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Das Zeichen des Bösen...
So nennen die Leute Rosmunds Augen. Sie hat ein blaues und ein braunes. Im Frankfurt des Jahres 1530 ist sie damit eine Ausgegrenzte. Selbst ihre eigene Mutter will nichts mit ihr zu tun haben. Nur die Zigeunerin Tonia hält zu ihr. Sie lehrt sie die Kunst des Handlesens. Als Rosamund eines Tages auf dem Markt den Tod in der Hand einer alten Frau liest, beschwört sie ungeahnte Gefahren herauf ...

 

Das_Maedchen_mit_den_Teufelsaugen  Autor: Ines Thorn
Verlag: Wunderlich (rowohlt)
Erschienen: 16.07.2010
ISBN: 978-3-8052-0888-8
Seitenzahl: 381 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Die Geschichte führt den Leser in ein historisches Deutschland, in dem ein körperlicher Makel oder die falsche Volkszugehörigkeit die Verurteilung als Hexe nachziehen konnte. Als das Mädchen Rosamund in dieses Zeitalter hineingeboren wird, ist sie in großer Gefahr. Denn obwohl Rosamunds Eltern geachtete Bürger sind, sehen viele Menschen in den verschiedenfarbigen Augen des Mädchens ein Zeichen des Teufels. Verachtet von ihrer egoistischen Mutter, findet sie nur bei ihrer Amme, der Zigeunerin Tonia, Geborgenheit. Ihr Vater liebt Rosamund zwar sehr, hat aber aufgrund seines schwachen Charakters nicht die Kraft für seine Tochter einzustehen. Zu ihrem Schutz darf das Kind das Haus nur am Abend und mit gesenktem Blick verlassen, damit den Leute ihre Besonderheit nicht auffällt. Doch egal welches Unglück auch passiert - und sei es ein verdorrter Blumenschmuck -, die Leute und sogar die Mutter geben Rosamund die Schuld dafür.
Nach dem Verbrennungstod von Tonia findet das kleine Mädchen Zuflucht in der Werkstatt ihre Vaters und lernt von dem Gesellen Dietrich die Geheimnisse der Farbherstellung und der Malerei. Als die Mutter einem zweiten Töchterchen das Leben schenkt, ist Rosamund bald im Weg. Vor allem, als das hübsche Urselchen ins mannbare Alter kommt. Darum wird die ungeliebte ältere Schwester kurzerhand in ein Kloster verfrachtet. Hier werden ihre Schreibtalente geschätzt und so beginnt sie sich langsam an das Leben im Kloster zu gewöhnen. Doch ihr Glück ist nicht von langer Dauer. Als im tiefen Winter das Kloster abbrennt und sie nirgendwo Zuflucht findet, bleibt sie in den Klosterruinen und erwirbt sich den Ruf einer Heiligen. Doch Rosamund wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich ein ganz normales Leben führen zu können. Als sie den Fremden Matteo wiedertrifft glaubt sie, dass ihre Chance gekommen ist, doch es liegen noch viele harte Prüfungen vor ihr.


Stil und Sprache
Die Autorin hat es hervorragend geschafft, die Sitten, Gebräuche und Vorurteile dieser Zeit in eine sehr spannende Geschichte einzuflechten. Abwechslungsreich und lebendig geschrieben, erzählt die Autorin Rosamunds Geschichte hauptsächlich aus der Position des allwissenden Erzählers. Die Verbindung der angenehmen Wortwahl und der gewohnten Satzstellung ist sehr gut mit überlieferten Berufsbezeichnungen und historisch anmutenden Redewendungen vermischt. Auch das Alltagsleben dieser Zeit wurde sehr gut in die Geschichte eingebracht. Die Reaktionen der verschiedenen Personen sind leicht nachvollziehbar und an das jeweilige Umfeld angepasst.

Das Buch beschreibt eine Zeitspanne, die von Rosamunds Geburt bis weit nach ihrer Hochzeit reicht. Auch hier wurde auf einen gewissen Wandel in den Ansichten der Menschen, und Fortschritt in den Handlungen der Beteiligten nicht vergessen. Da Rosamund vom Beginn ihrer Geburt durch ihre verschiedenfarbigen Augen permanent Anfeindungen ausgesetzt ist und deshalb immer in einer gewissen Gefahr schwebt, ist das Buch bis zum Schluss spannend. Durch die dreidimensionale Figur der Rosamund kann sich der/die LeserIn gut in die Hauptperson einfühlen.
Da sich alle paar Jahre Rosamunds Leben durch neue, äußere Umstände etwas verändert, entdeckt man beim Lesen immer wieder neue, interessante Wendungen. Trotzdem schweift die Autorin niemals ab und verliert somit nie den "roten Faden", der durch die Geschichte führt. Die Kombination zwischen historischen Begriffen und moderner Schreibweise ist hervorragend gelungen und liest sich sehr angenehm. Einige kleine Logikfehler haben durch den flotten Geschichtsverlauf keine Chance wirklich aufzufallen und werden mühelos durch die jeweils nächste Szene überspielt.

