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WAS MACHT UNSER LEBEN AUS? WOZU IST ES GUT? WAS GIBT IHM KRAFT UND SUBSTANZ?

Für die 14-jährige Isabel und ihre Familie gibt es kein Entkommen. Die Pest erreicht ihr Dorf im Jahr 1349. Das Leben, wie Isabel es kannte und liebte, endet abrupt. Statt Fürsorge und Vertrauen greifen Angst und Schrecken um sich. Weder Gottesfürchtigkeit noch Isolation können die Familie schützen. Als Isabel begreift, dass die fürchterliche Seuche alle Gebote der Menschlichkeit außer Kraft setzt, stemmt sie sich entschlossen gegen die Panik. Couragiert versucht sie ihr Leben zu leben, sich zu kümmern, wo sie kann, sich zu freuen, wenn es Grund zur Freude gibt, ihren Weg zu gehen, trotz allem. In einer Zeit des Terrors und der Trauer beweist sie Hoffnung, Mitgefühl und Mut.

 

Keiner kommt davon 

Originaltitel: All Fall Down
Autorin: Sally Nicholls
Übersetzerin: Beate Schäfer
Verlag: Hanser
Erschienen: 17. März 2014
ISBN: 978-3-446245112
Seitenzahl: 288 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Die obige Zusammenfassung gibt einen sehr guten Überblick über die Grundidee und die Ausgangshandlung des historischen Romans wieder, der zu Zeiten des ausgehenden 14. Jahrhunderts in Nordengland spielt. 

Mit ihrem neuen Jugendbuch ist der englischen Autorin Sally Nicholls eine fesselnde und zugleich beklemmende Mischung aus geschichtlichen Fakten, einer zarten Liebesgeschichte und schockierenden Elementen eines Endzeitromans gelungen. Angesiedelt ist der Roman vor dem realen Hintergrund der verheerenden Folgen der großen Pestepidemie – einer der größten Katastrophen der Menschheitsgeschichte, bei der ein Drittel bis die Hälfte der europäischen Bevölkerung den Tod fand. Aus Sicht der jungen Heldin Isabel erzählt sie eine ergreifende Geschichte über den Überlebenskampf in einer Zeit des Todes und der Trauer, der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Mit großem Einfühlungsvermögen versteht es Nicholls, moralische Fragestellungen, tragische Themen und die geschichtlichen Hintergründe rund um den „Schwarzen Tod“ zu einer authentischen, packenden Geschichte zu verdichten und auch für Jugendliche ansprechend zu vermitteln.


Stil und Sprache
Erzählt wird die Geschichte in der ersten Person der Gegenwartsform aus Isabels Perspektive, wodurch der Leser sehr intensiv ihr Umfeld erlebt und hautnah Anteil an ihrem Schicksal und ihrer Gefühlswelt nehmen kann. Die Autorin versteht es, den Leser mit wenigen Sätzen in die mittelalterlich geprägte Welt ihrer Hauptfigur mitzunehmen und ihm aus Isabels persönlichem Blickwinkel ein authentisches und atmosphärisch dichtes Bild der damaligen Lebensverhältnisse zu vermitteln. Ungeschönt veranschaulicht sie auch jungen Lesern, wie das ärmliche Alltagsleben im Mittelalter wirklich aussah: unter desolaten hygienischen Verhältnissen sogar mit dem Vieh unter einem Dach zu leben, oft Hunger zu leiden und als Leibeigener zeitlebens an das Dorf gebunden zu sein. Die Sitten und Gebräuche der Landbevölkerung hat Sally Nicholls ebenso plastisch beschrieben wie auch ihre Gottesfürchtigkeit und Flucht in den Aberglauben. Hierdurch bekommt der Leser einen lebendigen, detaillierten Blick in die Vergangenheit zu Zeiten der Pest, der eindringlich, schonungslos und oft auch sehr grausam ist. Mit ihren überzeugenden, vielschichtigen Figuren gibt sie den vielen Toten ein Gesicht und bezieht den Leser emotional mit in die damaligen Ereignisse ein.

Gemeinsam mit Isabel erlebt der Leser, wie die Stimmung in der Bevölkerung mit den ersten aufkommenden Gerüchten über die Pestwelle kippt, sich mit den ersten Todesfällen allmählich Panik verbreitet und schließlich jeder versucht, dem allgegenwärtigen Sterben zu entkommen. Durch die sehr intensiv und realistisch beschriebenen Szenen schafft es Nicholls, das unfassbar bedrückende Ausmaß dieser Seuche für den Leser spürbar werden zu lassen, ihn mitleiden, kämpfen und resignieren zu lassen. Die erschreckende Erkenntnis, dass oftmals rücksichtsloser Egoismus statt christlicher Nächstenliebe das Überleben vieler Menschen gesichert hat, lässt uns Leser betroffen und nachdenklich zurück. Auf eindringliche Weise hat die Autorin die psychologischen Hintergründe für das Verhalten der Menschen festgehalten. So ist es äußerst spannend und nervenaufreibend mitzuverfolgen, wie die unmittelbare Bedrohung durch die Pest und die familiären Tragödien in Isabels Umfeld einen schleichenden Verfall der christlichen und moralischen Werte bis hin zum Verlust jeglicher gesellschaftlicher Ordnung zur Folge haben. Doch neben all der Trostlosigkeit und Düsternis hält Sally Nicholls in ihrem Nachwort auch die zuversichtlich stimmende Botschaft für ihre Leser bereit, „dass Menschen eine erstaunliche Fähigkeit besitzen, in den Ruinen ihrer Welt zu stehen und sie aus der Asche wieder neu aufzubauen.

Der bildhafte, ausgefeilte Erzählstil der Autorin liest sich ansprechend und flüssig. Die lebendigen und authentischen Schilderungen der mittelalterlichen Schauplätze und Lebensverhältnisse lassen auf eine umfangreiche Recherche der historischen Hintergründe schließen.


Figuren
Äußerst gelungen sind die sensibel und vielschichtig gezeichneten Figuren. Die 14-jährige Protagonistin Isabel ist ein sehr interessanter Charakter, der in dieser Geschichte sehr liebevoll und dennoch realistisch ins Leben gerufen wurde. Insbesondere ihre charakterliche Weiterentwicklung durch ihre einschneidenden Erlebnisse hat die Autorin sehr anschaulich und eindringlich herausgearbeitet. Fleißig und duldsam erleben wir sie anfangs im ärmlichen, ländlichen Umfeld mit ihrer Großfamilie, wo sie als Leibeigene auf den Feldern eines Landadeligen in Nordengland arbeiten muss. Trotz ihres bedrückenden und äußerst trostlosen Alltags ist sie stets hilfsbereit, mitfühlend und fürsorglich, für die damalige Zeit wirkt sie beinahe schon zu intelligent und selbstbewusst. Isabel ist ein junges liebenswertes Mädchen, das mit dem Ausbruch der Pest plötzlich einer unbegreiflichen Katastrophe gegenüber steht. Sehr glaubhaft und differenziert hat die Autorin dargestellt, wie Isabel versucht, mit dem allgegenwärtigen Tod, den Verlusten, ihren Ängsten und ihrer eigener Verzweiflung fertig zu werden. Nachvollziehbar ist, dass ihr Verhalten in vielen unerträglich grausamen Situationen abgeklärt, distanziert und gefühllos wirkt. Dennoch gelingt es Isabel im Laufe der Handlung immer wieder, sich tapfer, zuversichtlich und stets aufopferungsvoll dem gnadenlosen Überlebenskampf zu stellen, gegen Resignation anzukämpfen und mit ungebrochenem Lebenswillen weiter zu machen. Auch die zart aufkeimende Liebesgeschichte wird sehr einfühlsam beschrieben, und ist passend und mit viel Fingerspitzengefühl in die Handlung eingebaut.

Sally Nicholls versteht es, ihre Figuren facettenreich, lebendig und glaubhaft darzustellen. Man erhält durch ihr Handeln einen sehr realistischen und detaillierten Einblick in jene mittelalterlich geprägte Gesellschaft angesichts der fürchterlichen Seuche.


Aufmachung des Buches
Die optische Gestaltung dieses kartonierten, gebundenen Buchs ist durch die leuchtend blutrote Farbe sehr auffällig. Hierdurch springt das ansonsten eher schlichte Cover direkt ins Auge und lässt den Leser unweigerlich an frisches, verwischtes Blut und Bluttropfen denken. Auf der Buchvorderseite sind einige Buchstaben im Buchtitel und Namen der Autorin durch kleine Abbildungen ersetzt, die man sofort mit dem Schwarzen Tod in Zusammenhang bringt. Die Motive von Sense, Pestarzt und Pestilenzmaske weisen geschickt auf das Thema des Romans hin und finden sich auch abwechselnd als kleine Vignetten nach den Kapiteln.

Der Roman ist insgesamt in 42 recht kurze Kapitel unterteilt. Zudem findet man eine inhaltliche Untergliederung in drei Abschnitte unterschiedlicher Länge, die als Erstes, Zweites und Drittes Buch betitelt sind. Im Anschluss an den Roman erläutert die Autorin im Historischen Hintergrund sehr interessante historische Fakten, ihre Intention für den Roman und verweist zudem auf aktuelle Parallelen in der Gegenwart. Abgerundet wird das Buch mit einem ausführlichen Glossar zu allen weniger bekannten Begriffen.


Fazit
Ein bewegender und spannender Jugendroman über den „Schwarzen Tod“ - eine der größten Katastrophen der Geschichte im Mittelalter - mit realistischen Schilderungen und gut recherchiertem, geschichtlichen Hintergrund. Sehr eindringlich und ergreifend erzählt Nicholls den harten Überlebenskampf der jungen Isabel angesichts von Tod, Trauer und Verzweiflung aber auch voller Hoffnung. Ein etwas düsterer, aber sehr empfehlenswerter historischer Roman für Jugendliche ab 12 Jahren, der mit seiner tiefgründigen Thematik auch ältere Leser ansprechen wird!


4 5 Sterne


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