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Kategorie: 1750 – 1850 Aufklärung (Rokoko, Klassizismus)

Sie ist die Lieblingstochter der österreichischen Kaiserin Maria Theresia und Schwester der legendären Marie Antoinette. Vor allem aber ist sie ein junges Mädchen mit einem Tagebuch. Ihm vertraut Maria Christina ihre Geheimnisse an und hält nebenbei ihr Leben am Wiener Hof gegen Ende des 18. Jahrhunderts fest, als die österreichische Monarchie auf dem Höhepunkt ihrer Macht steht - ein Leben zwischen rauschenden Bällen, glanzvollen Diners und herrlichen Sommern auf Schloss Schönbrunn. Doch auch Krankheit und tragische Todesfälle machen vor dem Hof nicht Halt. Und dann ist da noch die aufregende erste Liebe. Die könnte so schön sein, gäbe es nicht die rigide Heiratspolitik der Habsburger ...

 

 

Autor: Rebecca Novak
Verlag: Dressbach
Erschienen: 4.10.2010
ISBN: 978-3940061454
Seitenzahl: 527 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Maria Theresia, Kaiserin von Österreich 1740 bis 1780, verheiratet mit Franz Stephan von Lothringen, ist unter anderem auch bekannt für ihre 16 Kinder, die sie ihrem Mann geschenkt hat. Unter ihnen war auch Maria Christina, die sie besonders liebte. Maria Theresia war zwar eine strenge, aber sehr fürsorgliche Mutter, und war - anders als damals üblich - mit ihren Töchtern und Söhnen eng verbunden und vertraut.
Maria Christina weckte durch die Bevorzugung ihrer Mutter Neid und Eifersucht bei ihren Geschwistern, was auch zu Spannungen führte. Sie war auch die einzige der Geschwister, die eine Heirat aus Liebe und nicht aus politischem Kalkül eingehen durfte, was letztendlich einen Bruch zu ihren Schwestern nach sich zog. Eine sehr enge Beziehung pflegte sie zu ihrer Schwägerin Isabella von Parma, die mit ihrem älteren Bruder Joseph, dem Thronfolger, verheiratet war. Die Beziehung der beiden war so eng, dass sie für Gerüchte sorgte …
Rebecca Novak hat in ihrem Debütroman das Leben Maria Christinas, genannt Mimi, bis zu ihrer Hochzeit nachgezeichnet.


Stil und Sprache
Die Autorin deklariert den Leser zum Tagebuch, dem Maria Christina ihre Erlebnisse erzählt. Rebecca Novak hat so wohl eine der persönlichsten Erzählformen gewählt, denn ihrem Tagebuch vertraut die Protagonistin auch ihre intimsten Geheimnisse an. Sprachlich ist das Buch relativ einfach, aber dennoch pointiert und zu der jungen Frau, die Maria Christina da noch ist, auch passend gehalten. Da Maria Christina natürlich in der Ich-Form erzählt, spürt man mit jedem Wort ihre Stimmung, ihre Empfindungen und ihre Gefühle. Oft voller Euphorie, mit Witz und Charme und manchmal auch traurig, bedrückt und dann wieder voller Langeweile und Unzufriedenheit. Die Autorin versteht es sehr geschickt die Gemütslagen Maria Christinas auch zwischen den Zeilen dem Leser mitzuteilen, so dass es nicht immer großartiger Beschreibungen der Protagonistin selbst bedarf.
Dass sich die Autorin eingehend mit der damaligen Zeit und dem Leben am Hof beschäftigt hat, spürt man durch die Atmosphäre, die den Leser sehr schnell gefangen nimmt. Man wähnt sich selbst am österreichischen Hof, sitzt Maria Theresia gegenüber, besucht ihren Mann Franz Stephan in seinem Reich, trifft auf die Hofdamen und schwebt durch die Gemäuer der Hofburg, Schönbrunn oder Laxenburg.
Auffällig ist, dass die Autorin es schafft, Maria Christina, die nachgewiesen die Lieblingstochter Maria Theresias war und damit ein sehr unbekümmertes Leben führte, diese Leichtigkeit auch in ihre Erzählung zu bringen. So wirken auch die harten Schicksalsschläge, wie der Tod ihrer Geschwister oder anderer Verwandter, zwar tragisch und drückend, rauben aber der eigentlichen Handlung weder den Zauber noch das Verspielte, wie es einer jungen Frau in Maria Christinas Alter und Stand anheim ist.

Liebesgeschichten gehören eigentlich überhaupt nicht in mein Lese-Repertoire, da sie meist plump und oft schon ordinär geschrieben sind, und ich eine detaillierte Sexbeschreibung für einfach nicht nötig halte (da kann man auch zu einem Erotikroman greifen). Dieses Buch ist aber eines der wenigen und bemerkenswerten Ausnahmen. Leicht und bezaubernd, das sind die Adjektive, die einem spontan zu diesem Buch einfallen. Ein wunderbares Beispiel, dass es ein guter Autor nicht nötig hat, sich in expliziten Sexbeschreibungen zu verhaspeln, um eine Liebesszene stimmig zu zeichnen.

Hat man, wie ich, als Österreicherin natürlich keine Probleme mit typisch österreichischen Ausdrücken, so werden die deutschen Nachbarn oder auch die Schweizer mit so manchen Wörtern doch Probleme des Verstehens haben. Dazu wäre ein Glossar sicher äußerst hilfreich gewesen, die so manches Idiom erklären. Um einen kleinen Einblick in die verwendeten typisch österreichischen Ausdrücke zu geben, habe ich mir erlaubt, einige im Buch vorkommende, aufzulisten:

Kipferl = Gebäck aus Semmelteig in Hörnchenform
Melange = Kaffee mit gleich viel Anteil Milch
strawanzen = umherstreifen; herumgehen ohne bestimmtes Ziel
Hax´n = der Fuß oder auch das Bein
karniefeln = ärgern; aber auch sich eingehend Gedanken über etwas machen
Bauxerl = kleines süßes Kind oder auch ein herziges Tier
narrisch, narrisch machen = jemanden ganz verrückt machen, ärgern
fesch = hübsch, adrett
Habed´ere = eine Begrüßung „Habe die Ehre“; wird aber auch als Floskel verwendet, wenn man über etwas sehr erstaunt oder auch geschockt ist
Trutschn = ein blödes Frauenzimmer
„Vergöldgott, aba des is vüzvü!“ = „Vergelt´s Gott, aber das ist viel zu viel!“
„Jessas Marant Josef, sechane aufgansalte Trutschn!“ = „Jesus, Maria und Josef, solch aufgetakelten Frauen!“
Paradeisgartl = Paradeiser werden in Österreich die Tomaten genannt
Hascherl, "armes Hascherl" = ein junges Mädel, schüchtern und ohne Selbstbewusstsein; ähnlich einem einem schüchternen Mauerblümchen


Figuren
Die Figuren sind natürlich nicht objektiv dargestellt, sondern - wie könnte es anders sein – mit subjektiver Wahrnehmung Maria Christinas festgehalten. Dies ist aber kein Nachteil, denn man schlüpft quasi in die Person Maria Christina und betrachtet alles aus ihrer Perspektive. Die enge Beziehung zu ihrer Mutter und der dadurch entstehende Unfriede zu ihren Geschwistern werden ebenso aufgezeigt, wie die sehr enge (rein platonische?) Bindung zu ihrer Schwägerin Isabella.

Von Albert wird ein Bild gezeichnet, das ihn als klugen und feinfühligen Mann darstellt und man sehr gut nachvollziehen kann, weshalb Maria Christina sich in ihn verliebt. Maria Christina selbst lernt man natürlich aus einer sehr ungewöhnlichen Perspektive kennen, denn sie stellt sich im Tagebuch selbst dar und man sieht sie mit ihren Augen. Dass sie eine verwöhnte junge Frau ist, der es noch nie an etwas gefehlt hat, kommt natürlich deutlich zum Ausdruck, aber auch ihre Klugheit und Diplomatie darf man auf unaufdringliche Art feststellen.
Dass man Maria Christinas Eltern, Maria Theresia, ihren Gemahl Franz Stephan und natürlich auch alle ihre Geschwister trifft, versteht sich von selbst und man lernt sie kennen, wie Maria Christina sie kannte.

Natürlich war Maria Christina eine der höchstgestellten Personen des damaligen Österreichs überhaupt und so ist es nicht verwunderlich, dass man mit ihr auch viele Leute trifft, deren Namen uns heute noch geläufig sind. Ob Fürst Schwarzenberg, Gräfin Maria Anna Esterházy, Fürst von und zu Liechtenstein oder auch Fürst Kamitz, den Staatskanzler und Berater Maria Theresias, oder auch der Architekt der Kaiserin, Nikolaus Pacassi - man begegnet vielen.


Aufmachung des Buches
Das wohl Auffälligste an diesem Buch ist zweifelsfrei die Aufmachung! Egal, unter welch großem Stoß von Büchern dieses auch liegen mag, es wird herausstechen. In schönem und kräftigem Rosa, absolut passend zu der bezaubernden Geschichte, ist dieses broschierte Buch gestaltet. Alles ist rosa, nicht nur die hochwertige Klappbroschur, sondern auch sämtliche Seiten! Bevorzuge ich generell in Hardcover gebundene Bücher, so ist dieses hier wohl eine seltene Ausnahme. Das ganze Buch ist einfach wohlgefällig und zum Thema passend gestaltet. Da sind nicht nur die rosa Seiten, sondern auch die Kapitelüberschriften, die in einer ausgesuchten und schönen Schrift gedruckt sind, ein übersichtlich gestalteter Stammbaum, ein ausführliches Nachwort und, quasi als i-Tüpfelchen, Porträts von Maria Christina und Albert.
Der Dreesbach-Verlag zeigt hier mit einem Paradebeispiel, wie liebevoll die Aufmachung eines Buches sein kann und man wünscht sich, dass generell mehr Augenmerk darauf gelegt wird, dass die Covergestaltung zum Thema des Buches passt.


Fazit
Eine leichte und bezaubernde Geschichte, die aber keinesfalls seicht und billig wirkt. Rebecca Novak hat sich sehr bemüht, ein möglichst wahrheitsgemäßes Bild von Maria Christina zu malen - und dies ist ihr auf hervorragende Weise gelungen. Wenngleich das Buch nicht anspruchsvoll oder von literarischer Einzigartigkeit ist, so wird es dem Leser dennoch kurzweiliges Vergnügen bereiten, einmal den österreichischen Hof in seiner vollen Pracht betreten zu können und die Kaiserin und ihre Familie und am Höhepunkt der Macht, kennenzulernen.
Ein bezauberndes Buch, welches mit vielen historischen Romanen und darin enthaltenden Liebesschnulzen nicht zu vergleichen ist.


5 Sterne


Hinweise
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