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Jenny Mai Nuyen klein


Seit Erscheinen ihres Debüt-Romans "Nijura – Das Erbe der Elfenkrone" im Jahr 2006 ist Jenny-Mai Nuyen eine feste Größe im Jugend-Fantasy-Genre und begeistert ihre Leser mit komplexen Geschichten, detailliert ausgestalteten, lebendigen Charakteren und einer außergewöhnlich schönen Sprache. Das literarische Wunderkind ist inzwischen erwachsen geworden und widmet sich nach abgebrochenem Filmstudium in Berlin ganz ihrer Passion, dem Schreiben. Für "Noir" verlässt sie den Fantasy-Bereich und wagt sie sich in die Realität, jedoch nicht ohne einige fantastische Anklänge.


Liebe Frau Nuyen, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für das Interview nehmen. Aktuell erscheint Ihr siebter Roman Noir, der sich an etwas ältere Leser als bisher richtet. Empfinden Sie den Genre-Wechsel als Wagnis?

Jeder Roman, mit dem man an die Öffentlichkeit tritt, ist ein Wagnis. Im Schreiben verarbeite ich mein Leben, meine Erfahrungen, meine Entwicklung und kleide sie in fiktive Stoffe, dabei liefere ich mich immer auch ein wenig meinen Lesern aus. Über Genres denke ich dabei nicht viel nach. Ich suche nach den Geschichten in mir, die sich in dem Moment authentisch anfühlen.


Haben Sie sich vorläufig vom Jugendbuch-Genre verabschiedet oder werden Sie zukünftig mehrere Genres bedienen?

Ich weiß nicht, ob ich mich je als Jugendbuchautorin empfunden habe. Ich war sechzehn, als ich „Nijura“, meinen ersten veröffentlichten Roman, schrieb. Natürlich handelte das Buch von den Gedanken und Problemen einer Sechzehnjährigen, war also ein Jugendbuch. Aber ich werde älter und die Themen, die mich bewegen, bleiben nicht dieselben. Ich kann mir also gar nichts anderes vorstellen, als in Zukunft verschiedene Genres zu bedienen. Und dann vielleicht auch wieder Jugendbücher.


Gibt es noch andere Genres, die Sie für ein Buchprojekt reizen?

Nach NOIR habe ich einen sehr kurzen Roman geschrieben, der in der Gegenwart spielt und überhaupt keine phantastischen Elemente besitzt. Mal sehen, ob und wann er veröffentlicht wird. Momentan arbeite ich wieder an einer phantastischen Geschichte, mit malerischen Schauplätzen und viel Handlung. Vielleicht fühle ich mich danach zu Horror hingezogen, einfach weil ich etwas Derartiges noch nie versucht habe.


Laut Ihrer Vita haben Sie mit 10 Jahren Ihr erstes Drehbuch verfasst, das Studium der Filmwissenschaft war eine logische Konsequenz. Schreiben Sie auch heute noch Drehbücher?

Nein, im Augenblick reizt mich das Arbeiten an Filmen überhaupt nicht. Ich genieße es, Romane zu schreiben. Aber wer weiß, was in der Zukunft noch passiert. Menschen ändern sich ja. Sonst würde es auch langweilig werden.


Auf Ihrer Homepage kann man sehr gelungene und kunstvolle Skizzen zu Ihren Büchern bewundern, bei den Sturmjägern waren auch welche abgedruckt. Wäre es für Sie interessant, eines Ihrer Bücher selbst zu illustrieren oder eine Graphic Novel zu schreiben?

Ich träume tatsächlich davon, eines Tages eine Graphic Novel zu machen. Aber das muss nicht bald sein. Das Schreiben steht bei mir gerade im Vordergrund. Sobald ich einen Roman geschrieben habe, mit dem ich wirklich zufrieden bin, kann ich mich dem Malen und Zeichnen zuwenden und vielleicht für eine Weile Malerin oder Illustratorin sein.


Können Sie Einfluss auf die Covergestaltung Ihrer Bücher nehmen und kam es schon vor, dass eine Ihrer Skizzen als genaue Vorlage diente?

Leider nein. Ich habe zu fast jedem Roman ein oder mehrere Coverentwürfe gemacht, nie wurde einer genommen. Ich war meistens eher unglücklich mit der Gestaltung meiner Jugendbücher. Bei NOIR ist das anders gewesen, ich finde das Cover sehr gelungen. Sonst hatte ich manchmal das Gefühl, man wolle ein ganz anderes Buch verkaufen als das, das ich geschrieben hatte.


Nach München und New York wohnen Sie nun in Berlin, eine kulturell sehr bunte und lebhafte Kulisse, die sich auch in Ihrem neuen Roman wiederfindet. Lassen Sie sich gern von Ihrer Umgebung inspirieren und reisen Sie auch in andere Städte und Länder für Ihre Geschichten?

Ich bin kein großer Recherche-Typ und um ehrlich zu sein, reise ich auch nicht besonders gerne. Da muss man so viel planen, das ist nichts für mich. Das viele Umziehen zwischen München, Florenz und New York damals hat hauptsächlich meine beste Freundin organisiert, die dasselbe Studium belegte (und zwar bis zum Abschluss, anders als ich).
Aber meine Umgebung beeinflusst natürlich meine Arbeit. Wobei das eher zwischenmenschlich passiert. Ich wechsle dann eher mein Umfeld als gleich die Stadt.


Wie können sich unsere Leser Ihren Autorenalltag vorstellen, haben Sie einen bestimmten Tagesablauf oder spezielle Schreibrituale?

Gerade letzte Woche habe ich eine Blog-Tour gemacht, bei der es detaillierte Fotostrecken zu einem „typischen“ und „weniger typischen“ Tag in meinem Leben gab. Die kann man sich auch auf meiner Seite ansehen: www.jennymainuyen.de. Diese Fotostrecken haben Spaß gemacht.


Schreiben Sie an mehreren Büchern gleichzeitig oder schließen Sie erst jedes komplett ab, bevor Sie (auch gedanklich) mit einem neuen beginnen?

Oft beende ich einen Roman, fang danach gleich vier verschiedene an, breche alle ab, häufe sie dann zu einer einzigen Geschichte zusammen und schreibe daran, während ich nebenher noch den fertigen Roman überarbeite. Es herrscht also immer ein überschaubares Chaos.


Arbeiten Sie derzeit an einem neuen Roman und können uns einen kleinen Ausblick darauf geben?

Wie gesagt, schreibe ich momentan wieder an einer phantastischen Geschichte. Aber ich weiß noch nicht, wohin sie mich führen wird. Vielleicht ist sie in einer Woche ganz anders als jetzt. Jede genauere Auskunft wäre daher irreführend. Nur so viel kann ich sagen: Es geht um Liebe. Und den Untergang der Welt.


Gibt es eine Figur aus Ihren Büchern, die Sie nach Abschluss noch lange Zeit in Ihrem Alltag begleitet hat?

Ja, einige. Ich erinnere mich insbesondere an einen Roman, den ich mit fünfzehn schrieb – über eine Prinzessin, die ihren eigenen Vater vergiften muss. Dieses Buch hat mich während des Schreibens sehr verändert. Ich bin damit erwachsen geworden, die Figur habe ich noch lange mit mir herumgetragen, weil sie für einen ganz besonderen Zeitpunkt in meinem Leben steht.


Welches Ihrer Bücher würden Sie als Ihr persönlichstes bezeichnen?

Jedes ist persönlich. Selbst Bücher, die mir inhaltlich weniger nahe standen, haben sich auf die eine oder andere Art meine Empfindungen einverleibt. Denn das Schreiben ist für mich keine vernunftgesteuerte Arbeit, sondern Tagträumen; dabei hinterlasse ich ständig Abdrücke meines aktuellen Zustands zwischen den Zeilen. Jedes Buch ist daher so persönlich, wie es nur sein kann.


Wenn Sie selbst nicht schreiben, welche Autoren und Bücher lesen Sie selbst gerne?

Was phantastische Literatur angeht, lese ich fast nur noch Tobias O. Meißner, der meiner Meinung nach etwas Großes mit seinen Büchern schafft. Ansonsten hänge ich gern in vergangenen Epochen herum, lese momentan Kurzgeschichten von Maupassant und Edgar Allan Poe und die Romane von Joris-Karl Huysmans. Neben meinem Bett liegen außerdem „Die andere Seite“ von Alfred Kubin und „Geständnisse eines englischen Opiumessers“ von Thomas de Quincey. Ach ja, und „Dreamland“ von Kevin Baker, wo es um Gangster im New York der 1910er geht. Als Teenager war „Dreamland“ so etwas wie eine Bibel für mich. Ich lese es jetzt wieder und bin erneut begeistert.


Gibt es etwas, das Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben möchten?

Die oben genannten Bücher. Und meinen Dank, dass sie das Interview gelesen haben!

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