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Es gibt keine Grenzen für die Liebe.
Warum nicht auch für das Leben?

Victor und Konrad Frankenstein lieben einander so sehr, wie es nur Zwillinge vermögen. Allein die schöne Elizabeth steht zwischen ihnen. Da erkrankt Konrad plötzlich an einem unheilbaren Fieber. Victor ist verzweifelt. Er würde alles tun, um seinen Bruder zu retten. In einer geheimen Bibliothek stößt er auf ein Buch, das die Rezeptur zum legendären „Elixier des Lebens“ verspricht. Der aufgeklärte Victor ist skeptisch. Doch was hat er zu verlieren? Zusammen mit Elizabeth macht er sich auf die Suche nach den furchterregenden und grotesken Zutaten. Unvorstellbare Prüfungen erwarten die beiden – und unerwartete Versuchungen. Die Macht über Leben und Tod zieht Victor mehr und mehr in ihren Bann ...

 

Duesters Verlangen 

Originaltitel: This Dark Endeavour, The Apprenticeship of Victor Frankenstein
Autor: Kenneth Oppel
Übersetzer: Gerold Anrich, Martina Instinsky-Anrich
Verlag: Beltz & Gelberg
Erschienen: 07/2012
ISBN: 978-3407811219
Seitenzahl: 377 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Die Zwillinge Victor und Konrad Frankenstein sind Teenager und stets unzertrennlich. Zusammen mit ihrer entfernten Cousine Elizabeth und Henry, dem Sohn eines Freundes der Familie, verbringen sie eine Jugend voll unbeschwerter Zeit. Auf einem ihrer Streifzüge durch den Familienwohnsitz am Genfer See entdecken sie eines Tages alchemistische Werke in einer geheimen Bibliothek, die schon bald von Bedeutung erlangen, als Konrad schwer erkrankt und kein normaler Arzt ihm helfen kann. Doch nicht nur das Abenteuer zur Beschaffung des „Elixier des Lebens” gilt es zu bestehen, die schwerste Prüfung für die Zwillinge ist schlussendlich eine Frau, die beide begehren: Elizabeth.

Fast jeder kennt zumindest in groben Zügen Mary Shelleys Geschichte von Frankenstein und seinem Monster, die auch vielfach verfilmt wurde. Kenneth Oppel hat sich diesem Stoff angenommen und zurückgedacht – wie wurde Victor Frankenstein zu dem Menschen, der später künstliches Leben erschafft und schließlich daran verzweifelt, welche Konsequenzen er heraufbeschworen hat. Es ist ihm nicht nur gelungen, eine alte und etwas angestaubte Geschichte wieder ans Tageslicht zu bringen, er eröffnet zudem völlig neue Perspektiven, die sowohl schlüssig zum Original passen als auch eigenständig stehen können.


Stil und Sprache
Erzählt wird die Geschichte aus der Ich-Perspektive des jungen Victor Frankenstein rückblickend in der Vergangenheitsform. Die Sprache ist ausgefeilt, angemessen für den zeitlichen Kontext, jedoch nicht zu gestelzt und umständlich. Durch die leicht nostalgisch anmutende Erzählweise und Wortwahl, die dennoch für den heutigen modernen Leser gut erfassbar ist, wird eine gelungene Brücke zwischen dem Original und der neuen Vorgeschichte geschlagen. Der Grundtonus ist düster, zwischen den zahlreichen stimmigen Dialogen, liegt der Schwerpunkt auf Victors Faszination für das scheinbar Übernatürliche, der Alchemie und dem, was nicht nur verpönt, sondern auch streng verboten ist. „Die Titelseite zeigte das Bild eines Mannes, doch er war kaum zu erkennen, denn die Seite war halb verbrannt. Nur noch skeletthafte Spuren seines Gesichts waren übrig geblieben. Entweder trug er einen seltsam abgewinkelten Hut oder er hatte einen grotesk verformten Schädel. Eigenartigerweise waren seine Augen immer noch klar. Sie wirkten scharfsinnig und zugleich vertrauensvoll und schienen direkt auf uns gerichtet.” (Seite 79)

