Smaller Default Larger

Was wäre, wenn heute dein letzter Tag wäre?
Was würdest du tun?
Wen würdest du küssen?
Und wie weit würdest du gehen, um dein Leben zu retten?
Samantha Kingston ist hübsch, beliebt, hat drei enge Freundinnen und den perfekten Freund.
Der 12. Februar sollte eigentlich ein Tag werden, wie jeder andere in ihrem Leben.
Stattdessen ist es ihr letzter ...

 

 

Originaltitel: Before I Fall
Autor: Lauren Oliver
Übersetzer: Katharina Diestelmeier
Verlag: Carlsen
Erschienen: 09/2010
ISBN: 978-3-551-58231-7
Seitenzahl: 445 Seiten

Hier geht's zur Leseprobe


Die Grundidee der Handlung
Samantha Kingston ist ein ganz normaler amerikanischer Teenager - in vielen Dingen äußerst naiv und oberflächlich, in anderen Dingen sehr penibel. Dem Valentinstag sieht sie mit nervöser Vorfreude entgegen, will sie doch endlich den letzen Makel, den sie noch hat, beseitigen. Doch wie es im Leben so ist: es kommt fast immer anders, als man sich die Pläne so denkt. Ein schrecklicher Unfall beendet das junge Leben von Samantha, und statt die Welten zu wechseln, wie sie es erwartet hat, erlebt sie denselben Tag immer und immer wieder. Je öfter sie diesen Tag erneut durchlebt, umso wichtiger wird es für Sam, die Dinge zu begreifen. Und so beginnt sie den gleichen Tag immer intensiver und bewusster zu erleben, in der Hoffnung, dass sie so irgendwann die Zeitschleife durchbrechen kann.


Stil und Sprache
Naiv, stellenweise sehr oberflächlich und manchmal sehr direkt und schmerzhaft hat Lauren Oliver diesen Roman mit der flotten und kessen Sprache der Jugend verfasst. Aus der Ich-Perspektive der Protagonistin heraus geschrieben, ist es ein Abschied der Autorin an eine bestimmte Person in ihrem Leben, der einerseits sehr berührt, mich andererseits aber auch oftmals sehr schockiert hat. Es war nicht einfach für mich dieses Buch bis zum Ende zu lesen. Die Tatsache, dass man in den ersten vier Kapiteln immer den gleichen Tagesablauf fast wörtlich wiederholt liest (nur ist der Blickwinkel darauf immer ein kleines bisschen anders), macht das Lesetempo unglaublich langsam und die Geschichte wird dadurch langweilig. Die für die amerikanische Jugend so typische Oberflächlichkeit und Naivität in Bezug auf das Leben und die Welt im Allgemeinen, aber auch ihre Grausamkeit anderen Mitschülern gegenüber, die schwächer zu sein scheinen oder einfach nicht „in“ sind, war für mich eher uninteressant als aufregend. Erst ab dem fünften Kapitel erlebt die Geschichte von Samantha Kingston eine Wende. Plötzlich hinterfragt sie nicht nur die Dinge, sie zeigt dem Leser nun auch einen anderen Blick auf die Geschehnisse. Da werden dem Leser nun Ereignisse und Dialoge nahe gebracht, die in den Kapiteln davor entweder ganz fehlten oder nur teilweise erschienen sind. Dass Samantha am Ende sterben wird, daran ändert sich nach wie vor nichts, doch beim Leser entsteht so was wie Hoffnung darauf, dass es vielleicht doch anders ausgehen könnte.
Was mich aber am meisten störte - so sehr ich dieses Erlebnis Sam auch gegönnt habe -, war die Tatsache, dass die Autorin ihrer Protagonistin die Liebe ihres Lebens schenkte. Nur für einen Tag und das auch erst, als Sam langsam aber sicher begreift, wie viel Zeit sie doch sinnlos verschwendet hat, doch es bleibt für den Leser dadurch nicht weniger grausam.

Ganz ehrlich, ich war ungemein erleichtert, als ich das letzte Wort gelesen und das Buch zuklappen konnte. Verwirrt, geschockt, mit vielen Fragezeichen im Kopf und mit einem Gefühl der absoluten nachdenklichen und schwer lastenden Leere, aber auch der Erleichterung. Ich bin hin- und hergerissen, was diesen Roman betrifft. Einerseits hat er mich tief beeindruckt, war stellenweise äußerst qualvoll zu lesen, andererseits weiß ich nicht so recht, was ich davon halten soll. Zu viele Dinge bleiben offen, zu viele Fragen unbeantwortet, zu groß ist die Verwirrung über die gelesenen Geschehnisse. Zwar ist mir die Naivität der amerikanischen Jugend nur allzu bekannt, doch hier grenzt sie schon fast an Unverschämtheit dem Leben gegenüber. Die Jugend Amerikas ist, zum großen Teil zumindest, sehr oberflächlich und schon fast erschreckend gleichgültig gegenüber vielem. Aber das, was ich da in der ersten Hälfte des Romans lesen musste (und noch dazu über 5 Kapitel in ständiger Wiederholung, nur etwas anders geschrieben), das war dann doch zu viel des Erträglichen. Die Autorin beschreibt zu vieles doppeldeutig, lässt zu vieles einfach so im Raum stehen, zwingt den Leser durch die zähesten Passagen hindurch, nur um am Ende festzustellen: Was war das denn?


Figuren
Während die Protagonistin sehr stark hervorsticht, sind die restlichen Figuren eher flach und unscheinbar angelegt. Dies gilt sowohl für die Figuren der Clique um Samantha herum, als auch für die Nebenfiguren. Während Samantha eine erstaunliche Wandlung durch macht, bleiben die restlichen Figuren von Anfang bis Ende vollkommen gleich. Der Autorin ist es überraschend gut gelungen, die sich verändernde Sichtweise von Samantha auf ergreifende und berührende, aber auch grausam erscheinende Art dem Leser nahe zu bringen. Samantha stellt das Leben an sich, aber auch den Tod selbst, in Frage, und begreift irgendwann im Verlauf der Handlung, dass sie etwas korrigieren muss, ehe sie wirklich und letztendlich gehen kann. Und während sie die Chance ergreift, und versucht das Unrecht wieder gut zu machen, verändern sich die Ereignisse und ihr Verhältnis zu ihrer kleinen Schwester, ihren Eltern, aber auch zu einigen ihrer Mitschüler. Dadurch gewinnt der Roman plötzlich an überraschender Tiefe, wird lesenswert und stimmt den Leser nachdenklich. Sicher, der Schock, das Entsetzen am Ende, das bleibt dennoch nicht aus, aber es gehört dann irgendwie dazu, macht seltsamerweise Sinn.
Mich hat das Agieren der Protagonistin im Verlauf der Geschichte nicht nur nachdenklich gemacht, ich habe mich oftmals auch gefragt, warum macht sie es gerade so und nicht anders? Warum will sie dieser Figur helfen, warum macht sie diesem Jungen Hoffnung, wo sie doch weiß, wie es Enden wird? An einem bestimmten Punkt im Roman ist mir dann bewusst geworden, dass die Figur der Samantha noch daran glaubt, die kommenden Ereignisse so verändern zu können, dass auch sie es am Ende überlebt. Für den Leser ist dies nicht einfach zu verdauen, wünscht sich doch jeder ein Happy End. Doch hier macht das keinen Sinn. Hier sind andere Dinge wichtig. In diesem Werk dienen die Figuren, egal welchen Charakter, welche Eigenarten und welche Sehnsüchte, Hoffnungen und Schicksale sie haben, einzig dem Überleben, dem Verarbeiten einer Erfahrung einer einzigen Person: der Autorin.


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch ist sehr ungewöhnlich gestaltet. Metallisch glänzende Grau- und Silbertöne beherrschen das Buch und ein schwarzes Leseband rundet die optische Aufmachung ab. Mich hat die Aufmachung sehr an den Anblick vieler Lichter erinnert, die man durch eine verregnete Fensterscheibe nur noch verschwommen sieht und die dann eher wie ein Traumbild erscheinen. Es wirkt gleichzeitig real und doch nicht. Dieser Effekt sieht in diesem Falle sehr gelungen aus und gefällt mir aufgrund der Farbwahl sehr gut. Auf dem Schutzumschlag ist der ungewöhnlich lange Buchtitel im Muster des gebundenen Buches dargestellt. Dies wirkt umso besser, da Weiß als Hintergrundfarbe dient.
Auf der Rückseite steht nicht, wie gewöhnlich der Fall, eine kurze Inhaltsangabe, nein, hier steht nur ein einziger Satz, der mich überraschte, meine Neugier vollends entfachte und mich zum Lachen brachte. Die eigentliche Inhaltsangabe ist auf dem linken Klappentext abgebildet. Dies hat den Vorteil, dass der Leser erst beim Aufklappen des Buches erfährt, um was es in dem Roman gehen wird. Der Satz auf der Rückseite des Buches macht nur neugierig. Bei mir zumindest war es so. Auf dem rechten Klappentext ist ein Foto der Autorin zu sehen und eine Kurzvita von ihr abgedruckt.


Fazit
Dieses Buch hat Starpotenzial, auch wenn es seine Leserschaft spalten wird. Die einen werden begeistert, geschockt und am Ende nachdenklich sein, die anderen nachdenklich, geschockt und verwirrt. Aber packen wird es jeden. „Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie“ ist keine leichte Lektüre für mal eben so zum zwischendurch lesen. In diesem Werk gibt es keine Unschuld, keine grundlosen Aktivitäten, keine unüberlegten Dinge. Die Idee ist zwar nicht neu, man denke nur an den herrlichen Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“, doch von der Leichtigkeit des Films ist hier nichts zu finden.


3 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo