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Aufs Livs Things-To-Do-Before-I'm-30-Liste stehen: im Morgengrauen nackt im Meer schwimmen, einen Bellini in Harry's Bar in Venedig trinken und mit einem exotischen Fremden schlafen. Fraser, Mia, Anna, Norm und Melody haben nicht damit gerechnet, dass sie diese Aufgaben einst erfüllen werden - um Liv zu gedenken. Und noch weniger damit, dass dieser letzte Wunsch ihrer Freundin ihr Leben dermaßen auf den Kopf stellen wird ...

 

Kleine Luegen erhalten die Liebe 

Originaltitel: How We Met
Autor: Katy Regan
Übersetzer: Ulrike Moreno
Verlag: Bastei Lübbe
Erschienen: 20.09.2013
ISBN: 978-3404168460
Seitenzahl: 480 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Der Sommer im Jahre 2006, den die sechs Freunde Anna, Mia, Melody, Liv, Fraser und Norm gemeinsam auf Ibiza verbrachten, sollte ihr Leben für immer verändern. Nach einer durchzechten Nacht stürzte Liv von einer Balkonbrüstung in den Tod, was ihre Clique zutiefst verstört und schwermütig hinterlässt, zumal Fraser, Livs langjähriger Partner, im Alkoholrausch Mia küsste und seitdem von Schuldgefühlen geplagt wird. War Liv glücklich bevor sie starb? Dieser Gedanke quält die Freunde immerfort und als sie zu Livs Ehren deren 29.Geburtstag in einer Bar feiern, präsentiert Norm ihnen eine Liste mit Wünschen, welche die Verstorbene in einem Parka aufbewahrte und vor ihrem nächsten runden Ehrentag abarbeiten wollte. Das Quintett schmiedet den Plan dieses Vorhaben im Namen der Verschiedenen umzusetzen, doch statt freudiger Erinnerungen weckt die Organisation Frust, Schmerz und kurz darauf stehen die Engländer beinahe vor den Scherben ihrer Freundschaft.

Katy Regan hat einen Roman über die Höhen und Tiefen einer engen Verbundenheit junger Menschen verfasst, die nach dem Studium am Scheideweg in ihrem Leben stehen und sich über die wirklich wichtigen Dinge im Klaren werden wollen. Die Handlung erinnert an eine Mischung aus einer Sitcom-Episode, wo ich beim Lesen manchmal die eingespielten Lacher im Hintergrund hören konnte und einer kitschigen Hollywood-Romanze, wobei die Autorin den Protagonisten leider sehr viel Zeit gibt, um sprichwörtlich in die Pötte zu kommen.


Stil und Sprache
Am interessantesten war für mein Empfinden nicht die Frage, ob sie es schaffen würden innerhalb eines Jahres die Liste mit den ungewöhnlichen Punkten wie etwa die Chinesische Mauer besteigen, alle sieben Scrabble-Buchstaben auf einmal auszulegen oder einen Amateurporno zu drehen, sondern vielmehr ob Mia und Fraser zum Schluss als Paar aus der Geschichte hervorgehen. Wie ein Panther schleicht die Autorin um dieses heikle Thema herum und schenkt uns Momente voller peinlicher Schüchternheit und Szenen, in denen wir die beiden am liebsten kräftig in die nächste Zeile schubsen würden. Um sich die Offensichtlichkeit der Situation selbst einfacher zu machen, flüchten sich die Turteltauben in Humor, welcher hin und wieder durch Plumpheit und Durchschaubarkeit, aber auch durch echte Gassenhauer geprägt ist. Einige Zwischensequenzen hätten zum Wohle der Qualität und Kurzweiligkeit aber besser gestrichen werden können, da sie die Handlung nicht vorantrugen und nur Lückenfüller waren, denn das Potential war auch so genug für unterhaltsame Lesestunden vorhanden. Insbesondere der chaotische Kindergeburtstag von Mias Sohn zeigt wie viel Feinblick die ebenfalls getrennt lebende Autorin und Mutter für lustige Szenen mit Herzpochen aufbringen kann.

Der Schreibstil von Katy Regan ist trotz der Verzwicktheit der Lage wunderbar unkompliziert und wird aus mehreren Perspektiven erzählt, um alle Versuche in die Normalität zurückzukehren aus erster Hand zu verfolgen. Richtige Wendepunkt liegen meiner Meinung nach in der Vergangenheit, die kurz beleuchtet werden und ein zufriedeneres Ich der Charaktere zeigt, sowie im letzten Kapitel, was allerdings bei mir statt gewünschter Dramatik eher Verärgerung über die Unaufmerksamkeit der betrunkenen Feiernden auslöste.

Der Epilog war dann etwas widersprüchlich zu dem zuvor gemachten Geständnis, dass Wünsche manchmal solche bleiben und nicht in die Tat umgesetzt werden sollten. Ein rundes Ende wäre hier ein Wort aus dem Jenseits von Liv oder ein Rückblick zu deren letzten Gedanken vor dem Sturz gewesen, schließlich war sie unsere Antriebskraft - und die ihrer liebsten Wegbegleiter.


Figuren
Die Autorin hat es geschafft die handelnden Personen mit allerlei Ballast und Schwächen zu charakterisieren, sodass wir Leser uns mit der erfrischenden Unperfektheit identifizieren und in ihnen vielleicht sogar unsere eigenen Ängste vor dem endgültigen Schritt zum Erwachsenen sehen konnten.

Die unfreiwillige Anführerin der Gruppe ist die alleinerziehende Mia, welche mit ihrem kleinen Sohn Billy völlig überfordert ist und permanent bei dem Gigolo Eduardo, der sie schwängerte und dann für geschlagene drei Monate sitzen ließ, schwach wird. Ihre Hoffnung auf eine intakte Familie für den kleinen Sonnenschein ist dabei größer, als das eigene Glück, obwohl sie sich vor Überforderung sogar nach einer ruhigen Minute auf dem stillen Örtchen sehnt.
Ihr bester Freund ist Fraser, der gerade eine Beziehung mit der 42-jährigen Barkellnerin Karen führt, die ebenso zum Scheitern verurteilt ist, aber das Gefühl der Einsamkeit in der Nacht überdeckt.
Norm und Melody sind das Ehepaar der Runde und schon seit 12 Jahren verbunden, wenngleich beide in dem Jahr nach Livs Tod seltsame Verhaltensmuster ausleben und sich immer weiter voneinander entfernen. Genau wie Anna, die von einer lebenslustigen und ständig feiernden Draufgängerin zu einer verkrampften Buddhisten mutiert ist.

Sehr eindrucksvoll wurde hier beschrieben, wie einschneidend der Verlust einer starken Persönlichkeit eine sonst stabile Freundschaft zum Wackeln bringen kann und wie schnell nicht nur das Leben, sondern auch die Vertrautheit erlöschen kann. Es scheint beinahe so, dass im Mittelteil während der fortwährenden Talfahrt in dem Gefüge der Studentenreigen nur der Alkohol ein Lichtblick zur Motivation und zum Ertragen der anderen Gesichter ist, was für meinen Geschmack die ohnehin schon angeknackste Stimmung der Lektüre deutlicher hervorhob, da alle Beteiligten nur noch rührseliger wurden. Selbst die erfolgreich absolvierten Missionen von Livs Liste hatten eine stark negative Note, entgegen der oft erwähnten positiven Ausstrahlung der sechsten Glieds konnte der Effekt einer Beerdigung über fast 500 Seiten nicht abgeschüttelt werden.


Aufmachung des Buches
Bei dem Cover des Taschenbuchs wird der pinke Hintergrund fast zur Nebensache, weil der Titel in dicken, weißen Buchstaben den gesamten Platz einnimmt und nur durch drei witzige Gimmicks aufgelockert wird. Dabei hätte mir der Originaltitel „How we met“ deutlich besser gefallen, weil der Roman eben ein Paradebeispiel dafür ist, dass durch Lügen (egal ob klein oder groß) die Liebe leider doch nicht zu halten ist. Ein nettes Extra waren dafür die Herzen, welche einen weiteren Absatz in den teilweise sehr langen Kapiteln einläuteten.


Fazit
Ein Roman mit einer netten Idee zum Aufarbeiten der Trauer mit der Kraft der Gemeinschaft, die leider zu oft von Trinkgelagen und flachen Liebesbeziehungen auf Probe überdeckt wurde. Dadurch kam die Romantik zu kurz, welche in einem platten Happy End gipfelte.


3 5 Sterne


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