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Expedition ins Tierreich

Zwei Niederlagen an einem Tag, das hat sich Jungreporter Kretsche beim Aufstehen nicht träumen lassen: Freundin Jola macht Schluss, weil er nur an den Job denkt, und Chefin Carola hat einen ganz üblen Auftrag für ihn: Recherche auf Gran Canaria für eine Skandal-Reportage über Pauschal-Urlauber. Befehl ist Befehl. Aber Kretsche beschließt, Carola mit einer genialen Idee auszubooten: Er will das wüste Leben auf der Party-Insel beschreiben wie Heinz Sielmann die wilden Tiere der Serengeti. Und vor allem seinen Liebeskummer vergessen. Umgeben von feierwütigen Animateuren, philosophierenden Swingern und zupackenden Türstehern droht Kretsche allerdings auf ganzer Linie zu scheitern. Und was er nicht ahnt: Jola ist im Anflug! Carola auch!

 

  Autor: Mark Werner
Verlag: Rowohlt
Erschienen: 06/2009
ISBN: 978-3499249877
Seitenzahl: 336 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Andreas Kreschinski, genannt Kretsche, ist Redaktionsassistent bei einem Fernsehsender und soll für seine Chefin Carola nach Gran Canaria fliegen und dort für eine (natürlich ihre!) Reportage vorab recherchieren. Seine Freundin Jola hat gerade nach sieben Jahren mit ihm Schluss gemacht und wirft ihn aus der Wohnung, so dass ihm gar nichts anderes übrig bleibt, als tatsächlich nach Gran Canaria zu fliegen. Dort gerät er in einen wahren Strudel aus All-Inclusive-Urlaubern, unberechenbaren Animateuren, Nudisten und experimentierfreudigen Swingern. Bei seinen Recherchen tut sich ein Problem nach dem anderen auf und als dann noch Carola und seine Ex-Freundin Jola nach Gran Canaria kommen, steuert alles unaufhaltsam auf eine Katastrophe zu.


Stil und Sprache
Mark Werner macht seinem Beruf als Serienautor alle Ehre und erzählt locker und flüssig Kretsches Geschichte von einem, der auszog, die Reportage seines Lebens zu drehen. Er spart dabei nicht an witzigen Beschreibungen von Situationen und Dialogen, die etwa zu Anfang die Atmosphäre in der Redaktion sehr lebendig und greifbar machen. Auch auf Gran Canaria ist das spezielle All-Inclusive-Feeling spürbar, sei es im entsprechenden Hotel oder in einem der allgegenwärtigen Einkaufszentren, in denen in Playa del Inglés das Leben spielt.

Erzählt wird hauptsächlich aus Kretsches Sicht, aber auch Jola und Kretsches Chefin Carola haben ihre Zeit zum Erzählen. Kretsche träumt viel und bunt, mir teilweise aber zu abgedreht, naja, Geschmackssache. Der zum Teil etwas flapsige Schreibstil passt hervorragend zur Geschichte, manchmal habe ich angesichts von geradezu slapstickartigen Szenen laut lachen müssen, etwa wenn das Inhaberpaar eines „magischen Swinger-Tempels“ alle Heiligkeit vergisst und höchst profan über Buddha-Statuen aus dem Baumarkt, Gewinnoptimierung und den bevorstehenden Besuch der Schwiegermutter streitet. Herrlich auch das vorgezogene Finale mit fast allen Beteiligten, aber mehr verrate ich jetzt nicht!

Angesichts der Vita des Autors könnte man vermuten, dass der Roman einige autobiographische Züge trägt, aber das schadet ihm zum Glück nicht. Mark Werner weiß auf jeden Fall, worüber er schreibt, und das tut der Story ausgesprochen gut und sie bleibt trotz aller Komik doch ziemlich real und tatsächlich vorstellbar.


Figuren
Man merkt deutlich, dass Mark Werner die Menschen sehr genau beobachtet und ihre Eigenarten herauszustellen weiß, seine Personen wirken unglaublich echt und man meint, sie alle schon einmal im Urlaub getroffen zu haben. Sei es der ausschließlich spanisch sprechende Rezeptionist, der plötzlich kein Zimmer mehr frei hat, oder die ewig strahlend gelaunte Animateurin, die mit ihren Aufforderungen zum Mitmachen bei irgendwelchen Aktivitäten alle Gäste in den Wahnsinn treibt, oder, oder, oder. Unglaublich viele bunte Gestalten huschen durch diese Geschichte (ja, auch der Mensch in der karierten Golfhose, der an der Hotelrezeption immer vordrängelt!) und machen Gran Canaria auch für die erlebbar, die noch nicht dort waren. Allen voran natürlich Kretsche, der zwischen beruflichem Ehrgeiz und Liebeskummer schwankt, von verzweifelt zu trotzig pendelt und wieder zurück, nebenbei noch alle möglichen Probleme lösen und Widrigkeiten des Touristendaseins aus dem Weg gehen muss.

Trotz aller Flapsigkeit wünscht man automatisch Kretsche das Beste und hofft mit ihm, dass noch alles irgendwie gut ausgeht, andererseits versteht man aber auch Jola und sogar ein bisschen Carola, die böse Redakteurin. Ach ja, ein ordentlicher Spritzer Selbstironie ist auch immer dabei, da findet man sich durchaus mal selber wieder…


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch ist in bunten, fast neonartigen Gelb- und Orangetönen aufgemacht, auf dem Cover befindet sich eine stilisierte Dünenlandschaft, davor ein roter Reisekoffer mit einem „erwürgten“ Aufblaskrokodil darin. Es gibt einen Prolog, 14 Kapitel und einen Epilog. Dabei sind die Kapitel jeweils mit einem Stern und dem Text „Hölle, all inclusive“ markiert. Immer wieder ist der Text von kurzen Einschüben mit „Tier“-Beschreibungen à la Heinz Sielmann unterbrochen.

Die nicht ganz so hochwertige Papierqualität und die etwas unruhige Aufmachung mit verschiedenen Schriftarten lassen leider das Buch nicht ganz „aus einem Guss“ erscheinen, da wäre weniger vielleicht mehr gewesen.


Fazit
Eigentlich passt dieses Buch überhaupt nicht in mein Beuteschema, trotzdem habe ich mich jederzeit gut amüsiert und kann es jedem empfehlen, der zwar unterhalten werden möchte, aber nicht davor zurückschreckt, sich vielleicht selbst in einer der Figuren wieder zu finden. Das perfekte Buch für den Urlaub auf den kanarischen Inseln oder wo immer man möchte.


4 Sterne 


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