Was damals noch als schwarze Magie galt oder schlicht unverständlich für die Menschen, zieht Victors Aufmerksamkeit auf sich, er entdeckt eine Leidenschaft für die Materie, die er sonst für kein Schulfach aufbringen konnte. „Ich beugte mich darüber, schloss das eine Auge ... und war verblüfft. Vor mir tat sich eine lebende Welt auf. Rundliche Objekte bewegten sich umher und prallten zusammen. Während ich sie beobachtete, drückten sich einige in der Mitte zusammen und wurden zwei, andere klammerten sich aneinander, bis eines verkümmerte und starb.” (Seite 125).
Als sein Bruder schwer erkrankt, entfaltet sich schon da ein Widerstreit in ihm zwischen dem Ehrgeiz, etwas Einmaliges zu erschaffen, und der Sorge und Liebe für seinen Bruder. Für Spannung sorgt die abenteuerliche Jagd nach den Zutaten für das „Elixier des Lebens” und der Konflikt zwischen den Brüdern, als sie erkennen, dass sie beide Elizabeth lieben, was einen markanten Wendepunkt bildet. Der Spannungsbogen baut sich stetig auf mit mehreren Spitzen, um schließlich in einem Wettlauf mit der Zeit zu gipfeln.


Figuren
Victor ist als Ich-Erzähler die Hauptfigur des Romans. Er ist ungestüm, reizbar und sehr leidenschaftlich, in dem was er tut, während sein Zwillingsbruder Konrad das komplette Gegenteil verkörpert. Konrad ist sensibel und zurückhaltend, stets besonnen, aufmerksam und freundlich, wohingegen Victor oft egoistisch auf seinen Vorteil bedacht ist und seinen Ehrgeiz auslebt. Die Zwillinge sind wie zwei Seiten einer Medaille, die zwar verschieden sind, aber doch unzertrennbar verbunden. Fast hat man manchmal den Eindruck, es handele sich um ein und dieselbe Person, deren charakterliche Eigenschaften in schwarz und weiß aufgeteilt und in Form gegeben wurden. So kann auch Victor oft nicht unterscheiden, wo er aufhört und sein Bruder anfängt. „Meinen Bruder so krank zu sehen, weckte in mir Gefühle, die ich kaum ertragen konnte. Wenn er sich nun nicht erholte? Wenn ich ihn verlieren würde? Immer wenn ich ihn anschaute, war mir, als würde ich mich selbst anschauen, als würde ich meinen eigenen Körper von Fieber und Schmerzen gequält sehen.” (Seite 55)

Bindeglied der Zwillinge ist Elizabeth, eine entfernte Cousine, die mit ihnen zusammen aufwächst. Sie vereint ambivalente Eigenschaften in ihrer Person, kann in einem Moment weich und verletzlich sein und im nächsten kämpferisch und animalisch. Deshalb wirkt sie auf Victor und Konrad anziehend und entwickelt ihrerseits für beide Gefühle, die im Wettstreit miteinander liegen. Henry, der Sohn eines Freundes der Familie, lebt zeitweise bei den Frankensteins und bringt eine poetische Note in das Vierergespann. Er ist eher vorsichtig und ängstlich und geht Konflikten aus dem Weg.

Alle Charaktere sind lebensecht ausgestaltet und entwickeln sich im Laufe der Geschichte weiter. Auch die Zeit um 1800 hat der Autor gut eingefangen, es wirkt alles authentisch und zeitgemäß. Neben den Hauptprotagonisten gibt es auch zahlreiche interessante Nebencharaktere wie den respekteinflössenden Vater, den undurchsichtigen Alchemisten Polidori und die emotionale Haushälterin Maria. Da sich viele verschiedene Aspekte von Persönlichkeitsstrukturen in den Figuren wiederfinden, kann man sich sehr gut mit ihnen identifizieren.


Aufmachung des Buches
Das bedruckte Hardcover ist im Grundton weiß gehalten und wirkt wie ein altes Stück Papier. Zentral befindet sich auf dem Cover eine Art Rorschachtest, in dem die Gesichter von Victor und Konrad Frankenstein links und rechts mit ihren charakteristischen Gemütszuständen – der eine diabolisch-energisch, der andere weich und nachdenklich – erkennbar sind, außerdem zweimal das Gesicht von Elizabeth. Die restlichen Elemente des Rorschachtests scheinen fast organisch und betonen den düsteren Grundton des Buches. Der Titel ist in einer geschwungenen Schreibschrift gehalten, der Untertitel etwas ordentlicher; beides steht da, wie mit Tinte geschrieben. Der Innenteil des Buches ist sehr schlicht, nur die Kapitelüberschriften sind ebenfalls in der ausladenden Schreibschrift gesetzt. Insgesamt ist es eine eher dezente, aber durchaus interessante Gestaltung.


Fazit
Kenneth Oppel entstaubt bravourös den alten Klassiker von Mary Shelley und haucht ihm im wahrsten Sinne des Wortes neues und modernes Leben ein – Die wahre Geschichte des jungen Victor Frankenstein ist düster, spannend und macht Lust auf mehr!


5 Sterne


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