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Als Oberhaupt der argentinischen Jesuiten stellte sich Jorge Mario Bergoglio gegen die Reformen des II. Vaticanums und verbot die soziale Arbeit in den Slums. Auch sein Verhalten während der argentinischen Militärdiktatur hinterlässt viele offene Fragen. Doch was veränderte Bergoglio und machte aus ihm den bescheidenen und gerechten Papst, den wir heute kennen?
Der renommierte Journalist Paul Vallely hat sich auf Spurensuche durch das Leben des Franziskus begeben. In seiner gründlich recherchierten Biographie zeigt er die erstaunliche Entwicklung Franziskus' vom reaktionären Kirchenpolitiker zum revolutionären Papst.

 

Papst Franziskus Vom Reaktionaer zum Revolutionaer 

Originaltitel: Pope Francis. Untying the Knots
Autor: Paul Vallely
Übersetzer: Axel Walter
Verlag: Theiss Verlag
Erschienen: 1. August 2014
ISBN: 978-3806229370
Seitenzahl: 239 Seiten


Inhalt, Stil und Sprache
Der Autor Paul Vallely ist Journalist und so beginnt das Buch ganz klassisch erst einmal mit einem Aufmacher (Schmutzige Tricks im Vatikan), der mehr auf Boulevard schließen, denn an seriöse Berichterstattung denken lässt. Dieser Eindruck bestätigt sich zum Glück nicht.  Im 2. Kapitel "Nah bei den Menschen"  folgt zunächst die Schilderung der Ereignisse der Papstwahl 2013. Erst danach wendet der Autor seinen Blick in die Vergangenheit des Jorge Mario Bergoglio und berichtet mehr oder weniger chronologisch aus dem Leben des Franziskus – was hat ihn in seiner Kindheit geprägt, wie kam er zum Jesuitenorden und nicht zuletzt wird seine Rolle während der Diktatur in Argentinien beleuchtet, seine Wandlung vom Reaktionär zum Revolutionär nachgezeichnet. Wobei, so revolutionär wirkt er auf mich nicht, aber ich bin weder eine gute Kennerin des Vatikans, noch der argentinischen Geschichte. Aber deutlich spürbar ist doch, dass in der Katholischen Kirche ein frischer Wind weht; nach so vielen Jahren des Kreisens um sich selbst, ist Papst Franziskus angetreten die Kirche der Welt zu öffnen. Dazu passt sein bescheidenes, aber dennoch machtbewusstes Auftreten sowohl in der jüngeren Vergangenheit, als auch jetzt in seinem neuen Amt. Er will eine "arme Kirche für die Armen" und lebt dies auch selbst vor. Es geht ihm um Teilhabe und nicht um bloße Wohltätigkeit. Das ist das Außen, das aber gehörig nach innen wirkt. Zudem muss er die Kurie reformieren und einige Skandale z.B. die Vatikanbank betreffend, klären, es wartet also viel Arbeit auf ihn.

Der Autor schafft es, trotz eines zeitweise spröden Stils den Leser für den Porträtierten zu interessieren und es kommt sogar so etwas wie Spannung auf, weil man mehr wissen will über diesen charismatischen Menschen, der selbst dem argentinischen Einwanderermilieu entstammt. Vallely geht durchaus kritisch mit ihm um, lässt seine Gegner ausführlich zu Wort kommen, aber auch seine Freunde. Dabei gelingt es ihm weitestgehend, selbst neutral zu bleiben und die Wertung der Ereignisse und der Verhaltensweisen Bergoglios dem Leser zu überlassen. Natürlich hat er auch eine eigene Meinung zu Franziskus, die er nicht verheimlicht, aber nicht als einzig wahre darstellt. Ob man jemals wirklich sagen kann, ob sich Bergoglio zur Zeit der Diktatur richtig oder falsch verhalten hat, das denke ich muss sich erst noch zeigen. Etliches ist da noch ungeklärt (nicht nur im Bezug auf ihn) und ambivalent, und Vallely hält sich klugerweise raus. Die Hoffnung aber, dass Franziskus Licht ins Dunkel bringen wird, indem er z.B. die kirchlichen Archive öffnen lässt, die hat er schon.

Vermisst habe ich allerdings eine Aussage dazu, was Bergoglio nun wirklich zum Umdenken gebracht hat. Es werden Indizien für einen "schleichenden Prozess", um es mal so zu benennen, präsentiert, aber eine Meinung des Autors, was letztlich für die Wandlung ausschlaggebend war, sucht man vergebens. Fakt ist nur, dass Bergoglio, seit er Erzbischof von Buenos Aires wurde, sich sehr anders verhält, als in den vielen Jahre zuvor. Da bleibt der Autor dem Leser etwas schuldig, denn er vermittelt in seinem Text dem Leser das Gefühl, dass er, Vallely, es weiß. Man fragt sich nur: Warum schreibt er es dann nicht?


Aufmachung des Buches
Papst Franziskus ist schon so bekannt, dass der Verlag es wagen kann, ihn auf dem Cover des Schutzumschlages von hinten als "frontales Rückenbild" zu zeigen. Auch die Farben (grün-grau) wirken zurückhaltend, und so wird das Auge schnell auf den Titel gelenkt. Und dies passt durchaus zur Person des Papstes, der unaufdringlich wirkt, aber doch sehr präsent ist. Das Hardcover ist unter dem Umschlag ebenfalls grau-grün eingebunden. Das Papier fühlt sich angenehm an. Die Schrift ist überraschend klein und wird bei den Zitaten noch kleiner, bleibt aber gut lesbar. Eine ausführliche Zeittafel (von 1936 – 2013) über mehrere Seiten unterstützt den Text und vereinfacht die Einordnung der Biographie u.a. in die argentinische Geschichte. Mit der Danksagung und dem Register schließt das Buch.


Fazit
Eine gut lesbare Biographie, die Raum lässt für eigene Gedanken und Denkanstöße liefert. So soll es sein.


4 Sterne


Hinweise
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