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Kategorie: Krimis

"Die Ermordete hätte in jedem Fall mehr davon, wenn sie wieder zum Leben erweckt würde, statt dass man ihren Mörder ermordet. Aber so viel Gerechtigkeit ist wohl noch niemandem wiederfahren", sagt sich Brena, "nicht einmal Jesus Christus".

 

Betibu 

Originaltitel: Betibú
Autor: Claudia Piñeiro
Übersetzer: Peter Kultzen
Verlag: Unionsverlag
Erschienen: Februar 2013
ISBN: 978-3-293-00453-5
Seitenzahl: 349 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Der Pedro Chazarreta wird in seiner Wohnung mit aufgeschlitzter Kehle gefunden. Vor einiger Zeit war er in Verdacht geraten, seine Frau umgebracht zu haben - doch niemand konnte ihm das Verbrechen nachweisen. Der ehemalige Polizeireporter Jaime Brena hatte damals über das Verbrechen an Chazarretas Frau berichtet. Auch jetzt nimmt er die Fährte auf - allerdings ohne die Erlaubnis seines Chefs Lorenzo Rinaldi, der Brena bewusst an der kurzen Leine halten möchte. Rinaldi schickt Brenas Nachfolger, einen jungen, unbeholfenen Reporter an den Tatort und stellt ihm die einst erfolgreiche und inzwischen glücklose Autorin Nurit Iscar zur Seite. Brena aber hat sich längst in den Fall verbissen und steht den beiden zur Seite. Das vor allem, weil ihm Nurit Iscar nicht gleichgültig ist. Bald schon müssen die Reporter feststellen, dass Chazaretta manche Leiche im Keller vergraben hat.

Claudia Piñeiro hat wesentlich mehr zu bieten, als bloß einen Krimi. Sie setzt bei Betibú einmal mehr auf starke Charaktere, die dem Roman ein spezielles Gepräge geben. Sie lässt den eigentlichen Kriminalfall hinter den menschlichen Aspekten zurückstehen. Damit schafft die Autorin es, eine optimale Mischung zwischen Spannung und Schicksalsgeschichte zu präsentieren. Es ist ein vielschichtiges Buch entstanden, das viel Lesegenuss bietet und sich absolut kurzweilig liest.


Stil und Sprache
Die Autorin mag kantige Charaktere. Sie räumt der Gedankenwelt ihrer Protagonisten viel Gewicht ein und baut so eine stimmige Welt auf, in der die Leser schnell ihren Platz finden. Die Art, in der die Claudia Piñeiro die Geschichte erzählt, ist ungewöhnlich, erinnert aber an die Tradition der alten guten Kriminalromane. Gekonnt spielt die Autorin mit den Informationen zwischen den Zeilen und gibt dem Leser so einiges zu entdecken. Dass sie dabei eine sehr direkte Sprache pflegt, kommt dem Roman zugute und lässt den Leser in die Geschichte eintauchen, ohne dass er sich durch eine zu komplizierte Sprache arbeiten muss. Das will aber nicht heißen, dass es nicht auch sprachliche Feinheiten zu entdecken gäbe: Claudia Piñeiro hat eine optimale Mischung zwischen guter Lesbarkeit und Finesse gewählt. Bestechend ist zudem der Aufbau des Plots, der die Geschichte kontinuierlich voran treibt, wenn auch immer mal wieder eine unerwartete Wendung die vermeintlich klare Sachlage in Frage stellt.


Figuren
Die Autorin setzt eindeutig auf kantige Figuren mit viel Charisma. Der bärbeißige Jaime Brena wächst dem Leser schnell ans Herz, obwohl er sich darin gefällt, über sein Schicksal zu jammern und vergangenen Zeiten hinterher zu trauern. Er tut dies auf eine rührend sensible und menschliche Art. Schon eine Spur schwieriger zu verstehen ist die Autorin Nurit Iscar, die ebenfalls stark mit Selbstmitleid zu kämpfen hat, ihre Krise aber durchaus selber in den Griff bekommen könnte, wenn sie es denn wollte. Das Zusammenspiel der einzelnen Figuren - hier zählt auch der junge, selbstüberzeugte aber sich unglaublich überschätzende Reporter hinzu - bildet einen amüsanten wie interessanten roten Faden durch das Geschehen. Durch ihre höchst menschliche Verhaltensweise bekommen die Charaktere Tiefe und bewegen sich sehr realistisch durch das Geschehen. Schnell wird der Leser seine Sympathien und Antipathien verteilt haben - und schnell wird er merken, dass es gar nicht so einfach ist, dabei zu bleiben. Denn mancher entpuppt sich als etwas ganz anderes, als zunächst angenommen.


Aufmachung des Buches
Der Verlag hat Betibú als Hardcover auf den Markt gebracht und ihm so ein sehr angenehmes Format verpasst. Das Cover ist ein Blickfang, wenn es auch im Zusammenhang mit dem Inhalt eher etwas gesucht wirkt. Schön gelungen ist der Einstieg in den Roman mit einigen Zitaten aus Berichten von Polizeireportern. Ansonsten ist die Gestaltung eher spartanisch ausgefallen, was bei einem Krimi aber kein ernstes Problem darstellt.


Fazit
Betibú ist ein solider Krimi aus der Feder von Claudia Piñeiro. Die Autorin vermittelt zusammen mit der gut aufgebauten Geschichte auch einen tiefen Einblick in die gesellschaftlichen Verhältnisse Argentiniens. Dass dies nicht auf Kosten der Spannung gehen muss, beweist Piñeiro in Betibú eindrücklich.


4 5 Sterne


Hinweise
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