Die Autorin hat im Roman mit viel Feingefühl die Entwicklung der Charaktere durch den Alltag und die äußeren Umstände beschrieben, ohne dass der Roman an Spannung verloren hätte. Mit den vielen, fast unmerklich eingefügten Kleinigkeiten zeichnet dieser Roman ein Sittenbild, das bei genauerer Betrachtung auch teilweise fast Eins zu Eins in unsere Zeit passt. Vorurteile, Diskriminierung, Gier nach Macht und Reichtum, Neid, und die täglichen Kleinkriege zwischen den verschiedenen Berufsgruppen sind auch in unserer Zeit in fast jeder Kultur zu finden. Das halboffene Ende lässt viel Raum für die Phantasie des Lesers und rundet die durchgehend interessante Geschichte gut ab.


Figuren
Rosamund hat einen schweren Start ins Leben und es wird im Lauf des Buches nicht viel leichter. Nur durch ihre Zähigkeit, ihre Freundlichkeit und ihren Mut schafft sie es, den Widrigkeiten des Lebens zu trotzen und doch noch ein Stückchen Glück für sich zu ergattern. Beharrlich arbeitet sie daran, ihren Lebenstraum Wirklichkeit werden zu lassen, und als sie die Chance entdeckt, ihr Leben zu verbessern, ergreift sie die Gelegenheit mit beiden Händen. Rosamund wirkt - ebenso wie die anderen Protagonisten - durch ihre aufgezeigten Wünsche, Bedürfnisse und Schwächen sehr menschlich und sympathisch und ist eine Hauptperson, mit der es sich hervorragend mitfiebern lässt. 

Tonia ist eine Zigeunerin und leidet unter Rosamunds selbstsüchtigen, harten Mutter. Obwohl sie ihr Bestes tut, um ihr alles recht zu machen, gelingt es ihr doch nie und schließlich ist es ihre Hautfarbe und ihre Zugehörigkeit zu den Zigeunern, die ihr den Tod bringt.
Rosamunds Vater ist ein beliebter, sensibler Mann, der Rosamund sehr liebt. Doch durch seinen schwachen Charakter ordnet er sich den Befehlen seiner Frau und später den Wünschen der zweiten Tochter Ursel und deren Mann völlig unter. Matteo hält nichts von den Vorurteilen der bornierten Stadtleute. Doch je länger er unter ihnen lebt, umso mehr wird er von ihren Ansichten beeinflusst und macht sich mehr Sorgen um seinen Eindruck auf die Leute, als um Rosamund. Der Altgeselle Dietrich ist der ausgleichende Charakter der Geschichte und hinterfragt auch manche Entscheidung von Rosamunds Vater und Matteo im Hinblick auf Rosamunds Wohl.

Alle Figuren sind glaubwürdig und liebevoll dreidimensional ausgearbeitet. Sie agieren sehr motiviert und ihre Handlungen und Ansichten sind der historischen Zeit gut angepasst.


Aufmachung des Buches
Das Buch ist fest gebunden und mit einem Schutzumschlag sowie einem Lesebändchen versehen. Auf dem Cover ist die historisch gewandete Rosamunde mit ihren verschiedenfarbigen Augen zu sehen und passt so perfekt zur Geschichte. Der Rückseitentext gibt einen kleinen Einblick in die Geschichte und macht neugierig auf den Inhalt. Die einzelnen Kapitel sind deutlich gekennzeichet und die gewählte Textformatierung liest sich sehr angenehm.

Allerdings wäre ein kleiner Index für historische Begriffe am Ende des Buches sehr hilfreich gewesen, da historisch nicht so versierte Leser einige der altertümlichen Bezeichnungen möglicherweise nicht kennen.


Fazit
Das Mädchen mit den Teufelsaugen ist ein spannender Kurztrip in ein vergangenes Jahrhundert, in dem sich die Menschen unter der Knute der Obrigkeit und der Kirche ducken mussten. Die menschlichen Regungen, wie Gier, Neid, Liebe und Eifersucht, spielen eine wichtige Rolle und viele Handlungen und Ansichten sind heute – etwas abgewandelt - noch genauso aktuell wie damals. Nicht nur Freunde des historischen Romans werden viel Spaß mit dem Buch haben. 


4 5 Sterne


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