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Leichen, Kripo, Asservaten … Wie genau verläuft eigentlich eine Obduktion? Wer stellt Haftbefehle aus? Wofür ist eine Staatsanwältin zuständig? Welches Gift wirkt wie? Antworten auf solche und viele weitere Fragen liefert dieses aktuelle Handbuch für Schreibende und Wissbegierige. Es enthält unverzichtbares Arbeitsmaterial für Autorinnen und solche, die es werden wollen. Und für Fans morbider Einzelheiten ergibt sich ein spanneder Streifzug durch die ermittlerische Wirklichkeit, der keine Neugier ungestillt lässt.

Lisa-Nerz-Schöpferin Christine Lehmann und Fahnder Manfred Büttner vermitteln Sachverstand im kriminalistischen Detail. Von der korrekten Art, einen Funkspruch abzusetzen, über eine Auflistung, welche Abteilung wann am Tatort eintrifft, bis zur Besoldung der einzelnen Dienstränge stellen sie hier ein einmaliges Arsenal an Fakten zur Verfügung, das den Sinn fürs Realistische gründlich schärft, dabei aber auch unterhält: Mit Witz und Verve befreien sie die Krimiwelt von Unfug, Märchen und Vorurteilen. Ihr Handbuch bietet zuverlässig recherchierte, griffig aufbereitete Fakten, übersichtlich präsentiert und garniert mit Beispielen aus Buch und Film.

 

  Autor: Manfred Büttner, Christine Lehmann
Verlag: Ariadne [Leit]Faden
Erschienen: 19.10.2009
ISBN: 978-3886197200
Seitenzahl: 250 Seiten


Stil und Sprache
Manfred Büttner und Christine Lehmann präsentieren hier ein Buch, das auch für Krimiautoren – nicht nur -autorinnen! – sehr hilfreich sein kann. Das Buch ist gut verständlich geschrieben, auf Unmengen Fachbegriffe, Schachtelsätze oder ähnliches wird verzichtet, sodass die behandelten Themen auch für Laien gut verständlich sind. Wenn dann doch Fachjargon vorkommt – was in einem solchen Buch unvermeidlich und auch unerlässlich ist -, wird der entsprechende Begriff direkt erklärt und manchmal sogar die richtige Aussprache angegeben.

Etwas nervig ist auf Dauer die sehr ‚weibliche‘ Form, denn da heißt es: die Beamtin der Kriminalpolizei, die uniformierte Kollegin, die Ärztin vor Ort, die Zeugin, die Rechtsmedizinerin, die Staatsanwältin ... Das ist einfach übertrieben, auch wenn das Buch – warum auch immer – in erster Linie für Krimiautorinnen sein soll. Nur bei der Leiche handelt es sich übrigens um den Verstorbenen. Zufall?


