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Reflexe auf Maximum. Gehirn auf Reserve.

Gero von Sarnau sammelt mehr Laster als andere Menschen Facebook-Kontakte. Zocken, schnelle Autos, der ständige Ritt auf der Klinge - das alles kostet eine Menge Geld. Und nun ist er endgültig pleite. Aber ein Kerl, dem bei Vollmond Haare auf dem Handrücken wachsen und der anschließend auf blutige Jagd geht, ist für einen Nine-to-Five-Job nicht geeignet.

Als ein Serienmörder in Berlin seine grausige Spur zu ziehen beginnt, gerät Gero ins Visier der Polizei. Trotzdem plant er gemeinsam mit drei Freunden einen Überfall auf den berüchtigten Kreuzberger Wettpaten Yildiray. Dumm nur, dass ihn ausgerechnet mit dessen schöner Tochter eine heimliche Liaison verbindet.

 

Berlin Werwolf 

Autor: Rainer Stenzenberger
Verlag: Berlin Edition im Bebra Verlag
Erschienen:  März 2012
ISBN: 978-3814801957
Seitenzahl: 256 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Der ausführliche Klappentext gibt die grundlegende Idee des Buches recht gut wieder: Es geht um den Werwolf Gero und seine drei Freunde Pierre, Josch und Matte. Seinem lasterhaften Lebenswandel verdankt Gero seine chronische Geldnot und auch die andern drei sind nicht gerade gut betucht. Daher überlegen sie, wen sie bei ihrem nächsten Coup ausnehmen sollen; etwas, was bei ihnen durchaus an der Tagesordnung ist. Nur Pierre weiß (anfangs) von Geros wahrer Natur. Und dann ist da natürlich noch Suna, Tochter von Wettpate Yildiray, mit der Gero heimlich angebändelt hat. Ob das Unterfangen gut läuft? Und ob Gero's wahres Wesen auffliegt? Lest selbst!

Klar, einen Roman über einen Werwolf zu schreiben ist nicht neu, aber die Umsetzung, die Handlung im heutigen Berlin spielen zu lassen, ist dafür umso gelungener!


Stil und Sprache
Das Buch ist in mehrere Kapitel eingeteilt, wobei diese mit Zeitangaben in Form von "Tag 1, Montag, 14 Uhr" betitelt sind. Es ist in der 1. Person aus Sicht des Hauptprotagonisten Gero verfasst und beginnt dabei eher untypisch mit einem Vorgriff auf Tag 14. Dies soll wohl eine Art "Appetizer" sein, der neugierig macht, ganz in der Manier von Fernsehfilmen, die so anfangen und dann zurückblenden mit einem Vermerk wie "24 Stunden zuvor". Das ist ein gewiefter Kunstgriff des Autors, denn man wird wirklich richtig neugierig. Nach diesem ersten Kapitel werden als nächstes alle vier Protagonisten vorgestellt, bevor der eigentliche Roman beginnt.

Der Autor entwickelt dabei eine sehr spezielle Art von Humor, der durchaus trocken, teils derb, sehr skurril und auch manchmal schwarz ist. Er lässt sich bewusst Zeit, Spannung aufzubauen, die sich konsequent bis zum Ende durchzieht. Auch wenn man zwischendurch das Gefühl hat, die vier Jungs haben ihr Ziel, nämlich den geplanten Überfall auf Yildirays Wettbüro, aus den Augen verloren, wird man trotz allem gefesselt; sei es vom Hin-und-Her zwischen Suna und Gero oder der Angst, dass man Geros geheimem Wesen auf die Schliche kommt. Es gibt mehrere Spannungsspitzen und mehr oder weniger erwartete Wendungen, die dafür sorgen, dass beim Leser keine Langeweile aufkommt.

Ein weiterer Kunstgriff des Autors ist der Wechsel der Schreibweise, wenn Gero zum Werwolf wird. Dann ist die Sprache nicht mehr fließend, sondern sehr abgehakt, es gibt großteils nur noch Satzfragmente: "Recke Schnauze nach oben. Nase nimmt Witterung auf. Hab sie. Wollust. Zorn." (Seite 29). Unterstrichen wird dieser Wechsel noch durch eine Kursivschrift des Textes.

Der Schreibstil des Autors ist summa summarum sehr erfrischend: Die Figuren nehmen kein Blatt vor den Mund und sind absolut ehrlich. Ein Buch das komisch und fesselnd zugleich ist - das kann nicht jeder!


Figuren
Im Zentrum des Geschehens steht der fast 40-jährigen Gerolf "Gero" von Sarnau. Da sein Vater Raghnar ein Werwolf war, ist er auch selbst einer. Er hat im Prinzip schon so gut wie jeden Job gemacht und ist chronisch pleite aufgrund seines Lebensstils, schließlich muss er sich ja um seinen Mustang kümmern. Geld beim Zocken zu erwirtschaften gelingt ihm dabei mehr schlecht als recht. Er ist ein Charakter mit Ecken und Kanten und obwohl er als harter Kerl erscheint, kann er, sobald es um seine Liebste, die Türkin Suna, Tochter von Wettpate Yildiray, auch seine weiche Seite zeigen. Ein definitiv vielschichtiger Charakter. Seine Freunde sind Pierre, genannt "Der Dude", Josch und Matte.

Pierre wird als "Fleisch gewordener Müßiggang" (Seite 7) beschrieben und das passt wie die Faust aufs Auge, denn er ist definitiv einer von der gemütlichen Sorte, der bis weit in den Nachmittag noch im Bademantel anzutreffen ist. Josch stammt ursprünglich aus der Pfalz und ist nach Berlin nur "zugereist". Seine Herkunft merkt man manchmal am Gebrauch pfälzischer Schimpfwörter. Und Matte, eigentlich Martin, war früher mal erfolgreicher Musikproduzent. Jetzt ist der Alkohol sein bester Freund. Er scheint nur noch Pech zu haben, im Leben und bei den Frauen. Alle vier Freunde scheinen vom Leben nicht besonders vom Glück beschenkt zu werden und sind mehr als Antihelden zu sehen, mit Ecken und Kanten, und gerade das macht sie so unfassbar glaubwürdig. Sieht man von der Tatsache ab, dass Gero ein Werwolf ist, könnte es diese Truppe in Berlin tatsächlich so geben.

Neben den Hauptprotagonisten gibt es zahlreiche mehr oder weniger wichtige Nebenfiguren, wie Geros Suna oder den französischen Werwolfjäger Fortesquieue, der mit Gero noch eine Rechnung offen hat. Sie alle komplettieren das Personengefüge und tragen ihren Teil zum Fortgang der Geschichte bei.


Aufmachung des Buches
Es handelt sich um ein recht großes, aber dennoch handliches Taschenbuch. Das Cover ist sehr dunkel, wobei die Worte „Berlin Werwolf" vor dem schwarzen Hintergrund hervorstechen. Es wirkt, als hätte eine (Werwolf-)Klaue einen Teil des Covers abgerissen und lässt nun den Text darunter zum Vorschein kommen. Abgerundet durch einen Vollmond, der ganz oben thront, ist die Gestaltung mysteriös und düster, perfekt und absolut passend zum Inhalt! Zusätzlich zum Frontcover, sieht man auf der Rückseite noch einen Teil der Berliner Skyline samt Fernsehturm.


Fazit
Sehr erfrischend! Endlich mal keine "Kuschel-Werwölfe", sondern echte Männer. Ich brauchte anfangs zwar ein wenig, um mit Gero warm zu werden, doch dann genoss ich die Fahrt. Gern mehr davon, Herr Stenzenberger!


4 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.dealt

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