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Es gibt viele gute Fantasy-Romane, aber immer wieder gelang es einigen Autoren, das Interesse der Leser auf eine ganz besondere Art zu erregen. Sei es durch ihre außergewöhnliche Weltenschöpfung, ihre Figuren, die einem im Laufe der Zeit ans Herz wachsen, oder weil die Geschichte so gut ist, dass man einfach wissen muss, wie es weitergeht.
Die von Robert Silverberg gestaltete Anthologie „Der siebte Schrein“ versammelte elf seiner zur Zeit bekanntesten Kollegen und ihre erfolgreichsten Schöpfungen in einem voluminösen Hardcover. Nun ist das Buch in zwei Bänden als Taschenbuch erschienen. Nach Der siebte Schrein liegt jetzt der zweite Teil vor, und der Inhalt kann sich sehen lassen.
Diese Anthologie ist nicht nur für Fans der einzelnen Serien gemacht, vor allem bietet sie dem interessierten Leser Gelegenheit, einmal in ihm unbekannte Zyklen hineinzuschnuppern.

 

Das Meer und kleine Fische 

Originaltitel: Legends. New Works by the Masters of Modern Fantasy
Übersetzer: Joachim Körber
Verlag: Heyne Verlag
Erschienen:  September 2000
ISBN: 978-3453171978
Seitenzahl: 431 Seiten


Die Idee, Stil und Sprache
Fünf hochkarätige Fantasy-Autoren sind in „Das Meer und kleine Fische“ vertreten und jeder von ihnen erzählt eine kurze, exklusive Geschichte aus seinem bekanntesten Fantasy-Zyklus. Vorangestellt werden diesen Geschichten Übersichten der bisher veröffentlichten Bände und eine kurze Einführung in diese. Den Anfang mach Terry Pratchett mit einer Episode aus dem Leben von Oma Wetterwachs. Als man sie von einem alljährlichen Hexenwettbewerb ausschließen will, beschließt sie von nun an nett zu den Menschen zu sein und bringt damit Chaos über die umliegenden Dörfer und schließlich auch über den Wettbewerb. Terry Goodkind schickt die junge Mutter Abby als Bittstellerin zum ersten Zauberer des Landes. Ihre Familie wird zusammen mit weiteren Menschen von der feindlichen Armee als Geisel gehalten und sie erhofft sich seine Hilfe, auch wenn es die Kriegsstrategie des gesamten Landes beeinflussen kann. Ursula K. LeGuin führt das junge Mädchen Drachenkind an die Pforte der Zaubererschule von Roke und lässt sie als erste Frau überhaupt um Aufnahme als Schülerin bitten. Anne McCaffrey stellt uns die Läuferin Tenna vor und wir begleiten sie auf einem Teil ihrer ersten Weltenumrundung. Den Abschluss der Anthologie bildet schließlich Robert Jordan, der ein Prequel zu seiner „Rad der Zeit“-Reihe schreibt. Er schildert das erste Treffen von Morainne und Lan, eine Geschichte, die er später zu einem separaten Band der Reihe, „Ein neuer Frühling“, ausgebaut hat.

Da die Geschichten unabhängig von den eigentlichen Reihen stehen, sollten sie ohne Vorwissen verständlich sein, das gelingt aber nur bedingt. Während man in Pratchetts Geschichte sofort einsteigen kann, ist das bei den anderen deutlich schwerer. Inhaltlich sind sie zwar verständlich, aber man kann nicht alle Details verstehen und abschnittsweise wirken sie deswegen belanglos und aus dem Zusammenhang gerissen, während Fans der Welten interessante neue Details ihrer Reihe entdecken.

Grundsätzlich schreiben alle fünf Autoren in einem sehr flüssigen Stil und die einzelnen Geschichten sind angenehm zu lesen. Terry Pratchett sticht mit seinem sehr humorvollen und ironischen Schreibstil positiv hervor. Die anderen beschreiben ihre Geschichten gewohnt bildhaft und bringen auch zusätzlich zum Vortext einige Informationen zur Welt ein. Keine der Geschichten wird von einem Ich-Erzähler wiedergegeben, aber sie alle werden aus der Sicht eines oder mehrerer Charaktere erzählt.
Der Spannungsaufbau gelingt den Autoren in der Kürze der Texte sehr unterschiedlich. Terry Pratchett setzt weniger auf eine fesselnde als auf eine humorvolle Geschichte, was ihm gut gelingt. Robert Jordan hat es sehr schnell geschafft mich zu fesseln und die Suche nach dem Wiedergeborenen Drachen, ebenso wie die Flucht vor den Schattenfreunden, lassen einen während der gesamten Geschichte nicht los. Soviel Spannung ist in den anderen Geschichten jedoch selten aufgekommen, bei Goodkind erst zum Schluss und bei LeGuin gar nicht. Das lag aber weniger an den Geschichten selbst, sondern mehr an der Darstellung der Charaktere, die im nächsten Abschnitt bewertet wird.


Figuren
Erwartungsgemäß fiel es deutlich leichter, sich auf Charaktere aus bekannten Welten einzulassen. Teilweise waren die Charaktere selbst bereits bekannt, teilweise nur ihre Umgebung. In jedem Fall musste man sich in den gänzlich unbekannten Welten erst einmal stark auf die Welt selbst und ihre Mythologie konzentrieren. Das behinderte natürlich auch die Verbindung zu den Charakteren. Bei Goodkind fiel das besonders auf, da er eigentlich eines der emotionalsten Probleme beschrieben hat, aber das Schicksal seiner Figuren lange nicht berührt hat. Gut gelungen ist diese emotionale Verbindung hingegen Jordan und McCaffray, die ihre Hauptcharaktere sehr schnell vorstellen und auch die Nebencharaktere sehr glaubwürdig und sympathisch beschreiben. Trotzdem hätte allen Geschichten, mit Ausnahme der von Pratchett, eine längere Fassung mit ausführlicheren Einführungen am Anfang sicher nicht geschadet. So blieben die Nebencharaktere blass und die Handlungen teilweise für Leser ohne Vorwissen unbegründet.


Aufmachung des Buches
„Das Meer und kleine Fische“ ist ein Taschenbuch im üblichen Heyne-Format. Sowohl Titel des Buches als auch das Frontbild gehören zur Kurzgeschichte von Terry Pratchett, die anderen vier Geschichten sind nicht vertreten. Im Inneren erhält jede Geschichte eine kurze Einleitung und eine Übersicht der wichtigsten bisher veröffentlichten Werke der Reihen. Ergänzt wird das durch eine Karte der Welt, sofern nötig und vorhanden. Die Karten sind dieselben, die man auch in den einzelnen Bänden der Reihen findet.


Fazit
Diese Anthologie vereint tatsächlich einige der bedeutendsten Autoren der Fantasy Literatur. Allerdings sind sie nicht unbedingt alle mit bedeutenden Geschichten vertreten. Als Ergänzung zu den original Reihen ist es ein gutes Buch und auch für Fantasy-Fans generell zu empfehlen. Ohne Vorwissen der Reihen fällt es jedoch schwer sich in die Geschichten einzufinden.


3 Sterne


Hinweise
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