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Man kann die Zukunft nicht stoppen, man kann die Zeit nicht zurückspulen – doch wer auf Play drückt, erfährt die Wahrheit.
Als Clay aus der Schule kommt, findet er ein Päckchen mit 13 Kassetten vor. Er legt die erste in einen alten Kassettenrekorder, drückt auf „Play“ - und hört die Stimme von Hannah Baker. Hannah, seine ehemalige Mitschülerin. Hannah, für die er heimlich schwärmte. Hannah, die sich vor zwei Wochen umgebracht hat.
Mit Hannahs Stimme im Ohr wandert Clay durch die Nacht, und was er hört, lässt ihm den Atem stocken. 13 Gründe haben zu ihrem Selbstmord geführt. 13 Personen hatten ihren Anteil daran.
Clay ist einer davon...

  Autor: Jay Asher
Verlag: cbt
Erschienen: 2009
ISBN: 978-3-570-16020-6
Seitenzahl: 288 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Der Autor hatte die Idee für das Buch während einer Audioführung in einem Museum. Man lauscht einer Stimme vom Band und lässt sich von ihr leiten.
Asher entwickelte aus dieser Idee heraus ein Konzept für ein Jugendbuch, das nach ziemlich hartem Stoff klingt. Die Schülerin einer High School hat sich das Leben genommen. Zwei Wochen nach ihrem Tod bekommt ein Mitschüler einen Schuhkarton mit sieben (es sind nicht, wie im Klappentext beschrieben 13!) Kassetten zugeschickt. Ohne Absender. 13 Seiten sind beschriftet, die B-Seite der letzten Kassette ist leer. Clay legt die erste Kassette ein und hört die vertraute Stimme von Hannah. Sie beginnt ihre Geschichte zu erzählen, die ihr Vermächtnis ist. Eine Art Abschiedsbrief, in dem sie mit allen abrechnen möchte, die Schuld an ihrem Tod haben. Ihr Zusammentreffen mit 13 Menschen aus ihrem Umfeld, die etwas mit ihrer Entscheidung, sich das Leben zu nehmen, zu tun haben, wird geschildert. Es ist nicht ein einzelner Mensch, der Schuld hat, sondern die Überschneidung mehrerer unglücklicher Umstände. Jeder „Schuldige“ soll die Kassetten hören und an den nächsten in der Kette senden. Der letzte möge, so Hannah „zur Hölle fahren“. Zu jeder Geschichte gibt es noch einen Ort, der von Hannah auf einem Stadtplan markiert wurde. Jeder Empfänger hat solch einen Stadtplan in seinen Spind gesteckt bekommen und kann der Geschichte auf diese Weise auch anhand der verzeichneten Orte folgen. Dabei wird er beobachtet... Wird das Päckchen nicht weitergeschickt, existiert ein zweiter Satz Kassetten, der im Bedarfsfall an die Öffentlichkeit gelangt.

Die Idee finde ich prinzipiell sehr gelungen. Was hat Clay getan? Er ist sich keiner Schuld bewusst. Welche Umstände führten zum Tod von Hannah? Was muss geschehen, damit ein junges Mädchen, das eigentlich keine Außenseiterin ist, in den Selbstmord getrieben wird? Warum reagiert niemand rechtzeitig? Viele Fragen werden aufgeworfen. Leider fand ich die Umsetzung zeitweise nicht ganz gelungen. Klar kommen eine Menge sehr unangenehmer Dinge zusammen – zum Schluss hin wird es auch immer schlimmer. Aber letztlich gibt sich Hannah bereits relativ früh auf. Manchmal werden da eher „Kinkerlitzchen-Teenagersorgen“ geschildert, die jeder Jugendliche so oder so ähnlich mal durchgemacht hat. Das Verhalten von Hannah lässt bisweilen Rückschlüsse auf eine ziemlich depressive Persönlichkeitsstruktur zu, die zu Beginn allerdings nicht als solche beschrieben wird. Deswegen wirkt der erste Teil der Story in meinen Augen etwas aufgesetzt. Dass Hannah im Laufe der Geschichte dann in einen derartigen Strudel immer schlimmerer Ereignisse gerät, ist freilich sehr erschütternd.


Stil und Sprache
Die Geschichte wird aus Clays Sicht wiedergegeben. Dabei gelingt es dem Autor sehr gut Spannung aufzubauen, denn immer wieder muss Clay kurzfristig Entscheidungen treffen, die erhebliche Konsequenzen für den Fortgang der Handlung haben. Dies geschieht z.B., wenn Clay den Walkman „ausleiht“, um damit ungestört die Kassetten hören zu können. Dadurch gewinnt die Geschichte auch an überraschenden Momenten. Auch wenn von Beginn an klar ist, dass Hannah sterben wird – ihr Selbstmord fand ja bereits zwei Wochen, bevor die Geschichte einsetzt, statt – schafft Jay Asher es, überraschende Wendungen einzubauen, z.B. indem er lange Zeit im Dunkeln lässt, welche Rolle Clay zukommt.

Stil und Sprache sind für ein Jugendbuch angemessen. Es entwickelt sich eine Art Zwiegespräch zwischen Hannah und Clay. Der kursiv gedruckte Text, den Hannah auf der Kassette spricht, wird ergänzt durch die Kommentare von Clay, der ihren Worten lauschend durch die Nacht zieht. Eigentlich eine ganz gute Idee, die Gegenwart mit den Ereignissen in der Vergangenheit zu verbinden.


Figuren
Die Hauptfiguren, Hannah und Clay, scheinen eigentlich ganz gut herausgearbeitet zu sein. Trotzdem wird man nicht ganz schlau aus ihnen. Ist Hannah von Beginn an eher depressiv veranlagt? Fast möchte man es vermuten. Bisweilen hab ich mich dabei ertappt zu denken: Was für eine neurotische Ziege! Ich konnte mich nur schwer in sie hineinversetzen. Vermutlich liegt das aber daran, dass ich einfach gänzlich anders veranlagt bin als sie. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass Jugendliche sich sehr viel besser in Hannahs Situation einfühlen können, weil sie ähnliche Prioritäten haben. Insofern ist das Buch für jüngere Erwachsene sicherlich besser geeignet, als für Jahrgänge jenseits der 25. Vielleicht ist es ja auch das Rätselhafte, das Hannahs Wesen ausmacht. Die stille Dulderin, die nie aus sich herauszugehen vermag und alles schluckt.
Was für ein Typ ist Clay? Wirklich der introvertierte „Holden Caulfield“, als der er sich selbst sieht? Oder der liebe Gutmensch, den Hannah in ihm vermutet? Leider bleibt er an einigen Stellen ein bisschen blass. Aber möglicherweise entspricht das auch am ehesten seinem Charakter. Der „nette Typ“ von nebenan einfach.
Die Nebenfiguren, also vor allem die 12 restlichen „Helden“ der Kassetten, werden überwiegend negativ geschildert. Kein Wunder, tragen sie doch die Schuld an Hannahs Tod. Da gewinnt man relativ schnell den Eindruck, dass die Welt voller Bösewichte ist und Hannah nun mal ganz schön vielen davon begegnet. Trotzdem sind sie meistens in sich schlüssig; z.B. der Lehrer, der einfach nicht ermessen kann, welche Bedeutung seine Worte für Hannah haben.


Aufmachung des Buches
Hier handelt es sich um ein gebundenes Buch, das durch sein Cover durchaus Aufmerksamkeit auf
sich ziehen kann. Es wirkt weniger wie ein Jugendbuch, sondern eher wie ein Thriller. Naja, eigentlich ist die Materie auch eher für ältere Jugendliche und Erwachsene geeignet. Insofern ist das Cover ziemlich passend.


Fazit
„Tote Mädchen lügen nicht“ ist in meinen Augen durchaus eine spannende Lektüre. Ich habe es auch innerhalb eines Tages gelesen. Allerdings gibt es, wie bereits erwähnt, kleinere Abstriche, da sich in der Handlung und bei der Schilderung der Figuren bisweilen einige Schwächen abzeichnen. Die Idee klang so gut, wurde in meinen Augen aber nicht ganz überzeugend umgesetzt. Nichtsdestotrotz kann man das Buch als spannende Unterhaltung durchaus empfehlen.



Hinweise
Rezension von Sigrid Grün


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