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Das Wunderbare an unseren Gärten ist, dass es dort immer und überall wild lebende Kreaturen – Tiere wie Pflanzen – gibt. Überall finden sich irgendwann Insekten, Vögel und gelegentlich auch kleine Säugetiere ein. Aber warum nicht auch aktiv und gezielt Lebensräume für heimische Tier- und Pflanzenarten schaffen, in denen diese Nahrung, Wasser, Schutz und Behausung finden? Wenn wir Tiere aus Wald und Wiese locken, vor allem mit heimischen Pflanzen, leisten wir einen Beitrag zur Erhaltung einheimischer Artenvielfalt und lernen damit mehr über die faszinierende natürliche Pflanzen- und Tierwelt vor unserer Haustüre. Beiläufig kommen wir damit in den Vorzug biologischer Schädlingsbekämpfung, der Bestäubung unserer Pflanzen und eines gesünderen Bodens (und damit auch gesünderer Pflanzen). Mit der Natur zu leben und sie zu pflegen, war lange Teil unserer Identität und ist vor allem Verantwortung gegenüber kommenden Generationen – und nicht zu vergessen ein großer Spaß für unsere Kinder, bei dem sie intensive und nachhaltige Beziehungen zur Umwelt aufbauen können.

Mit vielen praktischen Anleitungen für den Bau von Insektenhotels. Igelkästen, Vogelhäusern etc. 

 

Wilde Gartenparadiese gestalten 

Originaltitel: The Wildlife Gardener
Autor: Kate Bradbury
Übersetzer: Christine Frauendorf-Mössel 
Verlag: Thorbecke Verlag
Erschienen: 18. Februar 2014
ISBN: 978-3799505116
Seitenzahl: 144 Seiten

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Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Erfreulicherweise teilt sich das Buch in zwei Bereiche, die ungefähr die gleiche Seitenzahl umfassen. Teil 1 widmet sich den Lebensräumen der Tiere, Teil 2 den Tierporträts, die auch als Bestimmungshilfen heran gezogen werden können.

In Teil 1 fragt die Autorin: Wie kann ich in der Stadt Lebensraum für Wildtiere schaffen? Und welchen Tieren möchte ich in meinem Garten Nahrung und ein Dach über dem Kopf anbieten? Diese Fragen lassen sich in der Regel recht leicht beantworten und Nahrungspflanzen sowie Verstecke und Unterschlupfe dienen häufig vielen Tieren, nicht nur ganz bestimmten. Totholzstapel beispielsweise beherbergen Käfer, Igel, Vögel, Amphibien und natürlich auch Asseln und ähnliche, häufig unsichtbare, Geschöpfe. Ob man allerdings Fuchs, Dachs und Kaninchen unbedingt aus ihren angestammten Habitaten in die Stadt und den eigenen Garten locken sollte, wie von der Autorin angeboten? Ich sehe dies ausgesprochen kritisch. Ein Garten ist kein Zoo. Dennoch lassen sich viele einheimische Tiere als Kulturfolger bezeichnen, die schon lange ihren Lebensraum mit den Menschen teilen, und diese sollte man inzwischen nicht nur dulden, sondern nach langen Zeiten der Verfolgung mit Insektiziden und Pestiziden beim täglichen Überlebenskampf unterstützen. Das Wie wird hier gut aufgezeigt, wenn auch in unterschiedlicher Qualität – ausführliche Pflanzenlisten (inklusive nützlicher Unkräuter), Bauanleitungen (Hummelburg, Teich etc.), Pflegemaßnahmen und Tipps z.B. zur Winterfütterung helfen dem Gartenbesitzer sehr gut weiter. Die Anlage eines Teiches ist zwar ökologisch sinnvoll, nur das, was hier vorgeschlagen wird, ist kaum mehr als eine Wasserpfütze – mit grade mal 30 cm Tiefe bedarf er intensiver Pflege  und verlandet ohne diese recht schnell.

Empfehlenswert sind die Kästen (in beiden Teilen) mit der Überschrift "Hilfe" – was tun wenn man den Frosch beim Winterschlaf stört, im Frühjahr sich eine Hummelkönigin ins Haus verirrt oder man einen Jungvogel findet?
Gärtnerische Anleitungen, z.B. zur Pflanzung von Bäumen oder wie man einen Komposthaufen richtig anlegt, gibt die Autorin nicht. Eine kluge Entscheidung, denn dies würden den Rahmen dieses Buches sprengen, und wer Informationen dazu braucht findet sicher gute Ratgeber von anderen Autoren.

Die Bestimmungshilfe des 2. Teils umfasst die Tiergruppen Vögel, Säugetiere, Amphibien und Reptilien, Bienen und Wespen, Schmetterlinge und Nachtfalter, Käfer, Fliegen, Wanzen, andere Kleintiere und Teichbewohner. Die Porträts sind alle gleich aufgebaut und als Nachschlagewerk geeignet. Zunächst erhält man allgemeine Informationen zur Tiergruppe, danach fasst die Autorin 10 Dinge, die man tun kann, um diese Tiere ganz allgemein zu unterstützen, zusammen. Daran schließen sich die Kurzbeschreibungen an: Aussehen, Nahrung, Nestbau, Brutverhalten und zuletzt unter dem Stichwort "Lockmittel" wie man sie in den Garten locken kann. Eigentlich ist dies aber etwas missverständlich ausgedrückt, denn es geht hauptsächlich darum, welche speziellen Maßnahmen man gerade für dieses Tier ergreifen kann, um ihm ein zu Hause zu bieten.
Als besonders angenehm empfinde ich, dass Bradbury nicht in Nützlinge und Schädlinge unterteilt, oder Unkräuter diffamiert. Es gelingt ihr ausgezeichnet darzulegen, wie jeder von jedem abhängt, und dass es ohne Blattläuse keine Marienkäfer, ohne Schmeißfliegen keine Schwalben, ohne Brennnesseln keinen Admiral gibt. Selbst die bei Gärtnern sehr unbeliebten Schnecken erfüllen als Nahrungsquelle eine wichtig Funktion. Nach der Lektüre sieht man seinen Garten mit etwas anderen Augen und auch Ordnungsfanatiker können sich hoffentlich mit etwas Unordnung arrangieren, zumal die Autorin keineswegs für ungepflegte, verwilderte Gärten plädiert.

Durch ihre unaufgeregte, sachliche, gut verständliche, zuweilen auch persönliche Schreibweise spricht sie alle LeserInnen an, die erkannt haben, dass die Natur nicht unsere Feindin ist, sondern unsere Lebensgefährtin, und diese wieder kennen und lieben lernen wollen. 


Aufmachung des Buches
Die Klappenbroschur hat eine angenehme Größe und liegt gut in der Hand. Das Cover entspricht gängigen Gartenbüchern, allerdings wartet es mit einem witzigen Detail auf, dem gelben Schattenriss einer Biene/Hummel(?), deren Fluglinie mit kleinen Strichen nachgezeichnet wird. Diese Strichlinie begleitet jedes neue Kapitel auf seiner ersten Seite. Das Papier ist griffig und stabil, sodass auch die häufige Nutzung der Bestimmungshilfe nicht schaden sollte. Die Fotos, die ab und an den Text unterstützen, sind alle sehr gut, aber besonders die Nahaufnahmen faszinieren. Die Bildgrößen variieren von halbseitig bis ca. Passfotogröße. Mit dem Register und dem Adressenverzeichnis deutschsprachiger Internetseiten zum Thema Natur schließt das Buch ab. Leider, wie so oft, gerade auch in Büchern, die Naturschutz und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt stellen, werden deren Aussagen ad absurdum geführt, indem der Verlag in China drucken lässt - so auch hier.


Fazit
Ein kompetenter Ratgeber für alle, denen die Natur im Allgemeinen und im Besonderen am Herzen liegt.


4 5 Sterne


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