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An Jazz kann man nicht sterben. Oder?

Constable Peter Grant ist ein ganz normaler Londoner Bobby. Die Abteilung, in der er arbeitet, ist allerdings alles andere als normal: Ihr Spezialgebiet ist – die Magie. Eines Abends wird Peter zu der Leiche eines Jazzmusikers gerufen und findet heraus, dass in den Jazzclubs in Soho, im Herzen Londons, verdächtig viele Musiker eines unerwarteten Todes sterben. Hier geht etwas nicht mit rechten Dingen zu. Oder wie soll man es sonst nennen, wenn eine Leiche unüberhörbar und mit viel Swing Body an Soul spielt?

 

Schwarzer Mond ueber Soho 

Originaltitel: Moon over Soho
Autor: Ben Aaronovitch
Übersetzer: Christine Blum
Verlag: dtv
Erschienen: 07/2012
ISBN: 978-3-423-21380-6
Seitenzahl: 413 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Im zweiten Band mit Detective Constable Peter Grant hat der junge Magierlehrling sich gleich mit zwei Fällen herumzuschlagen: zum einen überleben überraschend viele Jazzmusiker ihren letzten Auftritt im Londoner Stadtteil Soho nicht sehr lange – sie scheinen zwar immer eines natürlichen Todes zu sterben, doch lässt sich eine ausgeprägte Vestigia feststellen, und im unmittelbaren Umfeld der Leichen spielt leise der Song Body and Soul. Zum anderen gibt es grausame Morde, die von einer Vagina dentata zu stammen scheinen – von einer Mörderin mit sehr speziellen Fähigkeiten …

Die Geschichte ist interessant und sehr unterhaltsam, mit vielen Wendungen abwechslungsreich und zumeist nicht vorhersehbar inszeniert, so dass es Spaß macht, mitzurätseln und mit zu ermitteln, wer hier die Täter sind.

„Habe ich auch eine Signatur?“ fragte ich
„Oh ja. Wenn Sie zaubern, haben die Dinge in Ihrer Umgebung die verhängnisvolle Tendenz, in Flammen aufzugehen.“
(Seite 41)


Stil und Sprache
Scheinbar nahtlos schließt sich der zweite Teil der Reihe an Die Flüsse von London an. Dabei lässt sich dieses Buch zwar auch unabhängig von Band 1 lesen, dennoch macht es mehr Spaß – und Anspielungen bzw. Rückblicke lassen sich besser zuordnen –, wenn man den ersten Teil kennt. Geschrieben ist auch dieser Band in der ersten Person Singular und aus Sicht von Constable Peter Grant. Er berichtet über seine Erlebnisse, stellenweise spricht er den Leser auch direkt an, als sei er sich des stillen Beobachters durchaus bewusst, der ihm über die Schulter lugt. Durch diese Perspektive erhält man nicht nur Einblicke in seine teils skurrilen Gedankengänge, sondern ist dem sympathischen Protagonisten zugleich auch sehr nahe.

Aaronovitchs Stil ist wieder einmal gewürzt mit deftig-britischem Humor, reichlich Zynismus und schönen, bildhaften Vergleichen. Passagen wie auf Seite 397 – „Sie kam aufs Dach herausgeplatzt wie ein überfälliger Steuerbescheid und warf Nightingale einen bitterbösen Blick zu.“ – sind typisch für ihn. Die Handlungen sind eine gelungene Mischung aus humorvollen, ruhigen Szenen, Tatortbesichtigungen und Ermittlungen sowie actionreichen Etappen. So bekommt der Leser nicht nur Gelegenheit, nach und nach in die Geschichte zu finden und stellenweise herzhaft zu lachen, auch die Spannung wird angezogen und kontinuierlich bis zu ihrem Höhepunkt gesteigert. Bei wilden Fahrten und Verfolgungsjagden durch London beschreibt der Autor genau die Strecken, die Peter Grant nimmt. Für Ortskundige sicher spannend mitzuverfolgen, Leser hingegen, die London (noch) nicht erleben durften, nehmen es ungerührt hin. Dennoch helfen die Aneinanderreihungen der vorbeirasenden Straßen und Orte, die Dynamik voranzutreiben. Gleichzeitig verwebt der Autor viele geographische, historische und gesellschaftliche Daten zu Englands Hauptstadt geschickt mit den Handlungen. Insgesamt ist der zweite Teil wieder sehr unterhaltsam zu lesen und die lustigen Passagen provozieren immer wieder mal ein breites Grinsen. Aber dennoch bleibt der Eindruck, dass der Humor nicht mehr ganz an den des letzten Teils heranreicht und der Kontext einen etwas ernsteren Grundton angenommen hat. Auch auf einige Erotikszenen trifft man, die zwar relativ deutlich, aber kurz und nicht zu explizit beschrieben werden.

Orts- und Szenenwechsel werden durch Peter Grant regelmäßig mit einem kurzen Vorwort eingeleitet, das sich zu Hintergründen und den regionalen Besonderheiten auslässt, und macht nicht nur die Ortskenntnisse, sondern auch das Interesse des Autors an Londons Vergangenheit deutlich. An anderen Stellen beschreiben die Einleitungen typische Verfahren und Eigenheiten der britischen Polizeiarbeit. Diese Einführungen nehmen zwar kurz das Tempo aus dem Plot, sind dafür aber inhaltlich interessant zu lesen, und da der Autor nie den roten Faden verliert, bilden sie eine gelungene Überbrückung, bis sich die für die Geschichte relevanten Handlungen fortsetzen.

Der zweite Band beantwortet viele Fragen, geht dabei auch noch mehrfach auf die Vampire aus Band 1 ein, lässt aber genug Aspekte offen, um ausreichend Stoff für den nächsten Teil mit DC Peter Grant zu bieten. Und so kann man gespannt sein, was sich Ben Aaronovitch als nächstes ausdenken wird.


Figuren
Die Hauptfigur ist natürlich wieder Peter Grant, der Londoner Bobby. Seit man ihn in Band 1 kennenlernte, hat er sich deutlich weiterentwickelt, sowohl als Polizist im Allgemeinen, als auch als Magieranwärter im Besonderen. Alleingestellt auf sich selbst – Nightingale steht ihm nur selten zur Seite, da er sich nach der Schussverletzung noch auskurieren muss – führt er die Ermittlungen überwiegend ernsthaft und gut strukturiert aus. Dennoch hat er nach wie vor gelegentlich abstruse Ideen und Gedanken, die dem Leser viel Spaß machen, dazu eine ganz eigene Art, an die vor ihm liegenden Aufgaben heranzugehen und eine besondere Gabe, reichlich Schaden anzurichten.

Lesley, seiner attraktiven Kollegin, deren Gesicht nach dem Angriff eines Geistes stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, fällt diesmal nur eine Nebenrolle zu, während die mysteriöse Simone – mit der sich Peter auf eine leidenschaftliche Affäre einlässt – stärker in den Fokus rückt. Auch Detective Sergeant Stephanopoulos, Ermittlerin der Mordkommission, erhält mehr Aufmerksamkeit, arbeiten die beiden Einheiten der Londonder Polizei doch sehr stark zusammen. Eine besondere Herausforderungen sind für Peter wieder einmal die Gegner, die er verfolgt. Näher möchte ich auf sie jedoch nicht eingehen, um nicht zu viel zu verraten. Alle Figuren und Wesen, die in diesem Stück die Bühne betreten, sind Ben Aaronovitch glaubhaft und überwiegend dreidimensional gelungen und mit dem für ihre Rolle nötigen Hintergrund versehen worden.


Aufmachung des Buches
Schwarzer Mond über Soho wird als Taschenbuch angeboten. Die Gestaltung des Umschlags orientiert sich an der von Band 1, so erkennt man sofort, dass es sich um eine Serie handelt. Farblich dominiert diesmal ein Blauton. Der unter dem Namen des Autors hängende Spotstrahler erinnert an ein Bühnenstück, oder besser, an einen Auftritt einer Band – sehr passend zum Inhalt. Ein Teil einer Karte von London ist durch den Lichtkegel des Strahlers stark herausgehoben, während der Rest der Stadt in blauer Dunkelheit versinkt. Aus der Düsternis sticht nur noch die Themse blutrot hervor.

Die Kapitel sind mit Nummern und Titeln – gelegentlich in Deutsch, meistens jedoch in Englisch – versehen.


Fazit
Magie, fantastische Wesen und ungewöhnliche Gegner, reichlich Action und der typisch britische Humor sorgen auch bei diesen Abenteuern mit Peter Grant wieder für kurzweiligen Lesespaß.


4 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Die Flüsse von London

Fans des Autors dürfen sich noch auf mindestens zwei Fälle mit Detective Constable Peter Grant freuen – in England ist der dritte Teil „Whispers Under Ground“ bereits veröffentlicht worden, aktuell schreibt Aaronovitch an Band 4, „Broken Homes“.

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