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ETWAS HAT SICH
VERÄNDERT.
ICH KANN ES WITTERN
DIE LUFT IST WEICHER
GEWORDEN, DER WALD
GRÜNER, DER NACHTHIMMEL
SCHWÄRZER.
DER MOND WEINT
EINE NEUE SEELE IST DA.
SIE IST ZART UND
WILD ZUGLEICH
SIE HAT WIDERHAKEN.
SIE SCHMECKT KÖSTLICH

 

 

Splitterherz  Autor: Bettina Belitz
Verlag: Script5
Erschienen: 15.01.2010
ISBN: 978-3-8390-0105-9
Seitenzahl: 632 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Ellie Sturm zieht mit ihren Eltern von Köln City in ein 400-Seelen-Dorf im Westerwald. Hier gibt es nichts, außer Greisen, Feldern und Wald. Und dann verdonnern ihre Eltern sie auch noch dazu, Begrüßungskarten an die Nachbarn zu verteilen. Dabei will sie einfach ihre Ruhe haben und nicht als ‚Die Neue‘ von anderen angegafft werden. Daher wartet sie bis zur Dämmerung, um die Karten möglichst unbemerkt in die Briefkästen zu stecken. Doch dann sieht sie plötzlich den Umriss eines Reiters, die Mähne des Pferdes scheint sich zu bewegen, obwohl kein Wind geht. Ellie redet sich ein, sich das Ganze nur eingebildet zu haben, denn kurz darauf sind Pferd und Reiter verschwunden.
Aus Langeweile in diesem Kaff, in dem einfach nichts los ist, beginnt Ellie, ihren Tagträumen nachzuhängen und ihre Umgebung zu erkunden. Doch bei einem Unwetter gerät sie in große Gefahr, aus der sie ein Unbekannter auf einem Pferd rettet. Dann begegnet sie in einer Sporthalle einem sehr eigenwilligen Karateka, der sich ihr gegenüber arrogant und fies verhält – um sie im nächsten Moment nach Hause zu fahren. Verwirrt nimmt Ellie das Angebot an und taucht von Tag zu Tag mehr in den Sog dieses mysteriösen jungen Mannes ein. Irgendetwas stimmt nicht mit ihm, das spürt sie genau. Doch als sie Colin ihrem Vater vorstellt, gerät ihr Leben vollends aus den Fugen, denn nicht nur Colin hat Geheimnisse vor ihr …


Stil und Sprache
Zunächst wirkt alles ganz normal: Ellie muss durch den Umzug nicht nur die Großstadt hinter sich lassen und sich ein neues Leben in einem Kaff einrichten, sie muss auch ihre Freunde verlassen und ihr letztes Abiturjahr in einer neuen Schule hinter sich bringen. Doch schon zum Ende des ersten Kapitels schleicht sich etwas Ungewöhnliches in die Geschichte und weckt die Neugier des Lesers. Über allem schwebt etwas Geheimnisvolles, nicht greifbares, etwas, das der Leser mit Ellie aufzudecken sucht. Doch selbst wenn zunächst nicht viel passiert, verliert sich der Leser im Sog der wohlgesetzten Worte. Dabei ist stets die unterschwellige Spannung zu spüren, der Leser muss einfach wissen, wie es weitergeht. Bettina Belitz versteht es, immer wieder Spannungsspitzen in den Roman zu bringen. Im letzten Drittel ist der Spannungsbogen schließlich dermaßen gespannt, dass die Geschichte stellenweise an einen Psychothriller erinnert. Subtile Andeutungen, aufgeputscht durch die Angst der Protagonistin, lassen die Seiten nur so vorüberfliegen. Dabei möchte ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, dass manche Szenen nichts für zart Besaitete sind. Dennoch kommt auch der Humor nicht zu kurz, der den Leser zum Schmunzeln, ja manchmal gar zum laut Lachen bringt.

