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Es waren einmal
hinter dem Spiegel
in einer Welt voller Zauber und Gefahren
zwei Brüder,
von denen der eine auszog,
den anderen zu retten.

Beeil dich, Jacob Reckless,
der Stein wächst schnell.


Die internationale Bestsellerautorin Cornelia Funke entführt mit Reckless in eine neue Welt, in der die Grimm'schen Märchen Wirklichkeit sind.

 

Reckless 

Autor: Cornelia Funke
Verlag: Dressler
Erschienen: 09/2010
ISBN: 978-3791504858
Seitenzahl: 346 Seiten

Hier geht's zur Leseprobe

 

Die Grundidee der Handlung
Mit ihrer Geschichte der Brüder Jacob und Will Reckless hat Cornelia Funke eine Zauberwelt hinter dem Spiegel erschaffen, deren Bewohner genauso wie in der wirklichen Welt nach Macht und Reichtum streben, und Krieg und Verrat an der Tagesordnung stehen. Die kleine, treue Gemeinschaft rund um Jacob trotzt den Gefahren, um das steinerne Fleisch aufzuhalten, das Will nach und nach einnimmt und ihm alles Menschliche und damit auch seine Erinnerung an Liebe und Vertrauen raubt. Nur die Feen können den Stein aufhalten, da es die Dunkle Fee war, die den Fluch einst aussprach, der Menschen in Goyls verwandelt, die vom steinernen Volk verwundet werden. Und so machen sich die Freunde auf den Weg ins Abenteuer ...

Die vielen, kleinen Anleihen an Grimms Märchen werden stimmig in die Handlung eingeflochten und oft mit einem kleinen Augenzwinkern neu von der Autorin interpretiert. Da die Geschichte eher düster und mitunter grausam ist und sich auch mit einigen erwachsenen Problemen wie Eifersucht und fehlgeleiteter Liebe beschäftigt, ist sie eher für Jugendliche ab 14 Jahren geeignet.


Stil und Sprache
Cornelia Funke hat einen unverwechselbaren Stil, der sogleich vom ersten Satz an eine unheimlich dichte Atmosphäre erzeugt und zum Wohlfühlen einlädt: „Die Nacht atmete in der Wohnung wie ein dunkles Tier. Das Ticken einer Uhr. Das Knarren der Holzdielen, als er sich aus dem Zimmer schob – alles ertrank in ihrer Stille. Aber Jacob liebte die Nacht. Er spürte ihre Dunkelheit wie ein Versprechen auf der Haut. Wie einen Mantel, der aus Freiheit und Gefahr gewebt war.” (Seite 7).
Es werden Bilder entworfen und Dinge erzählt, die sich hinter dem Offensichtlichen verbergen, und vor allem werden Gefühle so intensiv beschrieben, dass man sie beim Lesen selbst spüren kann: „Was war das nur? Dieses Sehnen, das in ihr riss und schmerzte wie Hunger und Durst. Nicht Liebe. Liebe war warm und weich wie ein Bett aus Laub. Aber das hier war dunkel wie die Schatten unter einem Giftbusch – und hungrig. So hungrig. Es musste einen anderen Namen haben. Es konnte nicht dasselbe Wort für Leben und Tod geben, denselben Namen für Sonne und Mond.” (Seite 220).

Erzählt wird in der dritten Person in der Vergangenheitsform, wobei die Perspektiven zwischen den einzelnen Kapiteln wechseln, um zunächst hauptsächlich Jacob und seinen Freunden zu folgen, jedoch auch gelegentlich Einblick in das Dasein der Goyls und Kaiserlichen zu gewähren. Nahezu von Anfang an ist es ein Wettlauf gegen die Zeit, bei dem Jacob versucht, das steinerne Fleisch, das seinem kleinen Bruder wächst, aufzuhalten. All seine Erfahrung und all die fantastischen Möglichkeiten, die die Welt hinter dem Spiegel bietet, setzt er ein, um eine Möglichkeit zu finden, den Fluch der Goyls zu brechen - und muss dabei einige Gefahren bestehen, was konstant für Spannung sorgt. Doch auch die Entwicklung der einzelnen Figuren und ihr Verhältnis zueinander zieht sich wie ein roter Faden durch die Handlung. Gerade die eingeworfenen, unausgesprochen Gedanken zwischen Jacob und Fuchs machen neugierig.


