Smaller Default Larger

Im Schatten des Todes. Hamburg, 1892. Im Gängeviertel wird eine Tote gefunden, die auf verblüffende Weise Lili Winterberg, der Tochter eines Bestatters, gleicht. Die Polizei verdächtigt Winterberg selbst des Mordes, da die Mordwaffe aus seiner Werkstatt stammt. Die energische Lili macht sich auf, die Unschuld ihres Vaters zu beweisen – und taucht ein in die dunklen Abgründe ihrer Stadt. Zwei junge Männer – heimliche Konkurrenten um ihre Gunst – unterstützen sie dabei. Und dann ist da noch die rätselhafte Magdalena, eine Freundin der Toten, die bald Lilis Vertrauen gewinnt. Doch als Lili endlich das Komplott durchschaut, wartet schon eine neue tödliche Gefahr …

 

  Autor: Maiken Nielsen
Verlag: rowohlt
Erschienen: 09/2009
ISBN: 978-3499249433
Seitenzahl: 446 Seiten


Die Grundidee der Handlung
August 1892, Lili Winterberg, Tochter eines Bestattungsunternehmers in Hamburg, kehrt nach sechs Monaten in London nach Hamburg zurück. Dort findet sie ihre Eltern in tiefer Trauer vor, hat man doch vor deren Haus eine Tote gefunden, die ihr selbst aufs Haar gleicht. Nachdem dann auch noch ihr Vater verhaftet wird, macht Lili sich auf die Suche nach dem wahren Mörder. Zwar kann sich ihr Vater ziemlich schnell vom Verdacht des Mordes befreien, aber dann bricht in Hamburg die Cholera aus…zusammen mit dem Nachbarssohn Christian und dem Journalisten Rurik versucht Lili einen Mörder zu finden, der es offenbar auf rothaarige Frauen abgesehen hat. Dabei begegnet sie einer Menge seltsamer Gestalten und entdeckt Orte in ihrer Heimatstadt, die ihr bisher vollkommen unbekannt waren.


Stil und Sprache

Maiken Nielsen lässt uns nach einem kurzen Prolog gemeinsam mit Lili Winterberg von London nach Hamburg zurückkommen und so direkt in die Handlung einsteigen. Sehr lebendig ersteht ein Hamburg vor den Augen des Lesers, das er zwar heute vielleicht zu kennen glaubt, aber über dessen Geschichte viele kaum etwas wissen. Das Gängeviertel mit seinen oft etwas zwielichtigen Bewohnern, bunte Märkte und schummrige Rotlichtviertel, düstere Kneipen und edle Gebäude, nichts wird hier ausgelassen. Vor dem Hintergrund der damals real herrschenden verheerenden Choleraepidemie spinnt die Autorin ihre Geschichte, die zwar sehr intensiv recherchiert ist, aber leider in vielen Irrungen und Wirrungen auf ein Ende zusteuert, das für meine Begriffe nicht recht hineinpasst in die damalige Zeit. Da bleiben zum Schluss viele lose Enden und etliche kleinere Handlungsstränge werden nicht konsequent zu Ende geführt. Dabei kann Maiken Nielsen wirklich gut erzählen und Geschichte lebendig machen mit vielen kleinen Details (ich wusste zum Beispiel nicht, dass es früher „Leichenphotographen“ gab, die Tote in möglichst lebendig wirkenden Posen etwa für den Grabstein ablichteten - schon ein bisschen gruselig…), aber für einen richtigen Krimi fehlt hier vor allem die Möglichkeit zum Mitdenken für den Leser, der sicher nicht erraten kann, wer denn nun der Mörder ist.

Ein kleines Manko ist für mich außerdem die teilweise doch sehr moderne Sprache. Wenn etwa Lili feststellt, dass „jetzt wohl auch noch ihr Sprachzentrum versagt“, dann passt das einfach nicht in die damalige Zeit. Ansonsten aber macht dieses Buch durchaus auch aufgrund des sehr flüssigen und zeitweise wirklich mitreißenden Sprachstils Spaß.


Figuren

Maiken Nielsens große Stärke sind ohne Zweifel ihre wunderbaren Figuren. Das beginnt bei Lili, der Bestattertochter, die aufgrund des Gewerbes ihres Vaters immer gehänselt wurde und einerseits sehr energisch und selbstbewusst ist, andererseits manchmal unglaublich naiv. Dann sind da noch Lilis Familie, allen voran die Zwillinge Carl und Caroline, die in ihrer ganz eigenen Welt leben, der junge Arzt und Nachbar Christian, hoffnungslos in Lili verliebt und ihr treu ergeben, sowie der etwas schmierige Reporter Rurik, der Lili ebenfalls nachstellt. Außerdem die Tänzerin Magdalena, Christians bösartige Mutter, der schleimige Konkurrenzbestatter und seine Familie, ein immer wieder aus dem Nichts auftauchender Numerologe, ein Schildermaler, ein Nachrufschreiber und und und … so viele faszinierende Personen schwirren durch diesen Roman, dass ein wirklich lebendiges Bild Hamburgs Ende des 19. Jahrhunderts entsteht. Sie alle haben ein echtes Eigenleben und man kann sich das Publikum einer dunklen Kneipe am Hafen durchaus bildlich vorstellen und sich dabei innerlich schütteln…einzig über Rurik Robertson habe ich mich etwas geärgert, der ist einfach zu offensichtlich das, was er ist.


Aufmachung des Buches
Das recht dicke Taschenbuch ist in hellgrün gehalten und zeigt auf der Vorderseite das gemalte Bild einer jungen Frau, die zusammen mit einigen Blumen offenbar tot im Wasser liegt. Am oberen Rand ist eine historische Hafenansicht in schwarzweiß zu sehen. Leider passt diese Covergestaltung nicht richtig zum Buch, denn eine Wasserleiche kommt überhaupt nicht vor.

Die 26, teilweise recht langen Kapitel sind durchnummeriert. Ein paar Erläuterungen am Schluss zu den historischen Fakten hätten das Buch noch abgerundet.


Fazit

Kein klassischer Kriminalroman für echte Fans, dennoch ein schönes Buch für Freunde historischer Romane. Hier liest man sehr lebendig erzählte Geschichte mit gut gezeichneten Figuren und viel Atmosphäre.


3 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo