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Eine Serie entsetzlicher Ritualmorde erschüttert England. Die Opfer sind allesamt sehr alt, sehr vermögend und baskischer Herkunft. Außerdem weisen sie ungewöhnliche Deformierungen an Händen und Füßen auf. Journalist Simon Quinn ermittelt und wird auf einen Volksstamm aufmerksam, der wegen seiner „Andersartigkeit“ von jeher verfolgt wurde – die Cagots.

Eine spektakuläre Mischung aus Geschichte, Religion, Genforschung und Nervenkitzel, die einem schlaflose Nächte bereitet.

 

Cagot 

Originaltitel: Marks of Cain
Autor: Tom Knox
Übersetzer: Sepp Leeb
Verlag: Hoffmann und Campe
Erschienen: 28. März 2011
ISBN: 978-3-455-40317-6
Seitenzahl: 477 Seiten

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Die Grundidee der Handlung

David Martinez erbt von seinem sterbenden Großvater eine uralte Karte – und zwei Millionen Dollar, wenn er die auf den Karten verzeichneten Kirchen besucht. Martinez reist nach Frankreich, in die Region, in der vor Jahren seine beiden Eltern ermordet wurden. Und es dauert nicht lange, da wird auch er verfolgt.

In England wird der Reporter Simon Quinn vom ermittelnden Beamten zu einer grauenvollen Mordserie hinzugezogen, bei der die Opfer auf brutalste Weise gefoltert wurden. Er beginnt zu recherchieren – und bringt mit den Wahrheiten, die er aufdeckt, seine Familie und sich in Lebensgefahr.

Was ist dran an den aus Südfrankreich stammenden Cagots, dass baskische ETA-Terroristen jeden verfolgen, der die Hintergründe dieses Volksstammes aufdecken möchte? Nazis, religiöse Fanatiker, uralte Geheimnisse, Evolutionsgeschichte – was ein wenig nach Indiana-Jones-Romantik klingt, wird blutiger Ernst und ist in seinen Verschwörungstheorien nicht minder brisant als die Romane Dan Browns.


Stil und Sprache
Tom Knox gibt dem Leser zunächst Zeit, sich in die Geschichte hinein zu finden, wirft aber schon früh seine Netze aus, die den Leser neugierig machen und in das Geschehen ziehen. Alles ist fremdartig, ein großes, undurchsichtiges Geheimnis. Doch es dauert nicht lange, bis er Fahrt aufnimmt und den Leser mitreißt. Dabei beherrscht es der Autor, den Leser am Ende eines Kapitels durch Cliffhanger zu packen und in das nächste hineinzuziehen, so dass man das Buch über lange Abschnitte nicht aus der Hand legt. Von Beginn an springt Knox zwischen zwei Handlungssträngen und begleitet einerseits den Reporter Simon Quinn, andererseits den Biologen und Anwalt David Martinez. Diese Handlungsstränge scheinen zunächst wenig miteinander zu tun zu haben, kommen sich aber zunehmend näher, bis sie schließlich zu einer Erzählung verschmelzen.

Ähnlich wie Dan Brown – aber eigenständig – strickt Knox aus hochinteressanten historischen Fakten, biblischen Texten, Spekulationen und einer gewissen schriftstellerischen Freiheit beeindruckende und faszinierende Verschwörungstheorien um Rassen, Fanatiker und den Ursprung der Menschheit. Viele Auszüge aus der Bibel werden vollständig benannt, so dass der Leser nachlesen und selbst über die Hintergründe grübeln kann – hierdurch erhält die Story einen stark realistischen Bezug. Wie nebenbei fließen regionale Mythen und Ortsgeschichte, wie der Hexenwahn von Zugarramurdi, in den Roman mit ein. Zunächst lernt man jedoch viel über die Basken – ihre Hintergründe, ihre Kultur, ihre Tragödien und ihren andauernden Unabhängigkeitskampf gegen die unnachgiebigen Spanier. Zudem zeichnet er nach und nach ein vollständiges Bild über die recht unbekannte Sippe der Cagots.

Wer bereits Genesis Secret kennt, dem ist Tom Knox‘ Stil nicht unbekannt. Die Morde, die er beschreibt, sind grausam, Knox erspart seinen Lesern dabei keine Details und schildert die Tathergänge entsprechend. So werden die Szenen im Kopf des Lesers lebendig, die Vorstellungskraft tut ihr Übriges dazu, und sie laufen wie ein Film vor dem inneren Auge ab. Der Begriff „blutrünstig“ kommt einem in den Sinn – seine Bücher sind nichts für Zartbesaitete. Gleichzeitig zeigt er ein erstaunliches Fachwissen über den Ablauf brutalster, teils aus der Antike oder dem Mittelalter stammender, historischer Foltermethoden. Grauenvoll und beklemmend und meiner Meinung nach auch zu ausführlich sind die Ereignisse beschrieben, die sich nachts in Namibia ereignen (mehr soll hier nicht verraten werden).

Aber natürlich kann Tom Knox nicht nur durch Brutalität schocken, auch in den ruhigeren Szenen sind seine Beschreibungen sehr treffend und lassen beim Leser Bilder entstehen, zum Beispiel heißt es auf Seite 285: „Inzwischen war das Geheimnis eine Nachtblume, die sich im Mondschein langsam öffnete und den mitternächtlichen Garten mit ihrem Duft erfüllte“. Beim Thema Eugenik ist es nicht vermeidbar, dass der Autor auf Fachwörter zurückgreift. Sie erklären sich meist von selbst und sind auch nicht übermäßig stark eingestreut, aber auch nicht immer erläutert. Vollständig an Erklärungen fehlt es, wenn an anderen, ebenfalls nicht zu vielen Stellen Fachwörter verwendet werden, die schon mal eher ein Rätsel sind, wenn es beispielsweise wie auf Seite 443 heißt: „… und seine Ausführungen waren zunehmend von besoffen spintisierendem Nihilismus durchsetzt.“


Figuren
Realistisch und glaubhaft sind die Charaktere, die Tom Knox in Cagot erschafft. Sie alle haben nachvollziehbare Motive – auch wenn diese teilweise erst spät zu erkennen sind – und entsprechende Emotionen. Keine der Figuren ist völlig einseitig, sondern jede hat ihre eigenen Macken und Fehler innerhalb ihres Charakters. So zum Beispiel der Reporter Simon Quinn, ein ehemaliger Alkoholiker, der mit der Berichterstattung von Mordfällen seine Familie ernährt. In seinem Hintergrund steht sein Bruder, den er verschweigt, hat dieser doch in seiner Kindheit für ein traumatisches Erlebnis gesorgt. Quinn wird in die Mordserie hereingerissen wie in einen Strudel, dem er auch nicht mehr entkommen kann, als er und seine Familie in Gefahr geraten.

David Martinez hat nie gänzlich den Tod seiner Eltern überwunden, die im Baskenland unter merkwürdigen Umständen ermordet worden sind. Als sein Großvater ihn auf die Spuren der Basken und Cagots setzt und ihm ein Vermögen hinterlässt, kündigt er seinen verhassten Job und begibt sich nach Frankreich, um selbst Nachforschungen anzustellen. Hier trifft er nicht nur auf die Engländerin Amy, die ihn einerseits fasziniert, andererseits nicht immer ganz durchschaubar ist, sondern auch auf den äußerst brutalen und gnadenlosen ETA-Terroristen Miguel Garovillo. Der setzt alles daran, Martinez zu jagen und zu töten, und erst nach und nach klären sich die Gründe dafür – denn Garovillo hütet dunkle Geheimnisse, deren Enthüllung er um jeden Preis verhindern will.


Aufmachung des Buches
Mir liegt Cagot als fest eingebundene Fassung vor. Der Umschlag ist auf hochglänzendem Papier gedruckt, der Titel nach außen geprägt. Das Bild zeigt eine Kirche oder Kathedrale, in die seitlich Licht durch ein Fenster fällt – und passt damit perfekt zum Inhalt des Romans, denn die auf der alten Karte verzeichneten Kirchen spielen besonders in der ersten Hälfte des Buches eine große Rolle. Durch die hochglänzende Ausführung wirkt die Gestaltung besonders brillant. Unter dem Schutzumschlag ist das Buch tiefschwarz gehalten, nur auf dem Buchrücken findet sich in Goldgelb der Titel und der Name des Autors.


Fazit
Cagot ist ein Thriller, der fast sofort fesselt. Doch Vorsicht – die von dem Autor detailliert geschilderten, besonders brutalen Folter- und Tötungsmethoden sind nichts für Zartbesaitete. Wer Dan Browns realitätsnahe Verschwörungstheorien liebt, wird bei Tom Knox jedoch nicht verkehrt sein.


4,5_Sterne


Hinweise
Rezension von Sven Trautmann
Herzlichen Dank an den Hoffmann und Campe-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


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