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Susanne Gerdom klein


Die Autorin Susanne Gerdom hat Qindie, ein Netzwerk freier AutorInnen, ins Leben gerufen, das am 01.05.2013 an den Start gegangen ist. Doch was verbirgt sich hinter Qindie und was haben Leser und Autoren von diesem Projekt? Darüber habe ich mich mit Frau Gerdom ein wenig unterhalten.


Liebe Frau Gerdom, es gibt sicherlich Leser, die von Indie-Autoren bisher noch nicht gehört haben oder zumindest nicht so recht wissen, was Indie-Autoren eigentlich sind. Würden Sie uns aufklären?

Liebe Frau Trautmann, danke für Ihr Interesse an unserer jungen Initiative!
Was sind Indie-Autoren? Der Begriff „Indie“ ist ja schon länger etabliert, und zwar in der Musik- und Filmbranche. Dort bezeichnet man mit „Independent“ solche Produktionen, die ohne Schutz, Rückendeckung und Finanzkraft einer etablierten Marke oder Firma auf den Markt kommen. Der Indie-Bereich in der Musikszene ist bunt, vielfältig und sehr anspruchsvoll, viele Indie-Label sind inzwischen selbst zu etablierten Marken geworden.
Das gibt es auf dem Sektor der Literatur bisher nicht, weil Self-Publishing (also das eigenständige Verlegen seines Buches) für Profi-Autoren bisher keine sinnvolle Option darstellte. Das war eher ein Spielfeld für Hobbyschreiber, für die es solche Sammelstellen wie „BoD“ gibt. Der Nachteil einer solchen Publikation: Man findet keine Öffentlichkeit für sein Buch. Weder der stationäre Buchhandel noch Onlineplattformen interessieren sich dafür.
Diese Szenerie hat sich in den letzten Jahren radikal gewandelt, und zwar durch den Vormarsch der E-Book-Reader und Amazons KDP. Das Kindle Direct Publishing ermöglicht es jedem, der eine Tastatur bedienen kann, ein E-Book bei Amazon zum Verkauf anzubieten.

Deshalb gibt es inzwischen auch auf dem schreibenden Sektor eine wachsende Indie-Szene: Autoren, die ihre Bücher ohne Verlagshilfe und -rückendeckung an ihre Leser bringen. Natürlich sind darunter auch eine große Anzahl von Verlagsautoren, die ihre Backlist oder Manuskripte, die keinen Verlag gefunden haben, so veröffentlichen. Oder mal ein anderes Genre ausprobieren möchten. Oder einfach das Gefühl der Freiheit genießen, ein Buch ohne Verlagskorsett herausgeben zu können. Ich selbst bin eine solche „Hybridautorin“.


Haben es Indie-Autoren schwer, auf sich aufmerksam zu machen? Immerhin steht hier kein großer Verlag mit einem ordentlichen Werbe-Budget hinter einem ...

Ja. Das ist der springende Punkt. Jeder, aber auch wirklich jeder, kann seine Werke auf den verschiedenen Plattformen wie Neobooks, Amazon, Beam, Kobo und wie sie alle heißen, veröffentlichen. Und tut es auch, ohne Rücksicht darauf, dass ein großer Teil dieser selbstproduzierten Bücher besser nie das Licht der Sonne erblickt hätte ...
Man kann ja auf Verlage schimpfen – und viele tun das auch ziemlich unreflektiert –, aber ein Lektorat ist eine ungemein sinnvolle Einrichtung.


Warum entscheiden sich Autoren überhaupt für diesen Weg der Veröffentlichung? Es liegt die Vermutung nahe, dass sie auf "normalem" Wege keinen Verlag gefunden haben, weil das Manuskript nicht überzeugen konnte, und nun die Veröffentlichung selbst in die Hand nehmen, um das eigene Werk doch noch auf den Markt zu schmeißen ... Oder können Sie dieses Vorurteil aus dem Weg räumen?

Für die meisten Hobbyautoren trifft das zu. Es ist nicht alles, was Freunden, Bekannten und Verwandten gut gefällt, auch gleichzeitig öffentlichkeitstauglich. Viele der selbstpublizierten Werke wären von jedem Verlag abgelehnt worden, und zwar zu recht.
Aber da gibt es noch eine große Zahl von tauglichen, lesbaren oder sogar sehr guten, ausgefallenen und anspruchsvollen Manuskripten, die einfach gerade nicht ins Konzept passen. Entweder, weil sie thematisch nicht dem gerade angesagten Mainstream entsprechen oder weil sie aus Verlagssicht nicht massenkompatibel genug sind. „Anspruchsvoll“ ist – aus Lektorenmund – ja leider ein Negativurteil. Das sagt nichts über die Qualität eines Buches aus, ganz im Gegenteil. Ich habe selbst schon von einem Programmleiter die Aussage zu einem meiner Manuskripte gehört: Das ist toll, ich habe es gerne gelesen, aber das kann ich nicht verkaufen, das ist zu anspruchsvoll.
Na gut, ich gebe es jetzt selbst heraus und es kommt hervorragend an. Ich bin kein Verlag, ich muss nicht in Zehntausenderauflagen denken, damit sich die Sache für mich auch rechnet. (Anmerkung: Dieses Buch ist es, falls es jemanden interessiert: Klick)

Davon abgesehen: Der Reiz, ein Manuskript zu einem fertigen Buch zu gestalten, ganz nach eigenem Gusto, mit einem selbst ausgesuchten und eventuell sogar gestalteten Cover ... das ist ein tolles Gefühl. Und viel Arbeit ...


Ist amazon ein guter (Veröffentlichungs-)Weg für Indie-Autoren oder läuft das Ganze aufgrund der unüberschaubaren Massen eher ins Leere?

Das ist eine schwierig zu beantwortende Frage. Bis zum Ende des letzten Jahres konnte man seine Bücher über Gratis-Werbeaktionen ganz gut ankurbeln. Das ist inzwischen schwieriger geworden. Zu viel im Angebot, zu viel gratis, außerdem hat Amazon anscheinend etwas am Ranking verändert, man hat es als Indie nun etwas schwerer, sichtbar zu bleiben.
Außerdem werden die Leser es langsam leid. Ich habe in den letzten Wochen sehr oft die Aussage gehört: „Das ist doch alles Schrott, ich hab keine Lust mehr, mich da durchzuwühlen, bis man da was Gescheites findet, die Gratisbücher sind eh alle Müll, die haben ja noch nicht mal richtig lektoriert, ich verlasse mich lieber auf Verlagsbücher, da weiß ich, dass alles in Ordnung ist ...
Das heißt, wir verlieren unsere Leser, bevor wir richtig gestartet sind.


Nun kommen wir zu Ihrem neuen Projekt: Am 01.05.2013 hat Qindie seine virtuellen Pforten geöffnet. Was verbirgt sich dahinter? Welches Ziel verfolgt Qindie?

Qindie – ein „Kofferwort“ aus „Qualität“ und „Independent“ – ist eine Initiative, die ich mit ein paar KollegInnen im Februar zu planen begonnen habe. Wir wollten eigentlich nur ein Netzwerk aufbauen, um unsere Bücher gegenseitig zu promoten und ein wenig sichtbarer zu machen. Daraus entstanden ist eine Plattform, auf der sich Autoren, Leser, Blogger, Portale und „Zulieferer“ – Lektoren, Designer, Übersetzer, Distributoren usw. – miteinander austauschen und vernetzen können.
Das Kernstück ist die „Qualitätskontrolle“. Das klingt sehr deutsch und irgendwie unangenehm, und dafür bekommen wir auch jetzt schon reichlich Prügel, aber das ist der wichtige Punkt. Wenn wir mit unserer Initiative erreichen wollen, dass die Leser einen Kompass an die Hand bekommen, mit dem sie die Perlen zwischen all den Austernschalen entdecken können, dann müssen wir diese Perlen natürlich vorher finden. Daran arbeitet das unglaublich engagierte Qindie-Team inzwischen unter Hochdruck – ich bin immer ganz platt und unglaublich stolz auf den Arbeitseinsatz, das Feuer, die Begeisterung und die Power, mit der da ans Werk gegangen wird. (Und natürlich ist es unglaublich chaotisch, das gehört dazu ... wir sind Autoren. *g*)


Wie sind Sie auf die Idee zu Qindie gekommen?

Ich bin als Autorin immer gerne im Netz mit meinen LeserInnen in Kontakt. Dafür bin ich in Foren unterwegs, unterhalte mich, höre, was los ist usw. Im Forum von lesen.net habe ich viel über das Thema E-Books und Self-Publishing diskutiert und dabei mitbekommen, wie sehr eine Orientierungshilfe gewünscht wird.
Das kombiniert mit meinem Wunsch, meine Bücher auch verkauft zu bekommen – dafür schreibe ich schließlich! – ergab dann den Keim für den Qindie-Gedanken. Den haben wir im Kernteam ein bisschen angedacht und dann gleich ins Blaue rein zu verwirklichen begonnen. Die Strukturen entwickeln sich jetzt im laufenden Betrieb. Das ist sowieso das Beste, weil man nicht alles im Vorhinein durchdenken und -planen kann.


Welche Kosten sind mit Qindie verbunden?

Für wen? [lacht] Es gibt keine Aufnahmegebühr. Auch sonst ist der Service, den wir jetzt bieten, kostenlos. Wer sich bei uns bewirbt, wird begutachtet – von allen Qindies, also von Lesern genauso wie von Autoren – und wenn er angenommen wird, ist er dabei. Das ist gratis und umsonst, aber hoffentlich nicht vergebens.


Für wen ist Qindie die richtige Anlaufstelle?

Für Buchmenschen, die sich für Indie-Literatur interessieren. Leserinnen, Blogger, Rezensentinnen, Autoren, Lektorinnen, Coverdesigner, Übersetzerinnen ... alle sind uns willkommen, die sich mit unserem Grundgedanken identifizieren können.


Wie haben Sie es geschafft (bereits vor offiziellem Start der Seite) andere Autoren von Qindie zu überzeugen?

Das war supereinfach. Unsere Kerntruppe (fünf oder sechs Autorinnen) hat diejenigen KollegInnen angesprochen, die wir kannten, die gute Bücher schreiben, die wir als „chemisch“ passend für die Startphase empfanden ... und die Resonanz war zu 98% superpositiv. (Der Rest hatte keine Zeit oder fand das Ganze nicht sinnvoll für sich.)


Was muss ich als Autor tun, um bei Qindie aufgenommen zu werden?

Eine Bewerbung an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, am besten schon mit einer kurzen Vorstellung und Links auf mindestens zwei Leseproben. Das ist alles.


Und was kann ich als Leser für Qindie tun?

Oh, vieles: In unserem Forum mitdiskutieren. Indie-Bücher lesen (und vielleicht sogar kurz rezensieren?). Über und mit uns reden.
Wir haben uns natürlich zu Anfang auf die Autoren konzentriert, damit wir unserem Zielpublikum auch beim Start schon was bieten können (werft mal einen Blick in unser Bücherregal, ich finde, das kann sich schon richtig sehen lassen.)
Jetzt kommt die wichtige Etappe: dass wir unsere Seite denen bekannt machen, für die das Ganze schließlich aufgezogen worden ist. Wir brauchen euch, ihr Leserinnen und Leser! Schaut euch unser Angebot an, mischt euch ein, diskutiert mit, schlagt vor, lernt uns kennen. Im Qindie-Forum gibt es keine Schranke zwischen denen, die schreiben und denen, die lesen. Wer immer schon mal mit seinen Autoren über das Fernsehprogramm, Katzen und ihre Bücher quatschen wollte – hier kann er es tun.
Qindie hat einen großartigen Start hingelegt. Jetzt brauchen wir euch - die Leser!


Ich danke Ihnen für das Interview und wünsche Ihnen mit Qindie viel Erfolg!

Danke für die schönen Fragen!

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