Der komplette Roman wird in der ersten Person aus Ellies Sicht wiedergegeben. Dadurch ist der Leser ihr sehr nahe und findet schnell in den Roman hinein. Durch die gewählte Perspektive ist der Stil des Romans eindeutig von Ellies Charakter gefärbt: schwarzseherisch, genervt, locker-leicht und frech. Als Leser hat man das Gefühl, dass Ellie das Geschehen unmittelbar wiedergibt. Dabei ist die Sprache sehr bildlich; so heißt es beispielsweise auf Seite 58: „[…], um meiner Welt ernüchternd elegant und schwerelos durch eine gigantische Nebelschwade zu entrücken“. Die Beschreibungen sind einfach gelungen, die Autorin spricht alle Sinne des Lesers an: „Prustend versank ich im dunkelgrünen Dämmer des Baches, spürte Schlingpflanzen unter meinen Zehen wabern und den glatten, sich windenden Leib eines Fisches an meinen Waden.“ (S. 512). Wen kitzelt es bei diesen Worten nicht selbst zwischen den Zehen? Aber auch die Stimmung Ellies wird anhand ihrer Sprache, vor allem ihrer Beschreibungen deutlich, denn wer sonst, als eine unglückliche, ängstliche Ellie würde die Arbeit einer Spinne wie folgt beschreiben: „Schräg über mir vollendete eine Spinne mit bebenden Beinen ihr Netz, ein makabres Kunstwerk aus tausend klebrigen, todbringenden Fäden.“ (S. 144). Bei einer dermaßen farbenfrohen Sprache fällt es leicht, in die Seiten des Buches einzutauchen und das Geschehen vor dem inneren Auge zu sehen.


Figuren
Elisabeth alias Elisa alias Ellie. Die Protagonisten dieses Romans, aus deren Sicht das Geschehen wiedergegeben wird. Ellie ist nach außen ein aufmüpfiger Teenager, im Innern ist sie jedoch ein unsicheres, einsames Mädchen. Sie weiß gar nicht so recht, wer sie eigentlich ist, da sie sich immer wie ein Chamäleon anzupassen versucht. Erst beobachten, dann nachahmen und schließlich dazugehören. Eine Methode, mit der sie in Köln gut gefahren ist. Doch in diesem Kaff, in dem sie nun ihr Dasein fristen soll, will es ihr einfach nicht so recht gelingen. Sie hat eine Gabe dafür, von einem Fettnäpfchen ins nächste zu treten und sich ihr Leben selbst schwer zu machen. Doch im Verlauf des Romans verändert sie sich, entwickelt sich weiter. Immer ein bisschen und stets nachvollziehbar. Diese Wandlung geschieht so sanft, dass man sie zunächst gar nicht recht bemerkt, doch wenn man zurück schaut, ist Ellie durch die Ereignisse ein anderer Mensch geworden.

Die zweitwichtigste Figur in diesem Roman ist Colin Blackbourn. Ellie beschreibt ihn auf Seite 89 sehr schön: „Ein frauenfeindlicher Karatetrainer, der in seiner Freizeit bei Gewitter durch den Wald ritt.“ Doch ist er frauenfeindlich? Weniger. Er ist ein mysteriöser Typ, der einfach nicht zu durchschauen ist. Doch gerade das Geheimnisvolle, das ihn umgibt, macht ihn so spannend. Erst nach und nach erfährt Ellie ein wenig mehr über Colin, doch was es letztendlich mit seinem Verhalten auf sich hat, erfährt sie erst sehr spät. Beinahe zu spät.

Neben diesen beiden Figuren tummeln sich noch viele weitere in dem Roman. Ob nun Neben- oder lediglich Randfigur – alle haben ihre Berechtigung und ihr eigenes Leben. Sie haben ihre Eigenheiten, ihren eigenen Kopf und wirken dadurch lebendig und authentisch. Auf schwarz-weiß-Malerei verzichtet Bettina Belitz, vielmehr lässt sie ihre Figuren in allen Farben schillern.


Aufmachung des Buches
Allein die Gestaltung des Schutzumschlags ist durch und durch gelungen und wird die Blicke vieler Leser auf sich ziehen. Schlicht und doch so auffällig – ein Hingucker im heimischen Bücherregal. Unter dem Schutzumschlag ist das Buch in Grau gehalten, Titel und Autorenname sind in glänzendem Schwarz aufgebracht. Das Vorsatzpapier und das Lesebändchen sind ebenfalls in schwarz gehalten.

Das Buch ist in vier Abschnitte unterteilt (Frühling, Frühsommer, Sommer, Altweibersommer) und diese wiederum in einzelne Kapitel. Die Kapitel sind nicht nummeriert, sondern mit einem eigenen Titel überschrieben.


Fazit
Ein spannender, nervenaufreibender Roman, der die Gefühle des Lesers anspricht und mit einer bildreichen Sprache glänzt. Dabei erwartet den Leser kein typischer Fantasy-Roman, sondern ein eigenständiges Werk, das zu überzeugen weiß. Tauchen Sie ein in das turbulente Leben von Ellie!


5 Sterne


Hinweise
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