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Für Lieutenant Jacqueline "Jack" Daniels fängt die Woche nicht gut an. Ihr Lebensgefährte ist mit seiner Fitnesstrainerin durchgebrannt, sie leidet unter chronischer Schlaflosigkeit, belastet ihre Kreditkarten mit Einkaufsorgien bei Shopping-Kanälen und zu allem Überfluss hinterlässt ein furchterregender Serienmörder, der sich der "Lebkuchenmann" nennt, verstümmelte Leichen in ihrem Revier.

Jack hat alle Hände voll damit zu tun, dem FBI mit seinem unsinnigen Profiling-Computer aus dem Weg zu gehen, ihr Glück bei einer Partneragentur zu versuchen, sich mit Straßengangstern herumzuschlagen und die Annäherungsversuche eines ungehobelten Privatermittlers abzuwehren. Als wäre das alles nicht genug, muss sie zusammen mit ihrem verfressenen Partner Herb Benedict den irren Killer schnappen, bevor dieser erneut zuschlägt ... und Jack steht auf seiner Todesliste an oberster Stelle.

 

Der Lebkuchenmann 

Originaltitel: Whiskey Sour
Autor: J.A. Konrath
Übersetzer: Peter Zmyj
Verlag: AmazonCrossing
Erschienen: 03.06.2014
ISBN: 978-1477822357
Seitenzahl: 372 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Ein perverser Serienkiller versetzt Chicago in Angst und Schrecken. Er nennt sich "Der Lebkuchenmann" und hinterlässt bei seinen grausam zugerichteten Leichen jedes Mal eine dieser Weihnachtsleckereien sowie einen persönlichen Gruß der Abscheulichkeit für die Polizei, der die toten Mädchen noch post mortem verhöhnt. Deshalb beginnt für Lieutenant Jacqueline Daniels, die von allen nur Jack genannt wird, ein Wettlauf gegen die Zeit, denn der Mörder hat Blut geleckt und noch lange nicht genug. Als dann auch noch die Ermittlerin in persona in den Mittelpunkt des Killerplans rückt, wird es höchst gefährlich und stachelt Jack dazu an, all ihre Kräfte zu bündeln, um den Mann hinter Gittern zu bringen. Wird sie es schaffen?

In vielen Thriller-Reihen sind es die männlichen Protagonisten, die durch ihre Marotten, Macken und Drogenprobleme für Trubel sorgen, da ist es eine schöne Abwechslung, dass hier eine Frau mal durch vergangene Erfahrungen und Erlebnisse entzaubert wird. Der Dramatik tut dieser „Machtwechsel“ sehr gut, denn ohne Waffe ist das „schwache Geschlecht“ seinen Widersachern leider meist unterlegen.


Stil und Sprache
Joseph Konrath hat einen speziellen Sinn für Humor, der schon allein durch den Namen seiner Protagonistin deutlich wird und auf die vielen Kommissare anspielt, die laut eigener Aussage unter Alkoholsucht leiden. Der englische Originaltitel „Whiskey Sour“ unterstreicht diesen Witz noch etwas besser, obwohl mir persönlich der deutsche Titel mehr zusagt. Wenigstens diese Schwäche für Hochprozentiges hat der Autor der Ermittlerin selbst aber erspart und es lediglich für kleine Schmunzler verwendet.

Der Amerikaner hat keine Angst, auch bestimmte Berufsgruppen aufs Korn zu nehmen, so müssen sich beispielsweise die beiden zuständigen FBI-Agenten, die Jack mit Rat und Tat zur Seiten stehen sollen, einige Häme gefallen lassen. Mit ihren hochsensiblen und technisierten Profiling-Methoden sind sie leider komplette Lachnummern, was folgende Aussage beweist: „Vicky hat ein neues Täterprofil erstellt. Wir können jetzt mit einer Wahrscheinlichkeit von 77,4% Prozent sagen, dass es sich um einen Frankokanadier handelt und dass er höchstwahrscheinlich ein Pferd besitzt.“ (S.216) In ihrer Selbstsicherheit wollen sie dann auch tatsächlich einige Pferdeställe in der Umgebung beschatten lassen, obwohl in der Zwischenzeit ein weiteres Mädchen mit dem Tod kämpft und schreit. Was Jack immer näher an eigene Mordgedanken bringt, überbrückt bei dem geneigten Leser die kleinen Spannungstiefpunkte mit guter Laune, obwohl insgesamt durch die verkürzten Intervalle der Opferfunde genügend Tempo vorhanden ist.

