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Paul_Mesa


Hallo Herr Mesa. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview genommen haben.
Die erste Frage, die sich regelrecht aufdrängt ist: Wie wird man vom Vermarkter des teuersten Kühlschranks der Welt zum Autor von Kurzgeschichten und nun auch Romanen?

Beides hatte wenig miteinander zu tun. Das mit dem Kühlschrank kam, weil ich nach dem Marketing-Studium bei einem Hersteller von luxuriösen Kücheneinbaugeräten arbeitete - im Ressort „Kühlen“. Geschrieben habe ich schon während des Studiums, das Schreiben kam also zuerst. Aber ich weiß seither um die Wichtigkeit eines guten und großen Kühlschranks, unbedingt mit Null-Grad-Fach! Auf eine Idee für die nervenzermürbenden Abenteuer einer Kühl-Gefrierkombination warte ich noch ...


Nach zahlreichen veröffentlichten Kurzgeschichten ist „Die kleine Göttin der Fruchtbarkeit“ nun Ihr erster Roman. Wie sind Sie auf die Idee zu dieser skurrilen, atmosphärischen Geschichte gekommen?

Ein Roman besteht ja aus Tausenden von Ideen. Inspiriert hat mich unter anderem eine unvergessliche Begegnung mit einem alten Arzt in Lissabon. Bei meinem zweiten Besuch in dieser faszinierenden Stadt verbrachte ich leider die meiste Zeit magenkrank im Hotelzimmer – und dieser Arzt half mir wieder auf die Beine. Nie werde ich vergessen, wie er vor der Untersuchung erst einmal auf dem ganzen Hotelbett Zeitungspapier ausbreitete und danach den Inhalt seiner Arzttasche – jede Kleinigkeit steckte in einer eigenen Klarsichthülle. Im selben Hotel begegnete mir dann auch ein kleines portugiesisches Zimmermädchen ...


Hatten Sie eine bestimmte Zielgruppe beim Schreiben vor Augen?

Zunächst und vor allem muss der Roman dem Autor selbst gefallen. Hm, das reimt sich zufällig so gut, dass man es direkt als Binsenweisheit verkaufen sollte. Wenn ich meine Zielgruppe definieren müsste, dann vielleicht so: Menschen, die gerne anspruchsvoll und jenseits der gängigen Klischees gut und spannend unterhalten werden möchten. Und wer ein bisschen tiefer gräbt, darf dann gerne auch das ein oder andere mehr in meinen Texten entdecken.


In Ihrem Roman geht es neben einigem anderen auch um den Genuss von Kaffee in seinen verschiedenen Variationen. Sind Sie selbst ein genussvoller Kaffee-Trinker?

Unbedingt. Für mich ist der Nachmittagskaffee – am besten zusammen mit einem Stück selbst gebackenen Kuchens   ein Ritual, das ich selbst bei Erdbeben und Überschwemmungen beibehalte.


Auch Portugal spielt eine nicht unwesentliche Rolle - was verbindet Sie mit diesem Staat?

Zu allererst die eigenartige Schönheit von Lissabon. Bei meinem ersten Besuch dort habe ich mich in die Stadt und ihre Menschen verliebt. Und das Städtchen Sintra ganz in der Nähe ist für mich einer der paradiesischsten Orte der Welt. Ich hatte den Eindruck – ohne mich jetzt als Kenner von Land und Leuten aufspielen zu wollen, denn das bin ich nicht  , dass die Menschen dort mir nahe sind in ihrer herzlichen, ein wenig melancholischen Art, auf eine sympathische Weise zurückhaltender als andere Südeuropäer. Ganz besonders sympathisch fand ich, dass selbst die jungen Menschen dort nachmittags gerne einen Kaffee trinken und dazu süßes Gebäck essen.


Nun ist „Die kleine Göttin der Fruchtbarkeit“ mit gerade einmal 240 Seiten kein besonders dickes Buch und doch schaffen Sie es, unheimlich viel auf diesen wenigen Seiten unterzubringen, ohne dass der Text überfrachtet wirkt. Haben Sie den Roman vor dem Schreiben explizit geplant oder haben Sie einfach drauflos geschrieben?

Vieles habe ich geplant, vieles ergab sich und sehr, sehr viel wurde gekürzt und etliche Male überarbeitet. Übrig blieb dann die Quintessenz aus vier, fünf wesentlich umfangreicheren Fassungen.


Wie lange haben Sie an dem Roman gearbeitet?

Geschrieben war er schnell, in ein paar Monaten – die erste Fassung. Die meiste Arbeit kam anschließend, erst mit meinem Agenten, dann in Zusammenarbeit mit dem Kindler-Verlag.


Die Figuren in Ihrer Geschichte, allen voran natürlich die kleine Bica, sind sehr liebevoll ausgearbeitet und erwachen beim Lesen schnell zum Leben. Wie lernen Sie Ihre Figuren kennen? Erstellen Sie eine Art Checkliste? Interviewen Sie Ihre Figuren?

Umfangreiche Checklisten mag ich nicht bei der Erstellung von Charakteren. Ich lasse die Leute reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, und notiere alles mit. „Voice Journal“ nennen manche diese Methode. Dabei spült das Unterbewusstsein des Autors sehr viel Leben in die Personen hinein und man entdeckt eine Menge Neues.


Haben Sie bestimmte Rituale, die Sie beim Schreiben einhalten, beispielsweise eine feste Schreibzeit oder eine festgelegte Seitenzahl pro Tag?

Ich setze mir ein Schreibpensum, das ich nach und nach zu steigern versuche. 1500 Wörter am Tag sollten es schon sein, besser sind 2000, und das an mindestens fünf Tagen in der Woche. Wie es sich für „Die kleine Göttin“ gehört, habe ich an dem Roman viel in Cafés gearbeitet.


Nachdem Sie bisher ‚lediglich‘ Kurzgeschichten veröffentlicht haben, stellt sich mir die Frage: Ist es etwas anderes, den eigenen Roman gedruckt und gebunden in den Händen zu halten?


Ja. „Die kleine Göttin“ ist zwar nicht mein erstes Buch – ich habe mehrere Satire-Bücher veröffentlicht –, aber sie ist eben mein erster veröffentlichter Roman. Und das ist schon etwas Besonderes. Zumal das Buch gleich als Spitzentitel bei einem Verlag wie Kindler (einem Imprint von Rowohlt) erscheint. Denn das heißt: Der Verlag glaubt an das Buch und betreibt beträchtlichen Aufwand, um die Leser darauf aufmerksam zu machen.


Ich selbst habe mich zuerst in das Cover des Titels verliebt und habe dieses eine ganze Weile einfach nur angeschaut. Wie gefällt Ihnen die Aufmachung des Buches? Hatten Sie ein Mitspracherecht in Bezug auf die Gestaltung?

Auch ich finde, das Buch ist von der Ausstattung her ein Kleinod geworden, man könnte meinen, selbst der Duft von Leim und Druckerschwärze wären durchkomponiert. Der Verlag hat mir mehrere Coverentwürfe vorgelegt, und ich durfte auch eigene Ideen einbringen. Die Entscheidung fiel dann einvernehmlich für den letztlich realisierten Entwurf. Der geht ja so weit, dass sich sogar das Motiv der Scherenschnitte vom Text im Cover wiederfindet.


Eine Frage, deren Antwort mich brennend interessiert: Dürfen wir uns auf einen weiteren Roman aus Ihrer Feder freuen? Und wenn ja, können Sie uns schon einen kleinen Einblick gewähren?

Ja und nein. Nur so viel: Mein nächster Roman ist fertig, an zwei weiteren arbeite ich derzeit. Ich denke, meine Leser können sich noch auf einiges freuen – und ich freue mich schon aufs Schreiben!


Ich danke Ihnen herzlich für das Interview.

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