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Ein bewegender und spannender Roman aus dem mittelalterlichen Freiburg.

Begine Serafina hat sich in ihrer neuen Heimat gut eingelebt. Da erschüttert ein schlimmer Frevel Freiburg. Entweihte Hostien – im Münster, dem heiligsten Ort der Stadt! Der alte Kreuzbruder des Gotteshauses – grausam ermordet! Der Verdacht fällt auf einen jüdischen Schuster, der unter der Folter auch alles gesteht, was man von ihm hören will. Serafina indes hat einen anderen Verdächtigen im Blick. Doch dann geschehen Dinge, die Serafina an ihrem heimlichen Verbündeten, dem Stadtarzt Achaz, zweifeln lassen …

 

Hostienfrevel 

Autor: Astrid Fritz
Verlag: Rowohlt Taschenbuch Verlag
Erschienen: September 2014
ISBN: 978-3-499-26796-3
Seitenzahl: 303 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Begine Serafina hat sich bei den Schwestern zu St. Christoffel gut eingelebt und führt mit ihren Mitschwestern ein geordnetes Leben. Doch die Ruhe ist trügerisch, denn bald macht das Gerücht die Runde, dass im Münster der Stadt Hostien mit Blut geschändet wurden. Der alte Kreuzbruder, der in der Nacht die Kirche bewachen soll, wird ermordet. Ein Schuldiger ist bald bei der Hand, denn wer sonst kann die Tat begangen haben als die "lügnerischen Juden". Der jüdischen Schuster Mendel, der als Einziger der Freiburger Juden in der Tatnacht in Freiburg anwesend war, ist das ideale Opfer für die Freiburger. Doch die Begine Serafina glaubt nicht an die Schuld des Schusters. Entsetzt über den plötzlich auflodernden Judenhass in der Stadt, beginnt sie unbequeme Fragen zu stellen.
Serafina erhofft sich Unterstützung bei dem Stadtarzt Achaz, der ihr in der Vergangenheit schon mehrmals geholfen hat, doch der benimmt sich jedes Mal, wenn sie ihm begegnet um ein Stück seltsamer. So entscheidet sie sich, auch ohne die Hilfe des Stadtarztes auf eigene Faust nachzuforschen und begibt sich unverhofft in große Gefahr.

Das mittelalterliche Leben und das Umfeld von Schwester Serafina wurde gut recherchiert in Szene gesetzt. Die Krimihandlung baut jedoch mehr auf das historische Umfeld und das damalige Leben der Menschen, statt auf große Action oder unnötig brutale Gewalt.


Stil und Sprache
Das Buch wurde in der dritten Person geschrieben und wartet mit einem flüssigen und angenehmen Schreibstil auf. Die Sätze wurden in Ausdruck und Sprachweise so angepasst, dass sie einerseits gut verständlich sind (die speziellen, zeittypischen Ausdrücke kann man im Glossar, nach dem Geschichtsende nachschlagen, wo sie kurz erklärt werden) und andererseits das Maximum an historischer Atmosphäre – so wie man sich das heute vorstellt - an den Leser „rüberbringen“. So taucht der Leser in ein historisches Freiburg ein, in dem das Leben alles andere als leicht war und Gewalt, Schmutz und Vorurteile, aber auch Liebe und der Wunsch nach Gerechtigkeit in der Palette des menschlichen Gefühlslebens und Handlungsraum nicht fehlen.

Die Schauplätze wurden gut beschrieben und auch die Lebensverhältnisse der Figuren wurden glaubhaft und gut nachvollziehbar dargestellt. Da man im Lauf der Geschichte mittels eines Rückblickes einige interessante Details aus der Vergangenheit der Hauptperson erfährt, ist es zum Verständnis der Geschichte nicht notwendig, „Aschekreuz“, den ersten Teil der mittelalterlichen Krimireihe zu kennen. Es könnte natürlich den Lesegenuss deutlich erhöhen, wenn der Leser Serafinas „ersten Fall“ bereits kennt und so über alles was den Ereignissen in „Hostinfrevel“ vorhergegangen ist, Bescheid weiß. So ist der Leser nicht von den kurzen Infos abhängig, die aus dem Vorgängerband in die aktuelle Geschichte gestreut wurden um der Handlung und den Taten der Figuren besser folgen zu können.

Die Protagonisten charakterisieren sich im Lauf der Geschichte permanent durch ihre Dialoge und Handlungen selbst und machen neue Erfahrungen. Gut ersichtlich ist, wie Serafina durch das Leben als heilkundige Begine einerseits relativ viele Freiheiten besitzt, andererseits aber auch durch ihr Gelübde in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt ist. Auch der Druck der Öffentlichkeit, denen die Beginen unterschwellig ausgesetzt sind, wird gut in die Geschichte eingeflochten. Dass in diesem Buch die Freundschaft zwischen der Begine Serefina und dem Stadtarzt Achaz recht angepannt ist und Achaz Serafina plötzlich aus dem Weg geht, hält die Spannung zusätzlich hoch.

