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Als die Sonne unterging, erreichte Kenny die Spitze des Hügels. Von hier aus konnte er die kleinen Straßenlampen des Dörfchens sehen, die am Horizont flackerten. Im Westen färbten sich bauschige Wolken von Gold zu feurigem Orange und wurden dunkelrot, bevor sie zu einem hübschen Lavendelblau abkühlten. Kenny schaute nach Osten, wo er den Nordstern Polaris erkannte, der sanft am Himmel leuchtete. Direkt unter ihm, auf der anderen Seite des Hügels, schlief zusammengerollt der Drache. Der Junge musste schlucken. Dieses Tier war größer als die Illustrationen in seinem Buch.
Viel größer.

 

  Autor: Tony DiTerlizzi
Verlag: cbj
Erschienen: 15.02.10
ISBN: 978-3-570-13815-1
Seitenzahl: 144 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Kennys Vater kommt völlig aufgelöst nach Hause und will auf der Stelle umziehen. Im folgenden Gespräch ergibt sich, dass auf dem Hügel der Familie, wo sie ihre Schafe halten, ein Drache ist! Kenny ist ganz aufgeregt und möchte den Drachen unbedingt mit eigenen Augen sehen. Nach ein wenig Diskussion mit seinen Eltern und der Auflage, sich zunächst um das dreckige Geschirr und die Hausaufgaben zu kümmern, darf er tatsächlich alleine losziehen. Doch zuvor baut er sich eine behelfsmäßige Rüstung aus Topf, Pfanne und Mülleimerdeckel – man muss für alle Eventualitäten gerüstet sein! Als er schließlich den Drachen sieht, ist Kenny reichlich erschrocken – er ist viel größer, als es in seinem von Georg ausgeliehenen Buch den Anschein hatte. Bevor Kenny es sich anders überlegen und nach Hause zurück eilen kann, bemerkt der Drache ihn und weiß den Kaninchenjungen zu überraschen …


Stil und Sprache
Der Erzähler, der besonders im Prolog und im Epilog stark aus dem Text herauszulesen ist, hat einen eigenwilligen, aber warmherzigen Stil und lockt den Leser ganz nebenbei in die Geschichte hinein. In der eigentlichen Geschichte tritt der Erzähler in den Hintergrund und es wird nahezu die ganze Zeit in der dritten Person aus Kennys Sicht das Geschehen wiedergegeben. Allerdings ist es dem allwissenden Erzähler, der sozusagen über den Dingen steht, durchaus möglich, ab und an einen Schwenker zu einer der anderen Figuren zu machen und das Geschehen an diesem Schauplatz ebenfalls wiederzugeben.
Das erste Kapitel beginnt sogleich mit einer spannenden Begebenheit, das Erzähltempo ist direkt hoch gesetzt und die Spannung bleibt die ganze Geschichte über bestehen. Der schöne Schreibstil DiTerlizzis weiß den Leser zu bezaubern, auch hält er sich nicht mit ausschweifenden Beschreibungen auf – was zudem nicht nötig ist, da die wenigen, treffend gewählten Worte in Kombination mit den liebevollen Illustrationen des Autors und der Fantasie des Lesers von ganz allein farbenprächtige Bilder entstehen lassen. Als sich die Lage immer mehr zuspitzt und die Handlung zielstrebig auf den Höhepunkt zueilt, kann man das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen, bis man es schließlich zuschlägt und am liebsten gleich von vorne anfangen möchte … Dabei weiß der Autor durchaus zu überraschen und beweist Fantasie und kreative Ideen!


Figuren
Die Figuren sind genauso liebevoll ausgearbeitet wie die Geschichte und die zugehörigen Illustrationen – und sie bezaubern ebenso sehr! Im Mittelpunkt steht natürlich der Kaninchenjunge Kenny, der stets seine Nase in einem Buch hat, wobei er Märchen und Naturkunde bevorzugt. Er ist ein aufgeweckter und aufgeschlossener Junge, der sein Herz am rechten Fleck hat und sich durchaus auch Angst eingesteht. Da die Geschichte meist aus seiner Sicht erzählt wird, hat der Leser einen guten Einblick in seine Gedanken und Gefühle und ist dem kleinen Helden schnell sehr nahe.
Sein neuer bester Freund ist der Drache Grahame (wie der Dichter), der vielmehr ein „Mann“ des Geistes, denn ein blutrünstiges Monster ist. Er hat noch nie jemanden getötet und reist lieber durch die Welt, statt sie zu zerstören. Er liebt Crème brûlée, malt Sonnenuntergänge und spielt Klavier. Ihm entgegen stellt sich Kennys alter bester Freund: Georg, der Buchhändler, der in seiner Jugend im Auftrag des Königs so manches Abenteuer bestanden hat. Der König holt ihn ein letztes Mal aus dem Ruhestand zurück, um seiner Pflicht als Drachentöter nachzukommen …
Diese drei Figuren haben in der Geschichte die größte Rolle inne und sind entsprechend ausführlich dargestellt. Dabei ist ihr Handeln stets nachvollziehbar und glaubhaft. Aber auch die Nebenfiguren wissen ihrer Rolle entsprechend zu überzeugen und der Leser sieht jede einzelne schnell vor dem inneren Auge zum Leben erwachen.


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch mit Schutzumschlag ist liebevoll gestaltet und lässt die Herzen von jungen und nicht mehr ganz so jungen Bücherfreunden höher schlagen. Ganz in matt und in freundlichen Farbtönen gehalten, sticht die glänzend rote Verzierung des Titels besonders edel hervor. Ein wahres Schmuckstück!

Für die Zeichnungen DiTerlizzis sollte man sich ruhig etwas Zeit nehmen und sie – trotz der spannenden Geschichte – nicht zu schnell überblättern, denn diese sind dermaßen feinfühlig und zur Geschichte passend, dass man sich in ihnen regelrecht verlieren kann. Dabei nehmen die Illustrationen durchaus auch eine ganze und einmal sogar eine Doppelseite ein.


Fazit
Tony DiTerlizzi hat ein bezauberndes Märchen für junge und jung gebliebene Leser erschaffen, das absolut überzeugt – unbedingt Lesen!


5 Sterne


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