Figuren
Jacob ist die klare Hauptfigur, um die alle anderen Figuren kreisen. Er hat schon vor vielen Jahren die Welt hinter dem Spiegel entdeckt, bedingt durch die Sehnsucht nach seinem verschwundenen Vater und seine Neugier. Schnell hat er sich hier einen Namen als Schatzsucher gemacht, der auf seinen Reisen durch das Land allerlei märchenhafte Gegenstände oft unter Einsatz seines Lebens erbeutete, um sie meist an die Kaiserin zu verkaufen. Nachdem seine Mutter gestorben ist, bindet ihn nur noch sein Bruder Will an die reale Welt, die er fortan immer seltener betritt. Doch in einem Moment der Unachtsamkeit folgt ihm Will und wird von Goyls verletzt, wodurch ihm steinernes, jadegrünes Fleisch zu wachsen beginnt. Für den gutherzigen, tierlieben Will war Jacob immer das große Vorbild, doch die Bewunderung für seinen Bruder beginnt zu bröckeln, je mehr er zu Stein wird und seine menschliche Seite schwindet. Auch Wills Freundin Clara, die ebenfalls durch den Spiegel kommt, kann die Entwicklung nicht aufhalten. Für sie ist Will die große Liebe, da ihre Beziehung bislang einfach und unkompliziert war, aber die wachsende Gefühlskälte Wills nagt an ihrer Ergebenheit und verbotene Gefühle für Jacob scheinen in ihr aufzukeimen. Was wiederum Fuchs, ein Gestaltwandler-Mädchen, das Jacob schon seit langem auf seinen Abenteuern begleitet, unheimlich stört, da sie trotz ihrer nahezu dauerhaften Tiergestalt wie eine Frau zu denken beginnt. Der Zwerg Valiant, durchtrieben, jedoch nicht unsympathisch, macht die bunte Truppe komplett.

Auf der Gegenseite der Goyls wird vor allem Hentzau, der engste Vertraute des Goylkönigs Kami'en, vorgestellt, der sich voll und ganz dem Krieg gegen die Menschen verschrieben hat, da er und sein Volk in der Vergangenheit sehr unter deren Herrschaft leiden mussten. Gerade die Angst und die Abscheu vor dem fremden Fleisch, sei es von Haut oder Stein umschlossen, prägt die gegnerischen Parteien und ein Frieden scheint ausgeschlossen. Kami'en ist ein leidenschaftlicher und feuriger Herrscher, der aber auch von Realismus geprägt ist. Ihm zur Seite steht die Dunkle Fee, wohl der düsterste und geheimnisumwittertste Charakter. Sie liebt den Goylkönig abgöttisch und entsandte den Fluch, der Menschen in Goyls verwandelt. Welche Ziele sie genau verfolgt, bleibt unklar, ist es doch die Liebe, die sie an der Seite von Kami'en bleiben lässt.

Die Welt hinter dem Spiegel bietet vielschichtige und interessante Figuren, die nie schwarz oder weiß bleiben und gerade aufgrund ihrer Schwächen besonders liebenswert sind.


Aufmachung des Buches
Wer die Cover der alten Bücher von Cornelia Funke bislang liebte und schätzte, wird von der neuen Aufmachung überrascht: auf lackschwarzem Grund ist zentral in einem silbernen, üppig mit Rosen und Motten verzierten Spiegel, der zusätzlich geprägt wurde, ein gruselig grünes, steinernes Gesicht mit leuchtend gelben Augen zu sehen. Zwar sind die Elemente des Spiegels sehr verspielt, doch im Gesamten gesehen ist die Gestaltung eher reduziert und düster, während die früheren Werke durch bunte, positive Farben und Figuren auf sich aufmerksam machten.
Auf der Rückseite ist ein kurzer Text zu sehen, der von silbernen Rosenranken umspielt wird und auf dem Rücken steht ebenfalls in Silber der Titel und der Autorenname zusammen mit der Illustration einer Motte. Unter dem Schutzumschlag des Hardcovers ist erneut das steinerne Gesicht zusehen, das einem auf schwarzem Hintergrund entgegen zu schweben scheint, auf dem Rücken wird die Gestaltung des Umschlages etwas kleiner und dezenter wiederholt. Die Vorsatzblätter sind in einem matten jadegrün gehalten und durch die gesamte Geschichte ziehen sich Zeichnungen der Autorin, die zu Beginn jedes Kapitels großformatig stimmig den Text umrahmen und oft auch gegen Ende einen kleinen Akzent setzen. Ein dunkelgrünes Lesebändchen rundet die Ausstattung ab.

Insgesamt ist es ein sehr erwachsenes, fast schon beängstigendes Design, doch man sollte sich davon nicht abschrecken lassen, da die Visualisierung wunderbar den dunkel-schönen Inhalt des Buches verdeutlicht und auch klar macht, dass eine ältere Zielgruppe angesprochen werden soll.


Fazit
Cornelia Funke hat inspiriert von Grimms Märchen eine zauberhafte, faszinierende Welt voller magischer Geschöpfe und aufregenden Gefahren geschaffen, die einen schnell hinter den Spiegel zieht und nicht mehr los lässt. Der erste Band hat einen befriedigenden Abschluss, lässt aber auch noch genügend Fragen und Potential für die Folgebände offen, die hoffentlich bald folgen werden.


5 Sterne


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