Smaller Default Larger

Wenn es etwas gibt, worauf Ismael sofort verzichten würde, dann auf seinen Vornamen. Ständig wird er deswegen verspottet. Wie konnten ihn seine Eltern nur nach der Figur aus Moby Dick benennen? Ismael steht mächtig unter Druck – bis James in die Klasse kommt. James sieht nicht gerade wie ein Held aus, aber im Gegensatz zu Ismael hat er keine Angst vor Klassenrowdys. Und er weiß, wie man seinen spottenden Feinden begegnet: mit geschliffener Sprache! Um sie zu trainieren, gründet er einen Debattierclub, bei dem Ismael mitmachen soll. Eine echte Horrorvorstellung für jemanden, den Panik befällt, wenn er vor Publikum sprechen soll. Aber tatsächlich wird es nicht nur das schrecklichste, peinlichste und verrückteste Vorhaben von Ismael, sondern auch die beste Zeit seines Lebens!

 

 

Autor: Michael G. Bauer
Verlag: Hanser Belletristik
Erschienen:  4. Februar 2008
ISBN: 978-3446230378
Seitenzahl: 304 Seiten

Hier geht’s zur Leseprobe


Die Grundidee der Handlung
Kennen Sie das “Ismael- Leseur-Syndrom”? Nicht? Dann erzähle ich ihnen etwas darüber:
Die ersten Symptome zeigen sich kurz nach der Geburt, wenn die Eltern sich für einen extravaganten Vornamen für ihr Kind entscheiden. Nach einer Latenzzeit können sich mit Schuleintritt weitere Symptome mehr oder weniger ausgeprägt zeigen. Spätestens mit der Pubertät kommt das Syndrom voll zum Ausbruch und Peinlichkeiten, allgemeine Sprachlosigkeit sowie Anfälle von ausgeprägtem Selbstmitleid häufen sich. Ismael, nach dem das Syndrom schließlich benannt wird, ist ein typischer Vertreter der “erkrankten” Personengruppe und Heilung zunächst nicht in Sicht. Als James Scobie, der Junge ohne Angst, in die Klasse kommt, ändert sich dies schlagartig. Er bietet dem Klassentyrannen Bagsley die Stirn, gründet einen Debattierclub, zu dem er auch Ismael einlädt, und gemeinsam gewinnen sie sogar Wettbewerbe. Dann aber schlägt das Syndrom nochmals voll zu, denn Scobie fällt aus und Ismael muss einspringen ...


Stil und Sprache
Der Ich-Erzähler Ismael schreibt einen “wissenschaftlichen” Bericht über das Ismael- Leseur-Syndrom, wobei bedacht werden muss, dass er der Namensgeber dieser “Krankheit” ist und daher Patient und Forscher in einem. Sehr larmoyant, gerade weil er sich um ironische Distanz bemüht, beschreibt er die Umstände von Geburt und Namensgebung und in dem Stil geht es dann auch weiter. Selbst die Kapitelüberschriften zeugen von seiner Haltung (Bürgermeister von Versagerhausen). In die Aufzeichnung der Vergangenheit und Gegenwart mischen sich nach und nach immer öfter auch andere Töne. Ismaels Sprache verändert sich, wird selbstbewusster. Im neugegründeten Debattierklub finden sich noch ein paar “Versager” ein. Gemeinsam an einer Sache zu arbeiten ist für alle neu, außer für den Gründer Scobie. Es ist interessant sie dabei zu beobachten, wie sie immer mehr zusammenrücken, als Team auftreten in dem die Schwächen der Einen durch die Stärken der Anderen ausgeglichen werden. Dazwischen spürt man mehr, als dass es einem auf die Nase gebunden würde, wie Sprache auch als Waffe benutzt werden kann, wenn man sie erstens beherrscht und zweitens willens ist, sie zu benutzen. Scobie ist ein Meister darin, Ismael noch Adept, der erst lernen muss, dass eine Waffe eine Waffe ist, und es in der Verantwortung des Besitzers liegt, wo und wie er sie benutzt. Die in mehrfacher Hinsicht vieldeutige Frage “Wer gewinnt?” wird erst ganz am Schluss auf ungewöhnliche Weise beantwortet.


Figuren
Die handelnden Figuren sind eher Stereotypen oder etwas positiver: Archetypen. Der Computerfreak, das Plappermaul (nie um einen Witz verlegen), der Versager, der Überflieger – allesamt auf die eine oder andere Weise Außenseiter. Auch der Klassentyrann und seine Entourage kennt man so bereits zur Genüge. Letztlich ist es aber die scheinbar mangelnde Ausarbeitung der Figuren, die eine Identifikation erst ermöglicht. So wie James Scobie wäre man auch gerne: schlagfertig, wortgewandt und und und. Irgendwie finden sich die Leser in den Figuren wieder, oder kennen jemanden wie sie. Auch die Konflikte untereinander und mit Bagsley sind Schülern vertraut. Der Autor bietet seinen Lesern Lösungswege an, anstatt sie ihnen, wie dies oft geschieht, vorzuschreiben. Im Grunde werden sie nur zur  Diskussion gestellt. Man kann den Figuren in ihren Entscheidungen folgen, muss es aber nicht.


Aufmachung des Buches
Die gebundene Ausgabe liegt gut in der Hand. Das Cover fällt weniger durch seine Farbgebung, als durch sein Motiv auf. Um es ganz sehen zu können, muss man das Buch aufgeklappt vor sich hinlegen: Es zeigt von links nach rechts ein Mädchen, das “Ismael” schreit, den riesigen, furchterregende weißen Wal mit geöffnetem, zähnebewertem Maul, in das ein Junge (Ismael?) kopfüber hineinstürzt. Unwillkürlich denkt man an Moby Dick und Käptn Ahab - und liegt damit völlig richtig. Zitate aus diesem Roman leiten die insgesamt 5 Teile, die sich in 50 Kapitel gliedern, ein. Das Cover zieht gleichzeitig an und schreckt ab. Faszination des Horrors.


Fazit
Ein Buch, das Mut macht, seinen eigenen Weg zu gehen - erfreulicherweise aber nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern unterhaltsam mit Ironie und Humor.


4 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

"Nennt mich nicht Ismael" ist inzwischen auch als Taschenbuch erschienen.

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo