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Sie hassen sich, wenn sie miteinander reden. Und sie lieben sich, wenn sie sich berühren. Sicher ist nur eins: Seit Ronia Jan getroffen hat, ist nichts mehr wie zuvor. Seit sie ihn das erste Mal gesehen hat, muss sie jeden Freitag zurückkehren. Abends. An den Fluss. Hier, so hofft sie, wird sie ihn wiedersehen ...

 

Vor uns die Nacht 

Autor: Bettina Belitz
Verlag: Script 5
Erschienen: März 2014
ISBN: 978-3839001592
Seitenzahl: 384 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Zum ersten Mal sieht Ronia Jan an Heiligabend. Verzweifelt, weil sie gerade verlassen wurde, will sie sich in einer Kneipe betrinken und plötzlich ist er da. Cool sitzt er auf dem Geländer, scheinbar unberührt von seiner Umgebung. Als er die Kneipe verlässt, kann sie ihm nur folgen und auch wenn ihr bester Freund sie eindeutig vor Jan warnt, kommt sie doch nicht mehr von ihm los. Je öfter sie ihm begegnet, umso mehr übernimmt die Sehnsucht in ihr die Kontrolle, umso mehr verliert sie ihr normales Leben aus dem Blick und folgt ihren Gefühlen … koste es, was es wolle.

Bettina Belitz wagt sich mit ihrem aktuellen Roman auf neues Terrain vor. Die düstere Atmosphäre, die man bereits aus ihren anderen Script 5 Veröffentlichungen kennt, wird diesmal um einen eindeutig erotischen Einschlag ergänzt. Ronia und Jans Geschichte ist keine typischen Romanze, sondern intensiver und emotionaler, als man es in anderen Romanen erlebt.


Stil und Sprache
Ronia erzählt ihre eigene Geschichte in der ersten Person und das ist mit Sicherheit die einzige Erzählperspektive, mit der die Handlung transportiert werden kann. Der Leser braucht die emotionale Bindung zu Ronia – und baut diese dank des sympathischen Einstiegs auch schnell auf – um ihr Handeln nachvollziehen zu können, denn logisch begründen lässt es sich im Verlauf des Romans nur selten. Nach dem ersten Aufeinandertreffen mit Jan schlagen ihre Gefühle derartige Kapriolen, dass man selbst mit dem direkten Einblick in ihre Gedanken teilweise kaum hinterherkommt. Das ist auch das große Manko des Romans. Gerade am Anfang, nach den ersten zwei Aufeinandertreffen der beiden Protagonisten, passiert erst mal nicht mehr sonderlich viel und der Leser wird mit Ronia und ihren wechselnden Gefühlsschüben allein gelassen. Zwar verpackt Bettina Belitz diese in wunderschöne Worte und allein für ihren bildhaften, dramatischen Schreibstil lohnt sich das Weiterlesen, aber bis die Handlung tatsächlich mit anhaltender Spannung überzeugen kann, dauert es eine ganze Weile. Immer wieder wird für einzelne Szenen Spannung aufgebaut und die Frage „kriegen sie sich?“ beschäftigt den Leser natürlich auch, aber man ist trotzdem versucht einige Abschnitte nur quer zu lesen, auch weil man das Gefühl hat, die gedanklichen Monologe zum Thema Jan im Allgemeinen und seinem letzten Verhalten im Speziellen wiederholen sich irgendwann ein wenig. Das gibt sich zum Glück, sobald Jan und Ronia sich tatsächlich näher kommen. Zum Ende hin kommen dann auch externe Spannungsfaktoren dazu, die fand ich allerdings ein wenig mühevoll konstruiert, speziell einen Krankheitsfall und Ronias Reaktion darauf.

Der Schreibstil von Bettina Belitz, wie oben bereits erwähnt, überzeugt auf ganzer Linie. Die Verzweiflung ihrer Protagonistin bringt sie perfekt rüber und auch die Atmosphäre der einzelnen Szenen fängt sie überzeugend ein. Die erotischen Szenen sind geschmackvoll und gleichzeitig sehr intensiv-emotional dargestellt. Es wirkt zu keiner Zeit wie ein reiner Erotikroman, sondern es bleibt immer das Bewusstsein dafür erhalten, dass diese Szenen lediglich eine Fortführung der eigentlichen Handlung sind und nicht der Zweck des Romans.


Figuren
Da man die ganze Zeit in Ronias Gedankenwelt ist, lernt man sie natürlich am Besten kennen, was allerdings nicht gleichzeitig heißt, dass man sie auch versteht. Stellt sie sich anfangs noch als sehr vernünftige, durchaus zielstrebende, junge Frau vor, mit der man auf Grund ihrer kurzfristigen Geschichte auch sofort mitfühlen kann, so wirft sie später doch oft genug jegliche Logik über Bord. An vielen Stellen lässt sich das sicher noch mit der überbordenden Verliebtheit erklären, aber manchmal kam mir ihr Verhalten geradezu absurd vor. So geht sie zum Beispiel alleine im Dunkeln am Fluss joggen und das kurze Zeit nachdem sie fast vergewaltigt worden wäre, ein Verhalten, was nach einem solch traumatischen Erlebnis einfach unrealistisch erscheint. Auch ihre völlige Abkapselung von ihrem sozialen Umfeld und jeglichen vorher gefassten Lebenszielen ging mir ein wenig zu schnell. Je mehr man als Leser dann aber selbst von Jan fasziniert wird, desto nachvollziehbarer wird auch Ronias Verhalten und desto positiver nimmt man ihre Wandlung zum Ende hin auf.

Trotzdem Jan einen so wichtigen Anteil an der Handlung hat, bleibt er lange völlig undurchschaubar. Ein großer Teil der Spannung des Buches resultiert aus den Fragen, die man sich über Jan stellt und die auch Ronia sich erst nach und nach beantworten kann. Dabei formt sich ihr Bild von Jan immer mehr zu einem realistischen und faszinierenden Gesamtbild.

Die Nebencharaktere, allen voran Ronias Eltern und ihre zwei besten Freunde, bleiben im Hintergrund, bilden aber einen sehr guten Spiegel zu Ronias Verhalten. Sie sind zu ihrem Handlungsanteil passend ausgearbeitet.


Aufmachung des Buches
Wie vom Script 5 Verlag gewohnt, ist die gebundene Ausgabe von „Vor uns die Nacht“ mit einem wunderschönen und gleichzeitig abstrakten Cover ausgestattet. Vor dunklem Hintergrund lenkt ein florales Bild mit silbernen Akzenten den Blick auf den Titel und schafft so ein kleines Schmuckstück für das heimische Bücherregal. Das florale Muster setzt sich im Buchinneren bei den Kapitelanfängen fort, ansonsten ist die innere Gestaltung schlicht und gut lesbar.


Fazit
Bettina Belitz geht mit „Vor uns die Nacht“ einen neuen Weg und wird – auch durch die kleinen Schwächen des Romans – wahrscheinlich nicht alle ihre Leser davon überzeugen können, ihr zu folgen. Wenn man sich auf die Geschichte von Ronia und Jan aber erst einmal einlässt, fasziniert sie bis zur letzten Seite und überzeugt als außergewöhnlicher, sehr intensiver Roman.


3 5 Sterne


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