Erzählt wird der Thriller, in der für mich angenehmer zu lesenden Vergangenheitsform, dabei auffällig ist aber, dass der Autor die Ordnungsgewalt in der ersten Person zu Wort kommen lässt und bei den Wechseln zu dem grausamen Täter auch in die anonyme dritte Person wählt. So bauen wir als Leser mit Jack Sympathie auf und finden den Mörder noch abstoßender und zwar ohne dass wir uns dagegen wehren könnten.

Das Finale endet dann mit einer typisch amerikanischen Verfolgungsjagd, die mit vielen Schusswechseln, zänkischen Worten zwischen den Guten und den Bösen, sowie einem Knall alle wünschenswerten Elemente vereint. Durch Konraths Sinn für literarische Späße sticht der Thriller dann sogar noch positiv hervor.


Figuren
Mit Jack hat der Autor eine Protagonistin geschaffen, die mit dem weichen Frauenbild nur wenig gemeinsam hat, aber genau dadurch im Gedächtnis bleibt. Nachdem ihr Freund mit ihr wegen akutem Zeitmangel Schluss gemacht hat, mutiert sie noch stärker zum Workaholic und ernährt sich wenig ladylike hauptsächlich von Kaffee und Fast Food. Ihre Schlagfertigkeit und ihr Gefallen an fast stumpfsinnigen Witzen mit ihrem gutmütigen Kollegen Herb kann so schnell nichts erschüttern und auch dann, wenn sie durch ihr vorlautes Mundwerk in das Visier des Mörders mit beinahe tödlichem Ausgang gerät, versinkt sie nicht in Kummer oder Angst. In gewisser Weise ist sie die perfekte Polizistin, da sie niemals aufgibt und ihre Schwächen im persönlichen Umfeld nur noch anspornender auf die Arbeit wirken. Das Beziehungsleben der geschiedenen Frau hat der Autor noch vornehm im Hintergrund gelassen, in den nachfolgenden Fällen wird sich aber für die Unerschrockene bestimmt noch der Mann fürs Leben und das nötige Verständnis finden.

Der von Rachsucht getriebene Gegenspieler ist ein Psychopath erster Güte und dementsprechend für die Leser kein Mann, den man gerne im Dunkeln begegnen möchte. Sein Motiv für die schrecklichen Taten, sowie der traumatische Auslöser waren verhältnismäßig verständlich, wenngleich die Zugabe des gebackenen Lebkuchens fast schon an kindlichen Trotz erinnerte.

Die Nebenfiguren, die sich meist im männlichen Umfeld des Reviers tummeln, weil Jack sich in der Freizeit nicht mit Freundinnen trifft und nur mit ihrer Mutter gelegentlich kommuniziert, sind allesamt auch etwas verrückt und testosterongesteuerte Mitvierziger. Die bunte Vielfalt macht Laune, welche sich die Herren aber auch erhalten müssen bei den teilweise schnöden Schreibtischarbeiten bzw. der täglichen Gewalt auf Chicagos Straßen. Kurioser Höhepunkt sind die schon oben erwähnten FBI-Agenten mit ihrem Hang zu ausgefeilter Theorie, die in der Praxis regelmäßig schwächelt.


Aufmachung des Buches
Da der Roman bei „AmazonCrossing“ erschienen ist, einem Programm das sich von einem Online-Buchhändler zu einem Verlag entwickelt hat, der anhand von positiven Kundenrezensionen internationale Romane für den Markt übersetzt, ist die Gestaltung eher schlicht und preisgünstig, um sie so einer breiten Masse zugänglich zu machen. Das Cover ist dunkel gehalten und könnte den Serienkiller zeigen, wie er sich in seinen Folterkeller zurückzieht. Die Buchbindung ist stabil und die Kapitel fortlaufend und klassisch nummeriert.


Fazit
Der Thriller ist eine etwas schräge Kombination von Polizisten-Humor und brutaler Einschübe, die unter die Haut gehen. Wer zwischen Blutspritzern und knackenden Knochen auch mal schmunzeln möchte, hat mit Der Lebkuchenmann die Wahl einer interessanten Reihe mit gelungenem Auftakt getroffen.


4 Sterne


Hinweise
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