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Ein schwimmender Sarg. Und keiner darf von Bord.

Im Hamburger Hafen läuft das Kreuzfahrtschiff «Große Freiheit» ein. An Bord: ein toter Passagier – verstorben an einem geheimnisvollen Virus. Bald herrscht Panik in der Stadt. Kriminalkommissar Adam Danowski, der eigentlich am liebsten am Schreibtisch ermittelt, wird an den Schauplatz beordert. Er kommt einem Verbrechen auf die Spur, das noch unzählige Tote zu fordern droht. Doch das unter Quarantäne gestellte «Pestschiff» darf keiner verlassen, selbst Kommissare nicht, und Danowskis Gegner sorgen mit aller Macht dafür, dass dies so bleibt …

 

Treibland 

Autor: Till Raether
Verlag: Rowohlt Polaris
Erschienen: 03/2014
ISBN: 978-3499267086
Seitenzahl: 496 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Adam Danowski hat eigentlich mit „echten“ Ermittlungen selten zu tun und so gerät er eher versehentlich in diese hinein: Auf einem Kreuzfahrtschiff ist jemand gestorben und er soll mit seinem Kollegen nur einen natürlichen Tod bescheinigen. Aber der Passagier hat weder einen Herzinfarkt gehabt noch ist er verunfallt, stattdessen litt er an einem Ebola-ähnlichen und ebenso tödlichen Virus. Dumm nur, dass man ein Fremdverschulden nicht ausschließen kann und plötzlich steckt Danowski mitten in einer Geschichte, die er nicht unter Kontrolle hat. Da ist es auch nicht hilfreich, dass er selbst wegen eines dummen Missgeschicks ebenfalls unter Quarantäne gestellt wird und an Bord des Schiffes auf sich selbst gestellt ist …

Till Raether zeichnet ein echtes Horrorszenario: Ein Schiff mit fast 2000 Menschen an Bord liegt im Hamburger Hafen und niemand darf es verlassen, weil höchste Seuchengefahr besteht. Dass dann noch ein Kommissar ermitteln muss, der weder Ehrgeiz noch Lust verspürt, sich in der Sache zu engagieren, führt zu schrägen Situationen, die fast, aber nur fast, ins Absurde abrutschen und ergibt einen Krimi, wie man ihn selten gelesen hat.


Stil und Sprache
Nach einem kurzen Prolog, dessen Bedeutung sich erst sehr viel später erschließt, steigt man direkt in Kommissar Danowskis Montagmorgen ein. Dieser befindet sich an einem Tatort, der sich allerdings schnell als relativ harmlos entpuppt, nämlich als unaufgeräumtes Kinderzimmer seiner beiden Töchter. Hier bekommt man als Leser einen ersten Eindruck, was einen mit diesem Ermittler erwartet, nämlich präzise Beschreibungen, sehr bildliche Schilderungen und eine Unmenge von Details. Das hängt mit einer Besonderheit im Wesen des Kommissars zusammen, auf die ich später zurückkommen werde und die einen interessanten Aspekt in diesen Krimi bringt. Trotz der Fülle von Eindrücken und Einzelheiten, die auf Adam Danowski einprasseln, ist „Treibland“ flott geschrieben und lässt sich – abgesehen von einigen wenigen Schwachstellen – flüssig und angenehm lesen. Besonders Schilderungen von Personen sind frisch und lebendig, dabei mit plastischen Bildern versehen, die einen beim Lesen oftmals schmunzeln lassen: „Sie hatte ihr graues Haar zu einem desolaten Pferdeschwanz gebunden, darin gerade noch so viel braune Haare, dass sie es nicht mehr schafften, die Gesamtfarbe entscheidend zu beeinflussen.“ (S. 69) Zugegeben, manchmal wäre ein etwas weniger schnörkeliger Ausdruck ausreichend gewesen, aber überwiegend gefallen Raethers Schachtelsätze.

Die Geschichte selbst ist klug ausgedacht und man tappt lange im Dunkeln, was bei einem Krimi ja grundsätzlich nicht verkehrt ist. Spannung gibt es auch, allerdings ebenso im Mittelteil die eine oder andere Länge und erst zum Ende hin gibt es wirkliche Action. Dann aber läuft Adam Danowski zu Hochform auf und wird am Schluss noch ein richtig taffer Ermittler.


Figuren
Adam Danowski will eigentlich nur seine Ruhe haben. Gestresst von seiner Hypersensibilität soll er regelmäßige Pausen machen, kommt aber dank seines permanent aufgedrehten Kollegen Andreas Finzel, genannt Finzi, einfach nicht dazu. Der wiederum ist trockener Alkoholiker, vor Rückfällen nicht gefeit und ein bisschen neidisch auf Danowskis Familienleben. Danowski selbst ist nicht nur gestresst, sondern grundlegend unmotiviert, was ihn an den Rand der Lethargie treibt und zeitweise völlig lahmlegt. Irgendwann im Laufe der Ermittlungen wird es ihm aber zu bunt und er wacht regelrecht auf. Dabei agiert er allerdings alles andere als heldenhaft, vielmehr bringen ihn seine – sagen wir mal – naiven Ideen in derart absurde Situationen, dass man als Leser nicht nur einmal Kopfkino erlebt.

Auch die anderen Figuren sind, soweit sie einen Anteil an der Geschichte haben, detailliert dargestellt, lediglich die vielen namenlosen Kreuzfahrtpassagiere bleiben sehr im Hintergrund. So hat man beim Lesen manchmal den Eindruck, das Schiff sei eigentlich menschenleer und Danowski ermittle auf einem Geisterschiff.


Aufmachung des Buches
Das großformatige Buch ist in Klappbroschur aufgemacht und zeigt auf dem Cover den Bug eines großen Schiffes, das durch ein kabbeliges Meer pflügt. Innen gibt es zwischen Prolog und Epilog insgesamt 50 nummerierte Kapitel, die sehr unterschiedlich lang sind (manchmal nur eine halbe Seite). Mir persönlich gefällt eine solch schlichte Aufmachung, aber hoffentlich geht das Buch zwischen anderen – deutlich reißerischer aufgemachten – Büchern nicht unter.


Fazit
Ein gelungener Krimiauftakt zu einer hoffentlich langen Reihe, mit einem ganz besonderen Ermittler und vielen schönen Ideen am Rande. Lesen!


4 5 Sterne


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