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Das Buch ist in acht Teile gegliedert. Diesen Teilen entsprechend wird auf verschiedene Mordmotive eingegangen („Das Mordmotiv“), die Möglichkeiten, auf welche Arten man jemanden umbringen kann („Der Mord“) - samt den Schwierigkeiten, die sich einem in den Weg stellen könnten, wie zum Beispiel das Beschaffen von Sprengstoff oder Gift, wobei die „Kleine Giftkunde“ einen wunderbaren Überblick verschafft. Der dritte Teil beschäftigt sich mit den Ermittlungen („Die Ermittlungen“), wozu die Unterschiede von Aussetzung, Körperverletzung mit Todesfolge, Mord und Totschlag gehören. Was ist was? Und welche Strafe zieht welche Tat nach sich? Sehr gut gelungen ist der Ablauf am Leichenfundort in 12 Schritten; hier kann man wunderbar nachvollziehen, wann wer am Tatort eintrifft und wofür wer zuständig ist.
Was bei einem solchen Buch jedoch von vornherein klar sein sollte: Es ist nichts für schwache Nerven, denn es ist durchaus auch von dem "Sprengen des Schädels" und dem "umherfliegenden Hirn" bei einem angesetzten Schuss die Rede. Und spätestens bei einem Satz wie „Ab dann sieht der Leichnam für die Dauer der Obduktion eher wie ein ausgeweideter Hase aus als wie ein Mensch." (S. 152/153) springt das Kopfkino wohl unweigerlich an. Für solche Sätze und anschauliche Beschreibungen ist der vierte Teil, „Die Leiche“ eh prädestiniert, wobei das Ganze nicht übertrieben dargestellt oder gar unnötig ausgeschmückt wird. Zudem ist es durchaus interessant zu erfahren, wie eine Leichenöffnung tatsächlich abläuft – und für den Schriftsteller gegebenenfalls auch enorm wichtig zu wissen, will er doch (hoffentlich) ehrlich zu seinen Lesern sein.
Bei „Die Fallanalyse“ erfährt der Leser etwas über Profiler und die operative Fallanalyse samt Ablauf in drei Schritten. Auch der Teil „Die Ermittler“ ist interessant und zum Schreiben eines authentischen Krimis nicht unwichtig, sollte man doch wissen, wie beispielsweise die Dienstränge bei der Kriminalpolizei lauten und welche Laufbahnen es gibt. Eine übersichtliche, ganzseitige Tabelle veranschaulicht das Ganze und zeigt die Besoldungsgruppe, den Dienstgrad samt Abkürzung und die Anzahl und Farbe der Sterne an – jeweils für die Schutz- und für die Kriminalpolizei. Kurz darauf wird auch der Unterschied zwischen diesen beiden erläutert und nebenbei mit einigen Klischees bzw. falschen Annahmen aufgeräumt.
Nun folgt noch das kurze Kapitel „Wirtschaftsverbrechen“, in dem es um Geldwäsche, das Bank- und das Steuergeheimnis geht, bevor im letzten Teil die „Zwangsmaßnahmen“ behandelt werden. Was ist richtig: Verhören oder vernehmen? Wo ist der Unterschied bei einer Festnahme und einer Verhaftung? Durchsuchung oder Razzia? Kleine, aber feine Unterschiede, die ein Krimiautor beherrschen sollte, um seine Leser nicht mit falschen Formulierungen zu enttäuschen. Auch hier wird in vier Schritten der Weg in die Untersuchungshaft anschaulich dargestellt. Ebenfalls interessant dargestellt sind die Möglichkeiten, eine Person zu überwachen (Wanzen, Spionagesoftware auf dem Handy usw.); schade nur, dass dieses Thema bei den scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten recht schnell abgehandelt ist. Andererseits wäre alles andere wohl auch zu umfangreich, und für das Schreiben eines Krimis reichen die gebotenen Informationen allemal (ansonsten gibt es ja noch das Internet für weitergreifende Recherchen). Zudem wird am Ende des Kapitels angemerkt, dass diesbezüglich und auch in Hinsicht auf die Arbeit von verdeckten Ermittlern die Grenze zum Dienstgeheimnis schnell überschritten ist und nicht alle Tricks und Kniffe der Polizeiarbeit verraten werden dürfen. Verständlich.

Zahlreiche Beispiele verdeutlichen das Geschriebene, sodass man als Leser das Gefühl hat, die Autoren behaupten nicht einfach nur, sondern legen alles nachvollziehbar dar. Auch Gesetztestexte werden an passenden Stellen abgedruckt. Sehr interessant zu lesen ist, was in Krimis – egal ob Buch oder Film – immer wieder falsch dargestellt wird, sich in den Köpfen jedoch festgesetzt und als Realität angesehen wird. Doch da ich nicht zu viel vorweg nehmen möchte, gehe ich an dieser Stelle nicht weiter darauf ein.

Das Buch eignet sich vor allem dazu, es immer wieder in die Hand zu nehmen und einzelne Themen nachzuschlagen – was durch das übersichtliche Inhaltsverzeichnis und die durchdachte Strukturierung noch erleichtert wird. All die behandelten Themen wird man sich beim einmaligen Durchlesen eh schlecht merken können, man kann sich jedoch einen groben Überblick verschaffen und einige Fakten bleiben sicherlich auch direkt hängen. Im Text finden sich auch immer wieder Verweise auf andere, zur jeweiligen Aussage passende, Themen. Generell eine gute Idee, doch wäre eine zusätzliche Seitenangabe ob des fehlenden Indexes hilfreich gewesen …

Alles in allem eignet sich das Buch – wie der Untertitel bereits aussagt – für Krimiautorinnen (und –autoren), aber auch für Neugierige, die sich für die hier angesprochenen Themen interessieren. Vorwissen ist nicht notwendig, alles ist für Laien gut verständlich aufbereitet.


Aufmachung des Buches
Die Gestaltung des Covers der Taschenbuchausgabe ist sehr schlicht. Schwarz ist die dominierende Farbe, in Beige findet sich recht mittig eine dickere Linie mit zwei „Ausbuchtungen“, sodass das Ganze wie die Laschen in einem Hängeregister wirkt. Eine dezente, aber dennoch durchdachte Gestaltung, die vielleicht nicht unbedingt für Aufsehen sorgt, aber durchaus zum Thema passt.


Fazit
Ein sehr informatives und interessantes Buch, das Krimiautorinnen und Autoren die Arbeit ungemein erleichtert, wenn natürlich nicht die Recherchearbeit abnimmt – das soll es auch gar nicht. Die grundlegenden Aspekte für einen glaubhaften Krimi werden gut dargelegt, sodass dieses Buch in keinem Krimischreiber-Regal fehlen sollte.


4 5 Sterne


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