Wie schnell der Mob – mit dem richtigen Anreiz - eine Volksgruppe oder einen braven Bürger zum Staatsfeind Nr. 1 deklariert und auf ihn losgeht, wird auf erschreckende Weise und sehr authentisch gezeigt. Auch die beschriebenen (Tat-)Orte sind detailreich und gut vorstellbar dargestellt, sodass beim Lesen das Kopfkino genügend Material zur Verfügung hat und der Leser leicht in die „gute alte Zeit“ hineinrutschen kann. Vom Aussehen der Kleidung, der Auswahl an den damaligen Speisen, die Innenansichten und Einrichtung der Hütten bis hin zu der Not und dem Elend der Armen und Kranken wird die Geschichte durch viele kleine Details so lebendig wie möglich und liest sich authentisch. Kleinere Ungereimtheiten fallen durch das gut recherchierte „Rundherum“ nicht wirklich auf sondern werden dadurch gekonnt überspielt.

Der Kriminalfall ist gut konstruiert und durch die Ansichten der Beteiligten bzw. Betroffenen auch mit nachvollziehbaren Gründen ausgestattet. Die „Schnüffelei“ Serafinas und ihre Erkenntnisse, die sich jedoch nicht immer als der Wahrheit letzter Schluss entpuppen, beschert dem Leser einige Wendungen, bis schließlich der richtige Bösewicht mit dem passenden Grund gefunden ist. Hochdramatische Gewaltszenen, wilde Verfolgungsjagden oder blutige Zweikämpfe kommen in dem Roman allerdings nicht vor. Stattdessen bietet das Buch einen spannenden, feinen Kriminalfall mit viel Lokalkolorit und einem gut recherchierten Einblick in das Leben, Lieben und Leiden der Bevölkerung im historischen Freiburg.

Alle LeserInnen, die historische Krimis mit einer aktiven, resolut-quirligen „Detektivin“ in einem historischen Umfeld lieben, werden mit diesem Buch bestimmt viel Spaß haben.


Figuren
Die Begine Serafina fühlt sich unter ihren Mitschwestern recht wohl und hat sich in Freiburg gut eingelebt. Ihre Vergangenheit macht ihr allerdings immer noch Sorgen. Ihr Heilwissen kann sie bei ihrem „Job“ ausleben sie tut ihr Bestes um sich zu zügeln, aber ihre resolute Art, ihre Neugier und ihr kriminalistischer Spürsinn bringen sie immer wieder in einmal mehr, einmal weniger große Schwierigkeiten.

Adalbert Achaz, der Stadtarzt ist Serafinas Vertrauter. Allerdings distanziert er sich im Lauf des Buches von Serafina und ihrem Bitten um Unterstützung. Erst gegen Ende der Geschichte kommt der Grund für sein Verhalten ans Licht. Mit den Schwestern zu St. Christoffel kommt Serafina gut zurecht, besonders die fröhliche, junge Grethe hat sich für Serefina bald zu einer unverzichtbaren Freundin entwickelt.

Der Bettelzwerg Barnabas, Ratsherr Wetzstein und seine Frau unterstützen Serafina, und helfen ihr wenn sie können. Die Freiburger Bürger, allen voran Judenschuster Mendel, Glasmaler Grasmück und die Eheleute Fronfischel haben so ihre Geheimnisse und kein Verlangen danach, dass irgendjemand dahinter kommt. Allerdings haben sie nicht mit Serafinas Neugier gerechnet.

Die Figuren im Buch sind entweder aufgrund ihrer Lebenssituation oder ihrer Wünsche und Bedürfnisse sehr motiviert und handeln überwiegend nachvollziehbar, glaubwürdig und entschlossen.


Aufmachung des Buches
Das Coverbild des Taschenbuches passt gut zum Genre und der Rückseitentext gibt einen spannenden Einblick in die Geschichte. Auf der Innenseite des ersten Blattes findet sich die Kurzvita der Autorin sowie eine Aufzählung ihre bereits erschienenen Romane. Bevor die Geschichte beginnt, werden die Hauptpersonen, die Schwesternsammlung St. Christoffels, Seraphinas Bekanntenkreis sowie die Freiburger Bürger, die Nebenpersonen und die vorkommenden historischen Mitspieler mit Namen und einer kurzen Personenbeschreibung vorgestellt.
Das Buch besteht aus 36 nummerierten Kapiteln, die von einem kurzen Prolog eingeleitet werden. Ein Glossar am Ende der Geschichte erklärt kurz und prägnant eventuelle unbekannte und auch historische Ausdrücke und Bezeichnungen.


Fazit
"Hostienfrevel" ist ein kurzweiliger historischer Kriminalroman, der auf übermäßige Action verzichtet und sich mehr auf die Menschen, ihr Leben und ihre verborgenen Geheimnisse konzentriert. Die interessant gezeichneten Figuren, die gut recherchierte Szenerie, und die verwendeten mittelalterlichen Begriffe in der Erzählung und den Dialogen werden den Lesern, die dieses Genre lieben, bestimmt einige spannend-schöne Lesestunden bescheren.


4 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Das Aschenkreuz

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