicht leicht, die Handlung von Christoph Scheurings Roman kurz zusammenzufassen. Die obenstehende Verlagszusammenfassung gibt einen guten Einblick, aber in „Echt“ findet sich so viel mehr als nur die Suche nach der Wahrheit hinter einem Foto. Es ist zusätzlich ein bewegendes Portrait einer Gemeinschaft aus gestrauchelten Individuen rund um den Hamburger Hauptbahnhof, ein Abbild der ersten Liebe, ein Jugendlicher, der erstmalig die echte Welt erlebt und ein lebendiges Bild der jugendlichen Freiheit, die nicht immer etwas Gutes sein muss. Zusammenfassend ist es einfach ein bewegendes Jugendbuch, das mich von der ersten Seite an beeindruckt hat.


Stil und Sprache
Mit Albert hat Christoph Scheuring den idealen Ich-Erzähler für seinen Roman gewählt. Dadurch, dass Albert bisher sehr behütet aufgewachsen ist, stolpert er recht naiv in die Bahnhofsszene von Hamburg und erleichtert so auch dem Leser den Blick in die wohl für die meisten unbekannte Welt. Da Albert so offen auf die Menschen zugeht, kann man selbst auch seine Vorurteile überwinden und einfach eintauchen in eine Gemeinschaft, die zusammenhält und gleichzeitig konstant am Abgrund balanciert. Besonders Kati weckt mit ihrem wechselvollen Charakter von Beginn an die Neugier. Diese hält den Leser am Buch, auch wenn die Spannung ein bisschen auf sich warten lässt. Tatsächlich kommt bis auf einige wenige Szenen am Schluss während des gesamten Romans keine Hochspannung auf. Der Autor schafft es stattdessen mit kurzen Höhepunkten, langsam entwirrten Rätseln und der Faszination für seine Charaktere den Leser ans Buch zu binden. Zusätzlich steigert er den Druck auf seine Charaktere langsam bis zur großen Katastrophe am Schluss. Es werden schließlich zwar nicht alle Fragen beantwortet, aber mir gefiel der Realismus vom Ende sehr gut und ich war unglaublich erleichtert, dass der Autor seinen großartigen Roman nicht durch ein Kitsch-Ende kaputt gemacht hat.

Ein weiterer Grund, warum man den Roman nicht aus der Hand legt, ist der großartige Schreibstil. Man kann sich tatsächlich vorstellen, dass jemand wie Albert seine Geschichte genau so erzählen würde und immer wieder sorgt trotz aller Dramatik Ironie an den richtigen Stellen für die nötige Portion Humor. Großartig!


Figuren
Albert ist sicher kein typischer Jugendlicher. Statt seine Freizeit mit Freunden zu verbringen, fotografiert er am Hamburger Hauptbahnhof Abschiede von wildfremden Leuten. Auf den Jungen, der selbst ein ruhiges, ereignisarmes Leben führt, wirken diese kurzen Momente des Abschieds intensiver als alle seine bisherigen Erfahrungen. Dann trifft er Kati und der Leser kann mitverfolgen, wie aus dem schüchternen, zurückgezogenen Jugendlichen ein neuer Mensch wird. Das Aufeinandertreffen von Alberts gutbürgerlicher Erziehung mit Katis verzweifelter Freiheit macht den großen Reiz des Romans aus und führt beide Charaktere an ihre Grenzen.

In „Echt“ finden sich viele Nebencharaktere, die von Christoph Scheuring allesamt unglaublich dreidimensional gezeichnet wurden. Man hat das Gefühl, jeder einzelne trägt sein ganz eigenes Päckchen und man müsste nur nachfragen, um ein neues Schicksal kennenzulernen. Einige Figuren sind sicher ein wenig überzeichnet, aber die meisten wirken unglaublich realistisch und schlicht und ergreifend echt. Mein heimlicher Favorit war Alberts Vater. Er bringt immer wieder unbewusst den nötigen Humor in die an sich sehr ernste Handlung und auch wenn man ihn nicht selbst als Vater haben will, muss man ihn für seine Weltfremdheit einfach gern haben.


Aufmachung des Buches
Der Magellan Verlag hat für Christoph Scheurings Roman eine außergewöhnliche Gestaltung gefunden. Das gebundene Buch hat einen festen Pappdeckel erhalten und das Covermotiv ist lediglich ein Aufkleber mit dem Titel und der Inhaltsangabe des Romans. Auch das Verlagszeichen und die ISBN Nummer sind auf dem Cover. Die Rückseite bleibt leer. Durch die orange-rote Bindung fällt das Buch trotzdem sofort ins Auge und die geradezu roh wirkende Pappe passt großartig zum Inhalt des Romans. Ein ganz besonderer Einband, für einen ebenso besonderen Roman.


Fazit
Christoph Scheuring ist mit „Echt“ meiner Meinung nach völlig verdient für den deutschen Jugendliteraturpreis 2015 nominiert. Sein Roman ist lebensnah, bewegend, aufrüttelnd und unendlich ehrlich geschrieben. Ich habe mit Albert gelacht, geweint und gehofft und seine Geschichte hat mich lange nicht losgelassen. Unbedingt lesen!


5 Sterne


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