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Als Emma das Haus ihrer verstorbenen Großmutter Beattie erbt, hat sie wenig Lust, sich mit Kisten voller Erinnerungsstücke herumzuschlagen. Doch ein mysteriö­ses Foto lässt sie nicht mehr los. Es zeigt Beattie als junge Frau neben einem Mann, der besitzergreifend die Arme um sie legt. Zwischen den beiden: ein kleines rothaariges Mädchen. Der Mann ist nicht Emmas Großvater – und wer ist das Kind? Schon bald vermag sich Emma den Geheimnissen von Beatties Vergangenheit nicht mehr zu entziehen …

 

Der Wind der Erinnerung 

Originaltitel: Wildflower Hill
Autor: Kimberley Wilkins
Übersetzer: Susanne Goga-Klinkenberg
Verlag: Knaur HC
Erschienen: 20.08.2012
ISBN: 978-3426652893
Seitenzahl: 496 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Emma Blaxland-Hunter ist auf dem Höhepunkt ihrer Ballett-Karriere, als ein Treppensturz mit einhergehender schwerer Knieverletzung sie von den großen Bühnen dieser Welt in den Vorruhestand verbannt. Von Wut und Trauer geschüttelt, weil ihr Freund Josh kurz zuvor auch die Beziehung beendete, flieht sie von der Londoner Society in den australischen Outback zu ihrer Familie. Lange schon war die 31-jährige nicht mehr in ihrer Heimat, doch dort wartet ein ganz besonderes Erbe von ihrer geliebten Oma Beattie auf sie: Die alte Schaffarm in Tasmanien gehört nun ihr, und damit auch die unzähligen Kisten voller Erinnerungsstücke – darunter ein Foto ihrer Großmutter mit einem kleinen Mädchen und einem jungen Mann. In welcher Verbindungen standen die drei? Emma begibt sich auf Spurensuche, um den eigenen Problemen den Rücken zu kehren und das Geheimnis des Bildes zu erkunden.

Familiengeschichten, die auf zwei Zeitebenen erzählt werden, erfreuen sich gerade großer Beliebtheit, und Kimberley Wilkins hat unter der australischen Sonne durchaus für Spannung und einigen Herzschmerz gesorgt, wenngleich sie mit ihrem Debüt in diesem Genre noch nicht an die großen Autorinnen wie Kate Morton und Lucinda Riley anknüpfen konnte.


Stil und Sprache

„Der Wind der Erinnerung“ war sprachlich nicht außergewöhnlich gut, sondern liegt mit altbekannten und bodenständigen Formulierungen eher im Mittelmaß. Nur selten stolpert man über Sätze, die nachhaltig im Gedächtnis bleiben, wie z.B. „Für Liebe darf man nicht zu beschäftigt sein.“ (S.408) und insgesamt merkt man einfach, dass Kimberley Wilkins noch nicht in Höchstform ist und bestimmt noch mehr Potenzial unter der Oberfläche schlummert. Es kam mir beim Lesen so vor, als ob die Schriftstellerin auf Sicherheit bedacht war und dadurch der Zauber der Wörter zu kurz kam, was bei dem sonst überzeugenden Inhalt ein Minuspunkt war.

Zum Schluss wartet dann ein ziemlich offenes Ende auf uns, was als Wendepunkt eingeläutet wurde, im Endeffekt der Fantasie der Leser zwar reichlich Nahrung, aber keine Erklärungen gibt. Spannung ist durch die für damalige Zeiten schwierigen Familienverhältnisse und den Rassismus gegeben und wird stilistisch durch brenzlige Momente immer wieder befeuert. Wie in den meisten Büchern dieses Genres waren die Kapitel der Vergangenheit eindrucksvoller, zumal der Aufbau einer Schafzucht eher selten in Frauenromanen thematisiert wird. Das Ende kündigt sich schon früh an und bedient die romantische Ader der Käufer hinreichend.


Figuren
Beattie führt in diesem von Frauen dominierten Roman die Liste der starken Persönlichkeiten an. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend, hat sie sich während der harten Kriegszeiten nicht aufgegeben und ein florierendes Woll-Imperium aufgebaut. Wahres bzw. dauerhaftes Glück in der Liebe war ihr neben dem beruflichen Erfolg leider nicht vergönnt, doch „Sie war es gewohnt, auf dem schmalen Grat zwischen äußerem Schein und ihren wahren Gefühlen zu balancieren.“ (S.12), sodass sie dennoch auf ein erfülltes Leben zurückblicken konnte. Mit ihrem unerschöpflichen Willen sich als alleinerziehende Mutter nicht auf die staatliche Hilfe zu verlassen und, aufgrund der damit entstehenden Probleme, lieber ihrer ursprünglichen Heimat Schottland den Rücken zu kehren, wird sie bestimmt von jedem Leser mit ungeheurem Respekt behandelt und lieb gewonnen.
Beatties uneheliche Tochter Lucy wurde entgegen der positiven Tugenden ihrer Mutter leider sehr von ihrem Vater, der mittlerweile von Beattie getrennt lebte, verwöhnt. Sie entwickelte sich immer mehr zu einer quengeligen Göre, die fortwährend nach ihrem „Daddy“ schrie. Die Autorin hat das rothaarige Mädchen mit allen Attributen eines anstrengenden Einzelkindes ausgestattet, sodass ich mich gefreut habe, wenn das Kind wieder zu Besuch bei dem Vater war und die fordernden Befehle, wie „Die Farm gehört meiner Mummy. Ich möchte das Pferd streicheln.“ (S.278) endeten.

Die Hauptfigur der Gegenwart, Emma, vereint Charaktereigenschaften von Lucy sowie ihrer Großmutter. Es gab genügend emotionale und sensible Momente mit ihr zu erleben, wenn sie an ihre Hoffnungen und Wüsche dachte, die sie gemeinsam mit ihren hilfsbereiten Nachbarn neu zu ordnen versuchte. Gleichzeitig brach das zickige Temperament einer Ballett-Diva auch in regelmäßigen Abständen hindurch, was aber beispielsweise bei unangekündigten Besuchen von fremden Leuten aus dem Dorf für keinen Sympathieabzug sorgte.
Eben jene Dorfbewohner besetzen die Nebencharaktere und sind zu der Berühmtheit aus Übersee sehr nett und hilfsbereit. Emmas engste Bezugspersonen sind die Geschwister Monica und Patrick, welche zwar eine gute Seele haben, aber dennoch zurückhaltend im Hintergrund bleiben. Beattie meidet den Kontakt zu den Nachbarn noch vehementer, sodass nur die Arbeiter auf der Farm näher beleuchtet werden. Allen voran steht der kräftige Verwalter Charlie, dessen Aura energievoll strahlt und alle Personen in seiner Gegenwart blass erscheinen lässt.


Aufmachung des Buches
„Der Wind der Erinnerung“ ist zuerst als gebundenes Buch erschienen, aber mittlerweile auch in der Taschenbuchausgabe erhältlich. Das Cover ist an den Stil einer Postkarte angelehnt. Auf die Adressatenzeile wurde der Name der Autorin gedruckt, was durch die Schräge zu einem zweiten Blick einlädt, genau wie die Briefmarke mit dem Umriss des australischen Kontinents. Ansonsten ist die Gestaltung sehr schlicht in einem hellen Braunton, der durch das fleckige Muster an die verstrichene Zeit der Generationen erinnern soll. Eine Karte sucht man vergebens, sie war für das Verständnis aber auch nicht von Nöten. Etwas unpassend finde ich die Wahl der Blumen, da Orchideen mit keinem Wort in dem Roman erwähnt werden, wohingegen der Eukalyptusbaum immer wieder in den Fokus rückt.


Fazit

Mit dem ungleichen Frauentrio erleben wir durch den Wandel der Zeit eine Achterbahnfahrt der Gefühle, die vor der malerischen Kulisse Tasmaniens durchaus lesenswert ist. Der Roman lebt von den starken Protagonistinnen, welche die Handlung vorantreiben, obwohl der Schreibstil dagegen an einigen Stellen etwas schwächelt.


4 Sterne


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